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Erdrutschsieg

Johannes Beck8. September 2008

In Angola hat die Regierungspartei MPLA von Präsident dos Santos einen Erdrutschsieg bei den Parlamentswahlen errungen. Dabei geholfen haben Erdölboom, Frieden im Land und Kontrolle der Medien. Johannes Beck kommentiert.

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Themenbild Kommentar (Quelle: DW)
Bild: DW
Deutsche Welle Johannes Beck
Johannes BeckBild: DW/P. Henriksen

Etwa 20 Prozent Wirtschaftswachstum in diesem Jahr und auch in den vergangenen zwei Jahren: Angola ist die weltweit am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft. Monat für Monat spülen Erdölexporte Milliarden Dollar ins Land. Welche Regierung auf dieser Welt würde während eines solchen Booms Wahlen verlieren?

In der Tat konnte es kaum einen besseren Zeitpunkt für die Parlamentswahlen vom 5. September 2008 in Angola geben. Bereits für 2009 sagen Konjunkturforscher eine Halbierung des Wirtschaftswachstums voraus. Noch kann die Regierung die Dividenden des Friedens aus dem Jahr 2002 für sich verbuchen. Sie hat in den letzten Jahren Straßen repariert, Flughäfen ausgebaut und Verwaltungsgebäude modernisiert. Präsident Eduardo dos Santos vollführte einen wahren Einweihungsmarathon in den Tagen vor der Wahl.

Frieden als größter Gewinn

Auch wenn weiter Milliarden US-Dollar an Erdöleinnahmen ungeklärt verschwinden oder von der Familie des Präsidenten im Ausland investiert werden; auch wenn Angola weiterhin die zweithöchste Kindersterblichkeit der Welt hat: für viele Angolaner hat sich die persönliche Lage in den vergangenen Jahren verbessert. Vor allem, dass endlich Frieden herrscht, führen viele Bewohner dieses bürgerkriegsgeplagten Landes oft als größten Gewinn der vergangenen Jahre an.

Genau das war auch das größte Handicap der oppositionellen UNITA (União Nacional para a Independência Total de Angola - Nationale Front für die totale Unabhängikeit Angolas). Sie hatte nach den letzten Wahlen 1992 den Bürgerkrieg wieder aufgenommen, was ihr viele Angolaner bis heute nicht verziehen haben.

Kaum Pressefreiheit

Ganz makellos sind die Wahlen aber nicht. Die Regierung hat sich im Wahlkampf schamlos der staatlichen Medien bedient. So wurde der Wahlkampf der Opposition im staatlichen Fernsehen TPA praktisch nur während der ihr gesetzlich zustehenden Wahlspots gewürdigt. Die beiden einzigen unabhängigen Radio-Sender des Landes wurden vor den Wahlen massiv eingeschüchtert und dürfen weiterhin nicht außerhalb der Hauptstadt Luanda senden - unabhängige Fernsehsender gibt es sowieso keine. Die Herausgeber der beiden unabhängigen Wochenzeitungen überzog die Regierung mit Gerichtsprozessen. In der Provinz sind internationale Radios wie Voice of America, BBC und Deutsche Welle die einzigen kritischen Stimmen. Die Medienlandschaft in einer Demokratie sieht anders aus.

Aber auch die Oppositionsparteien haben kräftig daran gearbeitet, ihr eigenes Grab zu schaufeln. Sie beschäftigten sich viel zu lange damit, darüber zu klagen, zu wenig Geld vom Staat zu bekommen, anstatt ihr Programm zu schärfen. Dabei haben sie immerhin pro Partei eine Million Dollar vom Staat bekommen - selbst in Angola viel Geld. Doch viele Parteien verfügten vor den Wahlen nicht einmal über aktualisierte Internetseiten. Und dafür braucht man praktisch kein Geld.

Wohin versickert das Öl-Geld?

Nach diesem Ergebnis dürfte so gut wie sicher sein, dass im nächsten Jahr bei den Präsidentschaftswahlen Amtsinhaber Eduardo dos Santos wiedergewählt wird.

Wenn die Regierung es wirklich ernst meinen sollte mit der Demokratie, dann muss sie darauf verzichten, mit ihrer neuen Mehrheit die Verfassung nach ihrem Gutdünken zu verändern. Außerdem muss die Regierung endlich freien Rundfunk außerhalb Luandas zulassen, um wirklich Transparenz zu schaffen. Sie muss auch endlich ihren Bürgern erklären, wo die Öl-Milliarden bleiben, und sich viel mehr als bisher darum kümmern, die Armut im Lande zu verringern.