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Angst vor dem Fliegen

2. August 2009

Ticket buchen, ins Flugzeug steigen und ab in den Urlaub - gerade im Sommer. Doch viele leiden unter Flugangst und steigen deshalb gar nicht erst ins Flugzeug. Seminare sollen bei der Überwindung der Angst helfen.

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Touristen steigen in ein Flugzeug ein (Foto: picture alliance/dpa)
Beim Einsteigen beginnt die AngstBild: picture-alliance/chromorange

Nervenflattern, Herzrasen, Schweißausbrüche oder regelrechte Panikattacken - für manch einen ist es eine große Überwindung, ins Flugzeug zu steigen. Der Weg in den Urlaub ist dann oft nur noch purer Stress. Wie für Usin Ergen. Wenn der 36-Jährige ans Fliegen denkt, spielen sich Horrorszenarien in seinem Kopf ab: "Ich denke dann, dass ich im Flugzeug sitze und vielleicht nicht mehr ankomme, dass ich abstürze oder sogar sterbe." Kurz vor dem Abflug, wenn er noch am Boden sei, sei alles in Ordnung. Aber sobald es losgehe, komme erst die innere Unruhe und dann bekomme er Schweißausbrüche. Das alles schaukele sich dann hoch. "Für mich ist es ein Alptraum zu fliegen."

Das Gefühl, ausgeliefert zu sein

Für jeden dritten Passagier ist der Flug ins Urlaubsparadies ein Höllentrip. Dabei ist ein Flugzeug im Vergleich zu Auto, Bus oder der Bahn das sicherste Verkehrsmittel überhaupt. Warum fürchten sich dann so viele vor dem Fliegen? Linda Föhrer, Flugbegleiterin und Psychologin, beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Thema und glaubt, das liege an der Verantwortung, die man an den Piloten abgebe. "Das ist eine Angstreaktion und nennt sich auch Kampffluchtreflex. Beim Kampffluchtreflex will der Mensch eigentlich losrennen, kann aber nicht. Er sitzt von daher dann im Sitz und fängt an zu zittern und zu schwitzen."

Stewardess im Flugzeug mit Passagieren in der Kabine (Foto: Bilderbox)
Keine leichte Arbeit, wenn Fluggäste Flugangst habenBild: BilderBox

Die einen fürchten dabei nur den Start, die anderen ein technisches Versagen. Bei manchen sei der Gedanke, keinen festen Boden unter den Füßen zu haben, ein Grund für weiche Knie. Viele Menschen, die Flugangst haben, werden zusätzlich von anderen Phobien geplagt - zum Beispiel von Platz- oder Höhenangst, erklärt Linda Föhrer. Die Furcht vor dem Fliegen sei deshalb oft nur ein Symptom für andere, tiefere Ängste.

Notlösungen, die langfristig nicht helfen

Die 50-jährige Psychologin und Stewardess sieht immer wieder die Not der Leute an Bord eines Flugzeuges - wie letztens auf dem Weg nach Indien. "Ein Passagier, der wohl an Flugangst litt, hat auf dem Zehn-Stunden-Flug das Wasser, das ihm auch immer wieder angeboten wurde, nicht getrunken, sondern Rotwein. Am Ende des Fluges war er nicht mehr ansprechbar und musste dann vom Krankenwagen abgeholt werden. Viele Leute nehmen Medikamente oder trinken Alkohol, weil sie meinen, das beruhige sie."

Das sei aber natürlich kein Heilmittel, damit bekämpfe man nicht die Ursache, sagt Linda Föhrer. Um den Menschen ihre Flugangst zu nehmen, bietet die Psychologin bereits seit Jahren das Seminar "Entspanntes Fliegen" an. Das findet an unterschiedlichen Flughäfen deutschlandweit statt und kostet etwa 200 Euro.

Die richtige Technik verhindert Angst

Teilnehmer des Seminars gegen Flugangst am Flughafen Köln/Bonn (Foto: DW)
Teilnehmerinnen des Seminars bei AtemübungenBild: DW

Im achtstündigen Seminar werden die persönlichen Angstauslöser erkannt und benannt, es gibt detaillierte Informationen rund ums Fliegen. Und - es werden bestimmte Entspannungstechniken trainiert. "Es gibt eine entspannte Atemübung, dass man ganz ruhig ein- und ausatmet. Das sollte man auch täglich einüben, so dass man das auch in der konkreten Situation abrufen kann, in der man Angst hat", erklärt Föhrer. Weil man durch die Übung den Körper in eine entspannte Haltung bringen könne. So lernen die Teilnehmer, die Furcht zu überwinden und ihre Flugangst in den Griff zu bekommen.

Doch ist es möglich, die Flugangst ganz loszuwerden? Die Psychologin hält diese Art der Phobie für beherrschbar. Doch sich komplett davon zu befreien, das gehe wohl nicht. Man könne allerdings lernen, einen Großteil der Angst abzubauen, sie zu kontrollieren und mit ihr zu leben, erklärt Föhrer.

Kleine Tipps für kleine Bauschmerzen

Lina Föhere und Usin Ergen beim Seminar gegen Flugangst (Foto: DW)
Lina Föhere und Usin Ergen beim SeminarBild: DW

Auch Usin Ergen sitzt im Seminar "Entspanntes Fliegen". Der 36-Jährige ist zuversichtlich, dass er in Zukunft tatsächlich entspannter fliegen kann. "Durch das Seminar wurde mir die Angst schon genommen. Ich würde es weiterempfehlen. Ich fliege demnächst in die Türkei und ich hoffe, dass ich keine Angst bekomme."

Linda Föhrer hat noch einen Tipp für alle, die nur leichte Bauchschmerzen vor dem Abflug haben: "Es ist sehr wichtig, sich am Tag vor der Abreise auszuruhen." Die Koffer sollten vorher gepackt und auch alle möglichen Telefonate erledigt werden. Mit der Flugangst sollte man wie mit einer Prüfungssituation umgehen. "Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass die Leute, die aus dem Urlaub zurückfliegen, den Rückflug schon als wesentlich entspannter ansehen, weil sie sich nämlich schon im Urlaub erholt haben."

Autor: Justyna Bronska
Redaktion: Nicole Scherschun