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Kleine Schritte

Peter Philipp10. Februar 2009

Die USA und der Iran machen erste zaghafte Versuche aufeinander zuzugehen. DW-Chefkorrespondent Peter Philipp fragt sich, wie ernsthaft sie sind.

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Themenbild Kommentar: Schriftzug Kommentar über einen Block mit einem Stift
Bild: DW

Wenn Gedenktage zu etwas taugen, dann dazu, dass man innehält, zur Besinnung kommt, Bilanz zieht und Fehler der Vergangenheit korrigiert. Zum 30. Jahrestag der Islamischen Revolution scheint der Iran genau dazu entschlossen zu sein: In einer zentralen Rede auf dem Teheraner Azadi- ("Freiheits"-)Platz verkündete Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Dienstag (10.02.2009) jedenfalls, dass er die Anregung von US-Präsident Barack Obama begrüße, mit dem Iran in einen direkten Dialog einzutreten. Und Obama hatte nur Stunden zuvor in einer Pressekonferenz davon gesprochen, dass dieser Dialog vielleicht schon in den nächsten Monaten zustandekommen könnte.

Ernste Absichten

DW-Chefkorrespondent Peter Philipp
DW-Chefkorrespondent Peter Philipp

Dreißig Jahre nach der Islamischen Revolution nun also eine Revolution in den seitdem unterbrochenen Beziehungen zwischen Washington und Teheran? Auszuschließen ist das nicht, denn beide Seiten scheinen die Sache ernst zu nehmen: Obama zeigt, dass er wirklich versucht, während des Wahlkampfes gemachte Ankündigungen umzusetzen, und in Teheran ist es kein sanftmütiger und liberaler Liebling des Westens wie Mohamad Chatami, sondern Mahmud Ahmedinedschad - der Spezialist für das Grobe, der den "Großen Satan" plötzlich zu umwerben scheint.

Rückendeckung der Hardliner

Von Chatami, der gerade eben bekanntgab, dass er im Sommer wieder für das Amt des Präsidenten kandidieren will, wäre solch ein Schritt wenig überraschend gewesen. Er hätte aber wahrscheinlich zu nichts geführt, weil die Konservativen dies schon hintertrieben hätten. Ahmadinedschad hingegen ist sich der Rückendeckung durch die Hardliner sicher - derer im Parlament wie auch des "Obersten Führers", Ayatollah Ali Chamenei. Wieder einmal zeigt sich, dass letztlich nur die Radikalen in der Lage sind, radikale Kursänderungen vorzunehmen, selbst in Richtung einer Entspannung. Denn sie brauchen dabei keine Opposition zu fürchten.

Annäherung hat ihren Preis

Nun darf man natürlich wegen einiger schöner Reden nicht gleich in grenzenlose Euphorie verfallen. Denn die von beiden Seiten beschworene Annäherung hat natürlich auch ihren Preis. Für beide Seiten. Ahmadinedschad hatte bereits in einer anderen Rede gefordert, die USA müssten sich für ihre jahrzehntelange Einmischung im Iran entschuldigen; jetzt forderte er "Gespräche in gegenseitigem Respekt" ein. Ähnliches meint ja wohl auch Obama, wenn er von Gesprächen "auf gleicher Augenhöhe" spricht. So weit, so gut. Aber da sind ja noch die Forderungen Washingtons im Atomstreit und nach einer konzilianteren Haltung Teherans gegenüber Israel.

Kleine Schritte machen und ...

Kaum vorstellbar, dass Teheran da eine Kehrtwende macht. Aber vielleicht könnten Amerikaner und Iraner sich zunächst einmal ja auch auf das konzentrieren, wo sich leichter ein Konsensus finden lässt und wo beide eigentlich dieselben Interessen haben? Zum Beispiel in der Frage der Normalisierung im Irak und in Afghanistan. Und was würde Washington sich vergeben, wenn es sein Bedauern für eine jahrzehntelange falsche Iran-Politik ausdrückte? So, wie die alten Kolonialmächte sich einst für die Sklaverei entschuldigten?

... Vertrauen aufbauen

Zunächst muss gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden. Erst wenn das gelingt, werden direkte Gespräche auch fruchten. Erst dann könnten auch die gegenseitigen psychologischen Sperren abgebaut werden. Sperren, die zum Beispiel im Iran dazu führen, dass die Bürger am Revolutionstag aufgerufen werden, möglichst zahlreich mitzufeiern, um "es dem Feind zu zeigen". Eine Normalisierung wäre es auch, wenn die Iraner begännen, ihre Gedenktage um ihrer selbst willen zu feiern. Bei allen Defiziten der letzten dreißig Jahre gäbe es genug Grund dafür.