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Politik

Ankläger fordern lange Haft für Babydiebstahl

4. September 2018

Der Schwindel liegt fast 50 Jahre zurück - und steht für zehntausende ähnlicher Fälle, die sich während der spanischen Franco-Diktatur abgespielt haben sollen. Viele Opfer leiden bis heute.

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Symbolbild Wochenstation
Wochenstation im Krankenhaus (Symbolbild)Bild: picture-alliance/dpa/W. Grubitzsch

Im ersten Prozess um den Diebstahl von Babys während der Franco-Diktatur in Spanien hat die Staatsanwaltschaft elf Jahre Haft für den 85-jährigen Angeklagten gefordert. Der ehemalige Arzt Eduardo V. ist angeklagt, im Jahr 1969 die heute 49-jährige Klägerin ihrer biologischen Mutter weggenommen zu haben. Er soll sie einer anderen, inzwischen verstorbenen Frau gegeben haben, die keine Kinder bekommen konnte.

Dem früheren Gynäkologen wird vorgeworfen, den Babydiebstahl durch gefälschte Geburtsurkunden ermöglicht und die andere Frau als leibliche Mutter des Neugeborenen eingetragen zu haben. An der mittlerweile nicht mehr existierenden Klinik San Ramón in Madrid soll es nach Angaben von Insidern tausende solcher Fälle gegeben haben.

"Prozess ist einzigartig"

Der Angeklagte erschien im Rollstuhl vor dem Madrider Gericht. Beim Prozessauftakt im Juni hatte er gesagt, sich an nichts mehr erinnern zu können. Zudem bestritt er, die entsprechende Geburtsurkunde unterzeichnet zu haben. Er sollte am folgenden Tag weiter aussagen, meldete sich damals aber krank, so dass das Verfahren unterbrochen wurde.

Spanien Proteste in Madrid
Zum Prozessbeginn im Juni forderten zahlreiche Menschen vor dem Gerichtsgebäude ein Ende der "Lügen"Bild: Getty Images/AFP/O. del Pozo

Der Anwalt der Klägerin sagte, der Prozess sei möglicherweise "einzigartig" in der Geschichte. Erstmals sei ein Fall von Babyraub unter der Franco-Herrschaft verhandelt worden, für den es Beweise gebe. Nach Auffassung von Beobachtern könnten andere Opfer des Babydiebstahls dadurch ermutigt werden, ebenfalls zu klagen.

Arme Paare und alleinstehende Frauen

Die spanische Militärdiktatur unter Francisco Franco dauerte von 1939 bis 1975. Historiker und Aktivisten vermuten, dass in dieser Zeit zehntausende Babys ihren leiblichen Eltern gestohlen wurden. Dies traf Eltern mit linksgerichteter beziehungsweise republikanischer Gesinnung, aber auch arme Paare und alleinstehende Frauen.

Die Babys wurden den Müttern gleich nach der Geburt weggenommen. Häufig hieß es, sie seien gestorben. In Wirklichkeit wurden die Babys jedoch - oft gegen Bezahlung - kinderlosen Paaren gegeben, die sie dann als ihre eigenen Kinder aufzogen.

jj/kle (afp, epd)