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Soros und seine Freunde

Panagiotis Kouparanis 13. April 2012

George Soros ist reich geworden durch Spekulation mit Währungen. Seine aktuelle Mission dennoch: die Rettung des Euro. An der Krisenpolitik der Europäer hält Soros so ziemlich alles für falsch.

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George Soros, chairman, Soros Fund Management, speaks during a forum "Charting A New Growth Path for the Euro Zone" at the IMF/World Bank annual meetings in Washington, Saturday, Sept. 24, 2011. (AP Photo Manuel Balce Ceneta)
USA Wirtschaft US-Investor und Milliardär George SorosBild: dapd

Angekündigt war die Konferenz des von George Soros und anderen amerikanischen Multimilionären finanzierten Institute for New Economic Thinking (INET) mit dem ehrgeizigen Ziel, in Berlin ein neues ökonomisches Denken in der Volkswirtschaft einzuleiten, das die Komplexität der Realität besser abbilden soll. Auf diesen Paradigmenwechsel müssen wir noch warten - trotz der vielen renommierten Wirtschaftswissenschaftler, die zudem gemeinsam haben, dass sie sich eher an den Lehren von John Maynard Keynes orientieren. Tatsächlich wurden weniger Modelle als vielmehr Handlungsoptionen für die Politik vorgestellt, die fast allesamt auf Keynes' Ausgangsforderung nach einer stärkeren Einflussnahme des Staates auf die Wirtschaft basieren. Und noch eines: Es wurde weniger über die Welt als über die Krise im Euro-Raum debattiert.

"Europa spart sich kaputt"

Den Anfang machte Georges Soros selbst, der die Konferenz dazu nutzte, um Werbung für sein soeben auf Deutsch erschienenes Buch zu machen. Die aktuelle Mission des mit Währungsspekulationen zu großem Reichtum gelangten Soros ist es, den Euro zu retten. Als Euro-Killer hat er die Bundesbank ausgemacht, sprich: Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre Sparpolitik-Vorstellungen würden Europa in eine Depression wie in den 1930er Jahren steuern. Tatsächlich, so Soros, müsse der europäische Fiskalpakt mit seiner Schuldenbremse abgeändert werden und Deutschland sich auf Transferzahlungen an die notleidenden EU-Länder einstellen.

Es ist nicht verwunderlich, dass Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble darauf verzichteten, der Einladung nachzukommen, um auf der Konferenz solche Ratschläge persönlich entgegenzunehmen. Es waren vor allem Vorschläge aus angelsächsischer Sicht. Kontinentaleuropäische Forscher waren unter den Teilnehmern in der Minderheit.

Mit "Neo-Merkantilismus" zu Wachstum in den PIIGS-Staaten

Einer von ihnen, der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, ließ es sich nicht nehmen, die Fahne des Merkantilismus hochzuhalten und Deutschlands Handelsüberschuss-Politik zu verteidigen. Allerdings, und das bezeichnete er als "Neo-Merkantilismus", solle der Überschuss im Ausland investiert werden, insbesondere in den hoch verschuldeten Eurostaaten wie Griechenland. Dafür müssten sich solche Länder verpflichten, mit massiver Hilfe von ausländischen Experten ihre Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen zu modernisieren.

Aus einem dieser sogenannten PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien) kam ein anderer Teilnehmer, der Athener Wirtschaftsprofessor Yanis Varoufakis. Ähnlich wie Walter plädierte er für, wie er sie nennt, "produktive Investitionen" der EU-Länder mit Handelsüberschuss in den Not leidenden Mitgliedsstaaten. Dadurch könnte das Wachstum ihrer Realwirtschaft stimuliert, Arbeitsplätze geschaffen und dem Staat neue Steuereinnahmen ermöglicht werden. Die jetzt verordnete Sparpolitik würde z. B. in Griechenland jegliches wirtschaftliches Wachstum abwürgen. Anstatt dem Land Kredite zu geben, damit es seine Schulden abbauen kann, hätte man das Geld zur Refinanzierung der Kreditinstitute verwenden sollen. Varoufakis geht davon aus, dass von den hoch verschuldeten Euro-Staaten zumindest Griechenland nicht in der Lage sein wird, jemals seine Schulden zurückzuzahlen.

"Schulden, die nicht vernünftig zurückgezahlt werden können, werden eben nicht zurückgezahlt", lautete der lapidare Kommentar von Michael Hudson, Wirtschaftsprofessor an der University of Missouri. Der Vernunft widerspräche es, so Hudson, wenn die Zumutungen der aufgebürdeten Sparmassnahmen für die Menschen in den südeuropäischen Peripherieländern nicht mehr hinnehmbar seien. Die Folgen wären nicht nur wirtschaftliche Depression, sondern auch eine zunehmende Polarisierung zwischen den Bevölkerungen der Gläubiger- und Schuldnerländern. In diesem Zusammenhang war in der Diskussion von der Desintegration der EU die Rede.

Demokratisches Defizit in der EU Krise

Wiederholt wurde auf der Konferenz der Vorwurf formuliert, die europäischen Politiker drückten sich davor, solche und andere bittere Wahrheiten ihren Bürgern offen ins Gesicht zu sagen. Stattdessen würden sie sich mit immer neuen Kreditpaketen Zeit erkaufen. Da dieser Weg eine Sackgasse sei, mache es die Situation nur noch schlimmer. Die Alternative vor der man tatsächlich stehe, heiße entweder entschiedener den Weg einer europäischen Föderation zu beschreiten, mit umfangreicherer Aufgabe von Souveränitätsrechten der Mitgliedsstaaten an die EU-Zentralinstitutionen und auch Finanztransfers. Oder aber man nehme das Scheitern der Eurozone in Kauf.

Damit stimmte auch George Soros überein. Doch riet er dazu, trotz des offensichtlichen "demokratischen Defizits" solle die Politik erst die jetzige Krise bewältigen, dann könne sie sich den Bürgern stellen.