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Apartheids-Opfer gegen Weltkonzerne

Svenja Üing7. November 2003

Opfer des Apartheid-Regimes in Südafrika wollen Firmen wie DaimlerChrysler, Ford und die Deutsche Bank wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verklagen. Doch die Chancen für die Kläger stehen schlecht.

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Schwarzafrikaner leiden bis heute unter den Folgen der ApartheidBild: AP

"Geld kann mir meine Würde nicht zurückgeben", sagt Thandiwe Shezi. Sie ist die Sprecherin der 91 Kläger und zählt selbst zu den Opfern: Unter dem südafrikanischen Apartheids-Regime wurde sie inhaftiert, gefoltert und vergewaltigt. Geld könne dieses Leid nicht lindern. Deshalb gehe es bei der angestrebten Klage gegen zahlreiche internationale Unternehmen und Banken in erster Linie darum, begangenes Unrecht bekannt zu machen, sagen die Kläger und deren Anwälte.

Entscheidung vertagt

Allerdings sind die Erfolgsaussichten der Kläger nach einer mehrstündigen Anhörung vor einem New Yorker Bezirksgericht relativ gering. "Ich sehe in ihrer Klageschrift nichts, was mich veranlassen würde, zu denken, dass Handelsbeziehungen mit Südafrika eine Verletzung internationalen Rechts darstellten", sagte der zuständige Richter John Sprizzo während der Anhörung am Donnerstag (6.11.2003). Die endgültige Entscheidung über die Zulässigkeit der Klage wurde vertagt.

Verfasst wurde die mehr als 100-seitige Klageschrift schon im November 2002 von der Kanzlei des renommierten US-Anwalts Michael Hausfeld. Die Liste der beklagten Unternehmen liest sich wie das "Who is Who" internationaler Banken, Computerfirmen, Autobauer und Waffenproduzenten, darunter zum Beispiel der US-Autohersteller Ford und die Ölfirma Shell. Zu den deutschen Unternehmen gehören unter anderem Commerzbank und Deutsche Bank, DaimlerChrysler (als Nachfolgerin von Daimler-Benz) und die Rüstungsfirma Rheinmetall AG.

Deutsche Bank: immer nach den nationalen und internationalen Bestimmungen gerichtet

Die Deutsche Bank wollte sich vor dem Ausgang der Gerichtsentscheidung nicht äußern. Ronald Weichert von der Presseabteilung des Unternehmens sagte auf Anfrage von DW-WORLD jedoch, man habe sich stets nach den nationalen und internationalen Bestimmungen gerichtet: "Die Deutsche Bank hat sich immer bemüht, durch Kontakte sowohl mit der Regierung als auch mit der schwarz-afrikanischen Bevölkerung dafür zu sorgen, dass sich die politische Lage in Südafrika Schritt für Schritt verbessert."

Der Vorwurf gegen die Unternehmen lautet: Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ihnen wird angelastet, das südafrikanische Apartheids-Regime in den 1970er und 1980er Jahren unterstützt zu haben. Durch ihre finanzielle und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Machthabern in Südafrika hätten sie die Zeit der Apartheid verlängert und "Zwangsarbeit, Genozid und Folter" gefördert.

"Apartheid" bezeichnet die jahrzehntelange Trennung der schwarzen und weißen Bevölkerung in Südafrika. Mit dieser Politik wollten die weißen Bevölkerungsschichten ihre eigene Macht im Land festigen. Erst Anfang der 1990er hob Präsident de Klerk die Apartheids-Gesetze auf. Die traumatischen Erfahrungen und sozialen Benachteiligungen der Apartheid wirken noch heute nach. Mit der Klage soll ein Präzedenzfall zur Durchsetzung der Menschenrechte geschaffen werden, sagen die Sprecher der Frankfurter Menschenrechtsorganisation "medico international".

Juristische Grundlage stammt aus dem Jahr 1789

Die rechtliche Besonderheit der Klage: Sie beruht auf einem US-Bundesgesetz, dem "Alien Tort Claims Act", das es amerikanischen Gerichten ermöglicht, über Verletzungen internationalen Rechts zu urteilen, unabhängig davon, in welchem Land das Unrecht begangen wurde. Die Ursprünge der Regelung reichen bis ins späte 18. Jahrhundert zurück. Zwei Jahrhunderte lang führte das Gesetz ein Schattendasein. Doch seit den 1980ern ist es als Instrument zur Durchsetzung von Menschenrechten wiederentdeckt worden.