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Politik

Anschlagspläne gegen türkische Oppositionelle?

Gezal Acer
22. Dezember 2017

Sind in Deutschland lebende türkischen Oppositionelle in Gefahr? Der Türkisch-Armenische Abgeordnete Garo Paylan behauptet, es lägen Anschlagspläne vor. Die Sicherheitsbehörden sind informiert.

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Deutschland Vorbereitungen zum 36 evangelischen Kirchentag
Bild: picture alliance/dpa/R. Hirschberger

Akademiker, Journalisten und Schriftsteller, die während der AKP-Regierungszeit nach Europa, insbesondere nach Deutschland geflohen sind, könnten Opfer von aus der Türkei organisierten Attentaten werden. Das erklärte der armenische Abgeordnete der prokurdischen Partei HDP (Demokratische Partei der Völker) Garo Paylan.

Garo Paylan Türkei Abgeordneter HDP
Garo PaylanBild: picture-alliance/abaca/Depo photos

"Ich habe aus verschiedenen Quellen die Information zugespielt bekommen, dass aus der Türkei heraus operierende Auftragskiller in Europa zuschlagen wollen und über eine entsprechende Todesliste verfügen" sagte Paylan vor zwei Tagen auf einer Pressekonferenz im türkischen Parlament. Er habe die türkische Regierung darauf hingewiesen, die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle bekräftigte Paylan seine Aussagen. Er habe diese Informationen von einem ausländischen Geheimdienst, die Quelle könne er jedoch nicht preisgeben. "Ich kann jedoch sagen, dass diese Informationen verlässlich bestätigt wurden", so Paylan.

Es gäbe Personen, so Paylan weiter, die konkret bedroht würden und besonders in Deutschland, aber auch in anderen Länden Europas, unter Personenschutz stünden. "Auf der Liste stehen derzeit einige Namen, aber es wird vermutet, dass diese Liste noch länger ist."

Deutschland Rockergruppe "Osmanen Germania BC" in Neuss
Die "Osmanen Germania"Bild: picture-alliance/dpa/D. Staniek

Paylan kritisierte unter anderem den AKP-Abgeordneten für Istanbul und Stellvertretenden Vorsitzenden für Auswärtige Beziehungen der AKP, Metin Külünk, aufgrund seiner angeblichen Verbindungen zur ultranationalistischen Rockerband "Osmanen Germania", die in Deutschland aktiv ist. "Er muss durchblicken können, was diese Beziehungen anrichten können", so Paylan im Gespräch mit der DW. Vor kurzem hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen acht mutmaßliche Mitglieder der Rockergruppe Osmanen Germania BC erhoben. Ihnen werden unter anderem versuchter Mord und versuchter Totschlag zur Last gelegt.

Alevitische Föderation: Wir haben das Bundesinnenministerium informiert

Nach Paylans Informationen seien nicht nur die Oppositionellen, sondern auch die Vertreter der religiösen Minderheiten wie die alevitische und armenische Gemeinde in Gefahr.

Yılmaz Kahraman von der Föderation der Alevitischen Verbände Deutschlands erklärte, auch seine Gemeinde habe noch vor sechs Monaten sowie vor einem Jahr über verschiedene Kanäle erfahren, dass die Gefahr bestünde, dass sie Opfer von Attentaten werden könnten. Seine Gemeinde habe das Bundesinnenministerium informiert. Das Innenministerium habe dem Föderationspräsidenten zugesichert, die notwendigen Untersuchungen einzuleiten, so Kahraman.

Auch früher schon habe es Übergriffe auf die Gebetshäuser der Aleviten gegeben und die Wände seien beschmiert worden, erzählt er. "Unsere Gebetshäuser in Baden-Württemberg wurden angegriffen und die Wände wurden beschmiert. Ebenso unser Kulturzentrum in Emmerich in Nordrhein-Westfalen." Alle diese Vorfälle seien der Polizei gemeldet worden, Verdächtige wurde jedoch nicht gefasst. Die Entwicklungen in der Türkei spiegelten sich in Deutschland wieder, so Kahraman. Seine Gemeinde sei Ziel ultranationalistischer türkischstämmiger Gruppen.

Die Aleviten unterscheiden sich von den Sunniten mit einer toleranteren Auslegung des Islam. Beispielsweise fasten sie traditionell nicht im Ramadan und beten nicht in den Moscheen, sondern in Versammlungshäusern, den "Cem-Häusern". Schätzungen zufolge sind etwa 13 Prozent der in Deutschland lebenden Muslime Aleviten.

Hayko Bagdat Türkischer Journalist und Kolumnist bei der Nachrichtenportal Özgürüz
Der Journalist Hayko BagdatBild: DW/B. J. Danisman

"Ernste Gefahr"

Nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016 waren Tausende Menschen, darunter Akademiker und Journalisten, gezwungen, nach Deutschland zu gehen. Einer von ihnen ist der armenische Journalist Hayko Bağdat.

Auch er wisse von den Geheimdienstinformationen, über die Paylan verfüge. Und auch er betont, dass es eine sehr ernste Gefahr gäbe. Er würde diesbezüglich mit den entsprechenden Institutionen zusammenarbeiten, sagt er und fügte hinzu "Die Türkei sollte alles tun, um ihre Staatsbürger zu schützen".

Sicherheitsbehörden: Gefährdungslage bekannt

Deutsche Sicherheitsbehörden erklärten gegenüber der Deutschen Welle, man werde weiterhin Nachforschungen anstellen, ob Attentate geplant würden. "Wir teilen mit, dass die Gefährdungslage bekannt ist und mit der notwendigen Sensibilität ständig geprüft und bewertet wird. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu Einzelheiten und Details von Schutzmaßnahmen nicht äußern" so die Sicherheitsbehörden weiter.