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Ankara, Berlin und die Sphinx von Hattuscha

24. Februar 2011

Die Türkei will sich verlorene anatolische Kunstschätze aus Europa zurückholen. Ein begehrtes Stück steht im Berliner Pergamon Museum: Die Sphinx von Hattuscha. Deutschland soll sie bis Juni zurückgeben.

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Die Reliefdarstellung eines Mannes und einer Frau aus Maras (späthethitische Zeit um 1.300 v. Chr.) (Foto: dpa)
Nicht die begehrte Sphinx, aber ähnlich alt: Relief aus der Zeit der HethiterBild: picture-alliance/dpa

Ein mehr als 3.000 Jahre alter Kunstschatz erhitzt die Gemüter in Berlin und Ankara. Seit mehreren Monaten streiten Deutschland und die Türkei öffentlich um die Sphinx von Hattuscha, die auch Sphinx von Bogazköy genannt wird. Jetzt hat die Türkei der Bundesregierung ein Ultimatum gestellt: Wenn Berlin die Sphinx bis Juni nicht zurückgeben sollte, wird dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) die Grabungslizenz in Hattuscha, rund 150 Kilometer östlich von Ankara, entzogen. Das kündigte der türkische Kulturminister, Ertugrul Günay, im Berliner "Tagesspiegel" an.

Kunstraub vor mehr als hundert Jahren?

Die Berliner Museumsinsel mit dem Pergamon-Museum (Foto: dpa)
Hütet die Sphinx von Hattuscha: das Pergamon Museum in BerlinBild: picture-alliance/ dpa


Anfang des 20. Jahrhunderts hatten deutsche Archäologen zwei Steinfiguren aus der Bronzezeit entdeckt und nach Berlin zur Restaurierung mitgenommen. Nur eine Sphinx wurde wieder in die Türkei gebracht. Die andere steht bis heute im Pergamon Museum in Berlin. Doch das könnte sich bald ändern. Es liefen bereits offizielle Verhandlungen über eine Rückgabe, sagte Ertugrul. Und er sei zuversichtlich, dass Deutschland die Figur zurückgeben werde. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, zu der das Pergamon Museum gehört, wollte sich nicht zu dem Streit äußern. Die Verhandlungen darüber seien Sache des Außenministeriums, sagte eine Sprecherin.

Seit Jahrzehnten schon streitet die Türkei um zahlreiche anatolische Kunstschätze, die sich im Ausland befinden. Viele davon wurden zu Zeiten des osmanischen Reiches ausgeführt und gelangten so in europäische und amerikanische Sammlungen.

Anatolische Schatzkisten

Luftaufnahme: Der Große Tempel und seine Vorratskammern in Hattuscha, Türkei (Foto: CreativeCommons, China_Crisis)
Ein Mekka für Archäologen: Der Große Tempel im türkischen HattuschaBild: Creative Commons/China_Crisis

Hattuscha ist die ehemalige Hauptstadt des Hethiterreiches in Zentralanatolien und eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten in der Türkei. Deutsche Archäologen forschen seit mehr als 100 Jahren in Hattuscha. Die Grabung gehört zu den weltweit bedeutendsten Projekten der Bundesrepublik. 1986 wurde Hattuscha in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Neben Ägypten und Assyrien waren die Hethiter die dritte Großmacht des Alten Orients. Die Großkönige von Hattuscha herrschten zwischen 1650/1600 und 1200 vor Christus über weite Teile Kleinasiens und Syriens. Sie eroberten Babylon, Troia war ihr Vasall.

Derzeit graben deutsche Wissenschaftler in rund einem Dutzend Stätten in der Türkei. Eine davon ist für die Wissenschaftler offenbar schon bald tabu. Nach Aussagen des türkischen Kulturministers sollen die Ausgrabungen in der westanatolischen Stadt Aizanoi, wo das Deutsche Archäologische Institut seit 1926 forscht, in der nächsten Grabungssaison von einer türkischen Universität übernommen werden. Die Begründung: Die Deutschen hätten dort in den vergangenen Jahren fast nichts mehr gemacht.

Autorin: Julia Hahn (mit afp, epd, dpa)
Redaktion: Susanne Eickenfonder