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Terror-Prozess

Matthias von Hellfeld19. März 2012

Seit Montag steht ein 37-jähriger Deutsch-Afghane in Koblenz vor Gericht. Vorgeworfen werden ihm Mitgliedschaft bei Al-Kaida und Geldbeschaffung für Terroranschläge in Europa.

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Der Angeklagte Ahmad S. wird in den Gerichtssaal des Koblenzer Oberlandesgerichts geführt. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Ahmed Siddiki ist 32 Jahre alt, als er 2007 in Hamburg beschließt, sich der so genannten "Reisegruppe" anzuschließen. Zehn Personen hatten sich in dieser Organisation zusammengetan, sie sympathisierten mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida. Für Ahmed Siddiki eine Entscheidung mit Folgen, denn kurz darauf bricht er mit seinen neu gewonnenen Freunden ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet auf. Hier wird er in einem Terrorcamp ausgebildet. Er lernt, mit Panzerabwehrgeschützen, Mörsern und anderen schweren Waffen umzugehen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm zudem vor, an einem deutschsprachigen Propagandafilm mitgewirkt zu haben.

Hoffnung auf Informationen

Der heute 37-Jährige wurde bei seiner Rückreise nach Deutschland im Juli 2010 von amerikanischen Kontrollposten in Afghanistan festgenommen. Zunächst befand er sich in Gewahrsam von US-amerikanischen Behörden, im April 2011 wurde er schließlich nach Deutschland ausgeliefert. Seither befindet sich Ahmed Siddiki in Untersuchungshaft.

Michael Bauer, Sicherheitsexperte des "Centrums für angewandte Politikforschung" in München, erwartet von dem Prozess, dass die Gründe für die Entscheidung des Angeklagten transparent werden: "Die meisten Erkenntnisse kommen natürlich bei den Befragungen heraus, aber es wird das Ein oder Andere noch mal deutlicher werden." Prozessbeobachter erhoffen sich darüber hinaus Einblicke in die Strukturen und Pläne von Al-Kaida in Deutschland und Europa.

Michael Bauer vom Centrum für angewandte Politikforschung (Foto: privat)
Michael Bauer: "Einblicke in Al-Kaida-Pläne"Bild: Michael Bauer

Terrorwarnungen ohne Folge

Neben seinem Engagement für Al-Kaida hat sich Ahmed Siddiki auch für die "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) eingesetzt. Die Bundeszentrale für politische Bildung schätzt diese Organisation als "Scharnier zwischen inneren und äußeren Sicherheitsrisiken in Zentralasien" ein. Die IBU agiert von Tadschikistan und Afghanistan aus und gilt unter Experten als ernstzunehmende Gegenbewegung zu Präsident Karimow, der sie mit den Mitteln eines diktatorisch regierten Staates bekämpft.

Bei Vernehmungen im Sommer 2010 hatte Ahmed Siddiki offenbar umfassende Angaben über bevorstehende Terroraktionen gemacht. Sie wurden von den Ermittlern ernst genommen. Deshalb kam es im Herbst 2010 zu zahlreichen Terrorwarnungen in Deutschland: Öffentliche Orte wurden gesperrt oder - wie die Kuppel des Reichstags - geräumt. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die Angaben falsch waren. Für Michael Bauer war das Verhalten der Ermittlungsbehörden dennoch richtig: "Man hatte konkrete Informationen und eine konkrete Bedrohung, deshalb waren die Terrorwarnungen gerechtfertigt." 

Zwei Polizeibeamte stehen vor dem Reichstag.(Foto: ap)
Die Reichstagskuppel musste nach Terrorwarnung geräumt werdenBild: AP

Rechtstaatliche Mittel 

Für den Sicherheitsexperten ist aber nicht nur der Prozess von Bedeutung. Für ihn zählt auch die Tatsache, dass sowohl die Verhaftung, als auch die anschließenden Verhöre und der nun begonnene Prozess nach rechtstaatlichen Prinzipien vonstatten gegangen sind. Der Rechtsstaat, so Michael Bauer, habe genügend Möglichkeiten, um sich auch gegen "besonders gefährliche" Personen zur Wehr zu setzen: "Man benötigt also keine außerrechtlichen Vorgehensweisen wie sie unter anderem in Guantanamo Bay auf Kuba geschaffen wurden."

Gefangene im US-Lager Guantánamo Bay auf Kuba(Foto: dpa)
Gefangene im US-Lager Guantánamo Bay auf KubaBild: picture-alliance/dpa

Der Prozess wird mehrere Monate dauern. Im Falle einer Verurteilung drohen Ahmed Siddiki bis zu 15 Jahren Haft.