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Deutsch lernen

Angriff auf die Pressefreiheit

Schmeller, Johanna6. Januar 2012

Die Freiheit der Presse ist durch das deutsche Grundgesetz garantiert. Die Praxis sieht jedoch häufig anders aus: Die enge Verbindung von Presse und Politik behindert oft die journalistische Arbeit.‎

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Laut Grundgesetz darf es in Deutschland keine Zensur der Presse geben. Doch Pressestellen von Parteien und PR-Berater von Politikern versuchen oft, Einfluss auf die Berichterstattung der Medien zu nehmen. So dürfen Interviews häufig erst dann gedruckt werden, wenn sie vorher geprüft und überarbeitet wurden. Was der Zeitungsleser schließlich zu lesen bekommt, entspricht dann nicht mehr dem Originaltext.

Sogar Bundespräsident Christian Wulff hat im Dezember 2011 versucht, die Berichterstattung der Boulevardzeitung "Bild" über einen dubiosen Privatkredit aus seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen zu beeinflussen. Er soll Chefredakteur Kai Diekmann gerichtliche Konsequenzen angedroht haben, wenn der Artikel veröffentlicht wird.   

Skandalös an der ganzen Sache findet Reporter Jens König von der Zeitschrift "Stern", dass der deutsche Bundespräsident glaubt, durch einen Telefonanruf bei einem Redakteur etwas ändern zu können: "Dahinter steckt nämlich die oft enge Verbindung von Spitzenpolitikern zu bekannten Journalisten und Chefredakteuren", sagt König. Durch solche persönlichen Kontakte erhoffen sich beide Seiten Vorteile: Politiker erwarten eine positive Berichterstattung und Redakteure interessante Informationen.  

Aber wie kann die Pressefreiheit in Deutschland geschützt werden? Hans Leyendecker, Redakteur bei der "Süddeutschen Zeitung", fordert, dass sich alle Medien zusammentun und keine Interviews mehr veröffentlichen, die vorher überarbeitet wurden. Doch eine derartige Zusammenarbeit der Medien gibt es bisher in Deutschland nicht.


Glossar

Grundgesetz, das - die deutsche Verfassung

etwas garantieren - etwas versichern; etwas festlegen

laut - wie gesagt wird

Zensur, die - die Aufsicht; die Kontrolle (z. B. von Medien oder Kunst)

Pressestelle, die - eine Abteilung z. B. einer Firma, die Fragen von Medien beantwortet

PR (Englisch) - Abkürzung für "Public Relations", Pressearbeit

Berichterstattung, die - Zeitungsartikel, Radio- oder Fernsehbeiträge zu einem aktuellen Thema

etwas überarbeiten - hier: etwas verändern; etwas neu schreiben

Bundespräsident/Bundespräsidentin, der/die - die höchste politische Position in Deutschland

Boulevardzeitung, die - eine Zeitung, die vor allem über Sensationen und Skandale berichtet

dubios - seltsam; verdächtig

Ministerpräsident/Ministerpräsidentin, der/die - Regierungschef/Regierungschefin eines Bundeslandes

Niedersachsen - der Name eines Bundeslandes im Norden von Deutschland

Konsequenz, die - die Folge

jemandem etwas androhen - jemandem etwas Negatives (z. B. eine Strafe) ankündigen, wenn etwas getan oder nicht getan wird

skandalös - schockierend; so dass sich viele Leute über etwas ärgern oder aufregen

etwas steckt hinter etwas - etwas ist die Ursache für etwas

Spitzenpolitiker/Spitzenpolitikerin, der/die - Politiker, die eine wichtige Position haben


Fragen zum Text

1.  Die Pressefreiheit ist in Deutschland in Gefahr, weil …

a)  Pressestellen Zeitungsinterviews selbst drucken wollen.  

b)  Pressestellen Zeitungsinterviews vor dem Druck überprüfen wollen.  

c)  Politiker mit PR-Beratern enge Kontakte haben.

2.  Politiker sind oft zu einer engen Zusammenarbeit mit Journalisten bereit, weil …

a)  sie nur dann Spitzenpolitiker werden können.   

b)  sie hoffen, dass Berichte über sie dann positiver werden.     

c)  sie dann Interviews einfach am Telefon geben können.

3.  Hans Leyendecker fordert, dass …

a)  die Medien sich gegen die Politiker wehren und keine überprüften Artikel veröffentlichen. 

b)  nur noch Pressestellen Interviews mit Politikern führen dürfen.

c)  alle Artikel vor Druck überarbeitet werden.

4.  Welcher Satz ist grammatikalisch richtig?  

a)  Zeitungen berichten immer wieder auf Skandale in der Politik.

b)  Wulff hat Konsequenzen auf den Journalisten angedroht. 

c)  Pressestellen wollen Einfluss auf die Medien nehmen.

5.  Ergänze den folgenden Satz: Viele Politiker und Journalisten sind sich einig …, dass enge Verbindungen untereinander hilfreich sind.  

a)  darin

b)  daran

c)  davon

Arbeitsauftrag

Diskutiert darüber, ob die Pressefreiheit in jedem Fall garantiert sein muss. Könnt ihr euch Situationen vorstellen, in denen der Staat die Presse kontrollieren sollte? Stellt eure Ergebnisse in der Klasse vor.


Autorinnen: Johanna Schmeller/Stephanie Schmaus
Redaktion: Ingo Pickel