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An der heißen Leine

2. April 2010

Hotlines sind inzwischen allgegenwärtig: Für jedes Problem gibt es die passende Telefonnummer - oder etwa doch nicht?

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Bild: DW

Kürzlich sah ich im Fernsehen einen Bericht über eine neue Hotline in Berlin: die Specht-Hotline. Wenn ein Mauerspecht ein Loch in meine Hauswand hackt, kann ich da anrufen. Dann kommt ein sympathischer Fassadenkletterer und macht das Loch wieder zu. Sonst wird es eventuell kühl in der Wohnung. Toll!

Mich beruhigt es ungemein, dass es diese Hotline gibt, zusätzlich zur Wildschwein-Hotline und zur Schweinegrippen-Hotline. Kaum taucht ein Problem auf, das mehr als zwei Menschen betrifft, wird eine Hotline geschaltet. Früher hieß das Info-Telefon oder Service-Telefon, was ich persönlich ja ganz passend fand. Dann kam der heiße Draht und machte sich wichtig - die "Hotline" suggeriert hohe Dringlichkeit und hat auf jeden Fall das Zeug zum Unwort des Jahrzehnts.

Bitte versuchen Sie es später noch einmal!

Heiß ist auch der Preis, den viele Hotlines von der Telefonrechnung des Kunden abbuchen: Oft kostet schon das Warten in der Leitung richtig viel Geld. 25 lange Minuten habe ich mal bei einer Telefongesellschaft in der Service-Hotline gehangen. Als ich endlich dran war, habe ich gekündigt.

In Südafrika gibt es jetzt eine Hotline zur Korruptionsbekämpfung, eingerichtet vom Präsidenten persönlich. Doch leider sei unter dieser Nummer praktisch nie jemand zu erreichen, berichten entnervte Bürger. Ein typischer Fall von Hotline-Aktionismus – eine Telefonnummer als Politik-Ersatz. Da bin ich doch ganz froh, dass die Bundesregierung nur mit einem biederen "Infotelefon" aufwartet und nicht mit einer rund um die Uhr geschalteten "Angie-Hotline".

Die Krux ist außerdem, dass Hotline-Nummern schwer zu finden sind. Häufig stehen sie nur im Internet. Im Berliner Telefonbuch findet sich unter "H" keine einzige Hotline, auch nicht unter "Specht" oder "Wildschwein". Fehlanzeige auch unter "O" wie "Osterhase" – dabei wäre eine Hotline zum Bestellen von sonnigem Osterwetter wirklich eine großartige Erfindung!

Autorin: Nina Werkhäuser

Redaktion: Kay-Alexander Scholz