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"Angriffe auf Kriegsberichterstatter dürfen nicht ungestraft bleiben"

29. Juli 2011

Am 26. Juli 1991 wurde Egon Scotland, Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“, in Kroatien von serbischen Scharfschützen ermordet. Der Tod des deutschen Journalisten erschütterte damals die deutsche Öffentlichkeit.

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Tod von Egon Scotland schreckte die deutsche Öffentlichkeit auf
Tod von Egon Scotland schreckte die deutsche Öffentlichkeit aufBild: AP

Der Redakteur der „Süddeutschen Zeitung“ war von der kroatischen Hauptstadt Zagreb aus auf dem Weg in das südlich gelegene Gebiet der Krajina, um den Verbleib einer befreundeten Journalistin zu klären. Sie war verschwunden. Man vermutete sie in den Händen der aufständischen Serben, den sogenannten „Tschetniks“. Bei der Anfahrt auf das kroatische Dorf Jukinac beschoss man Scotlands Wagen, der deutlich als Pressefahrzeug markiert war. Scotland verblutete auf dem Weg ins nächste Krankenhaus.

Die Nachricht löste in der deutschen Presse einen Schock aus – erst da begriff man, dass im damaligen Jugoslawien der Krieg begonnen hatte. Egon Scotland war der erste deutsche Journalist, der in diesem Krieg ums Leben kam. Insgesamt starben zwischen 1991 und 1999 auf dem Balkan 45 Journalisten.

'Reporter ohne Grenzen' setzen sich für die Pressefreiheit Weltweit
'Reporter ohne Grenzen' setzen sich für die Pressefreiheit WeltweitBild: AP

Aufgeschreckt durch die Ermordung von Scotland

Durch die Ermordung aufgeschreckt und gleichzeitig vom Handeln Scotlands inspiriert, entschlossen sich einige seiner Kollegen aus München, den Verein „Journalisten helfen Journalisten (JhJ)“ zu gründen, erklärt der Vorsitzende, Carl Wilhelm Macke. Denn Egon Scotland wollte außerhalb seiner eigentlichen Reportagetätigkeit einer anderen deutschen Journalistin, die sich in großer Lebensgefahr befand, helfen, und dabei ist er erschossen worden. „Das war eigentlich schon die Idee des Vereins, dass wir im Sinne Egon Scotlands in Kriegs- und Krisenzonen anderen Journalisten helfen, die sich in solchen Notsituationen befinden“, erklärt Macke.

Schockierend war für die Journalisten in Deutschland auch die Tatsache, dass Scotlands Auto ganz deutlich als Pressefahrzeug gekennzeichnet war. Er wurde Opfer eines gezielten Angriffs, sagt Michael Rediske, Vorstandsprecher der deutschen Sektion der Organisation „Reporter ohne Grenzen“. Dieser Mord zeigte deutlich, dass in diesem Krieg keine Regeln des Fairplays geachtet wurden, und dies hatte Nachwirkungen in der bundesdeutschen Öffentlichkeit, so Rediske. „Das Thema Tod und Ermordung von Journalisten ist viel wichtiger geworden, und in diesem Zuge ist auch die deutsche Sektion von ‚Reporter ohne Grenzen’ von 50 Journalisten im Jahr 1994 gegründet worden“, erklärt Rediske. Organisation kämpft weltweit für die Pressefreiheit und für den Schutz von Journalisten.

In vielen Regionen Weltweit sind Journalisten in Gefahr bei der Ausübung ihrer Tätigkeit
In vielen Regionen Weltweit sind Journalisten in Gefahr bei der Ausübung ihrer TätigkeitBild: dpa - Fotoreport

Einsatz für die Pressefreiheit

‚Reporter ohne Grenzen’ setzt auf Öffentlichkeitsarbeit. Um Journalisten zu schützen, ist es am besten so viel wie möglich öffentliche Aufmerksamkeit zu erzeugen, sagt Rediske. Man sammelt Informationen über Verletzungen der Pressefreiheit und über Angriffe auf Journalisten und versucht diese weltweit zu verbreiten. Dabei ist ‚Reporter ohne Grenzen’ keine Organisation, die besonders diplomatisch vorgeht, betont Rediske. „Unser Grundsatz ist: der beste Schutz für bedrohte oder gefangengenommene Journalisten ist die weltweite Öffentlichkeit. Das haben uns viele nach ihrer Freilassung auch bestätigt, dass sie dafür dankbar waren, dass ihr Fall öffentlich gemacht worden ist und dass beispielsweise Geheimdienste es nicht mehr so leicht hatten, sie als Gefangene zu verstecken“, sagt Michael Rediske.

Anders agiert der Verein Journalisten helfen Journalisten. Hier steht die Öffentlichkeitsarbeit nicht im Vordergrund, man bemüht sich eher den Journalisten so schnell wie möglich und so unbürokratisch wie möglich direkt zu helfen. So wird beispielsweise ärztliche Behandlung für verletzte oder kranke Journalisten aus Krisengebieten organisiert und finanziert oder es werden bedrohte Journalisten in Sicherheit gebracht und ihre Familien finanziell unterstützt.

"Stoppt die Zensur!" - Demonstrationen für die Pressefreiheit in Uklraine
"Stoppt die Zensur!" - Demonstrationen für die Pressefreiheit in UklraineBild: AP

Hilfe für die Journalisten

So wurde neulich einem Journalisten aus dem Nordirak geholfen, sagt Carl Wilhelm Macke: „Wir wurden über die griechische Journalistengewerkschaft informiert. Er hatte bei einem Attentat ein Bein verloren. Auch sein Sohn wurde schwer verletzt. Und dann haben wir das übernommen, dass er hier operiert wird, dass er eine Prothese bekommt und diese ganzen sehr aufwendigen Rehabilitationsmaßnahmen betreibt. Und dazu braucht man Geld. Man muss das Geld auch sammeln. Man muss wissen, welche Stiftungen es hier in Deutschland dafür gibt“, sagt Macke und fügt hinzu: „Das ist ein Fall unter vielen.“

Beiden Organisationen fordern aber nicht nur den Schutz von Krisen- und Kriegsberichterstattern, sondern auch eine effektive Aufklärung von Morden und anderen Verbrechen an Journalisten, sowie die juristische Verfolgung der Täter.

Für den Mord an Egon Scotland ist bis heute niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Der mutmaßlicher Drahtzieher des tödlichen Angriffs, der ehemalige serbische Milizenführer Dragan Vasiljkovic, bekannt auch als „Kapetan Dragan“, wurde 2009 in Australien aufgrund eines Auslieferungsantrags der kroatischen Regierung verhaftet, befindet sich aber immer noch in Auslieferungshaft.

Autor: Zoran Arbutina

Redaktion: Verica Spasovska