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Apple versucht sich als Online-Filmvertrieb

Thomas Hajduk13. September 2006

Apple ist in den Online-Filmvertrieb eingestiegen. Ob es eine neue Erfolgsgeschichte wird, ist unklar: Apples Vorstoß ist zögerlich, konventionell und die Konkurrenz stark. Der Markt ändert sich trotzdem.

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Filme für Groß und KleinBild: AP

Die Gerüchteküche brodelte wieder einmal: Im Vorfeld des "Apple Media Event" am 12. September in San Francisco und London vermuteten Fans und Analysten weltweit neue Produkte und Apples Einstieg in den Online-Filmverkauf. Sie wurden nicht enttäuscht - aber auch nicht überrascht.

Erwartungsgemäß hat Apple seine iPod-Produktlinie auf den neuesten Stand gebracht. Der beliebte MP3-Player ist Apples Zugpferd und die neuen, kleineren Geräte sind eine Fortsetzung des Erfolgs mit bekannten Mitteln. Apple-Chef Steve Jobs gab zusätzlich einen ersten Ausblick auf eine noch unbenannte Set-Top-Box. Das flache Gerät soll über ein Funknetzwerk PC und Fernseher miteinander verbinden. Damit starte Apple eine längere Reihe von Ankündigungen im Bereich der Heimelektronik, mutmaßte ein Analyst von Goldman Sachs gegenüber der Gerüchteseite AppleInsider.

Showtime im Kleinformat

Apple Event "It's Showtime" in San Francisco
Nicht nur die iPods waren klein: Steve Jobs mit einem iPod ShuffleBild: AP

Interessanter war Apples lang erwarteter Vorstoß in den Online-Vertrieb von Filmen, ganz nach dem Motto des Events: "It's Showtime!" Nachdem das kalifornische Unternehmen schon seit einiger Zeit beliebte US-Fernsehserien für 1,99 Dollar pro Episode zum Download anbietet, sind ab sofort auch abendfüllende Spielfilme in seinem "iTunes-Store" erhältlich. Mit einem 6 MBit Internetzugang soll das Herunterladen eines 90-minütigen Filmes in "nahezu DVD-Qualität" 30 Minuten dauern. Neu erschienene Filme werden zunächst für 12,99 Dollar, später 14,99 Dollar angeboten. Ältere Filme sollen 9,99 Dollar kosten.

Bislang sind 75 Filme von Disney, Pixar, Touchstone und Miramax erhältlich. Das ist wenig im Vergleich zu den 3,5 Millionen Liedern und den mittlerweile immerhin 200 Fernsehsendungen, die im "iTunes Store" erhältlich sind. Laut AP verhandle Apple bereits mit weiteren großen Filmstudios.

Neuer Vorreiter: Amazon

Wenig ist es aber auch im Vergleich zur Konkurrenz: Besonders das Online-Kaufhaus Amazon hat hier die Nase vorn. In seiner kürzlich gestarteten Sparte "Unbox" bietet es Fernsehsendungen und Spielfilme zu ähnlichen Preisen wie Apple an. Allerdings kooperiert Amazon mit über 30 Filmstudios, so dass sein Filmangebot wesentlich größer ist. Auch ermöglicht Amazon es, aktuelle Filme lediglich zu "leihen": Für 3,99 Dollar kann ein Film geladen werden, den der Kunde dann innerhalb von 24 Stunden sehen muss. Die Qualität aller Filmdateien entspricht dem DVD-Standard.

Ob Apple den Vorsprung seines Hauptkonkurrenten Amazon einholen kann, ist fraglich. Für Apple spricht, dass es mit dem "iTunes Store" eine populäre und funktionierende Verkaufsplattform vorweisen kann. Während Amazon mit Kompabilitätsproblemen kämpft - seine Kunden benutzen diverse Abspielsoftware, die bisweilen das Format der geladenen Filme nicht erkennt -, kann der Kunde bei iTunes die Filme genauso einfach laden und abspielen wie bisher Musik. Ironischerweise könnte aber gerade Apples Erfolgsgeheimnis, der iPod, ihm im Filmbereich zum Verhängnis werden.

Hemmschuh iPod?

Der neue iPod shuffle im Bild vorn und die überarbeitete Produktreihe iPod nano in Farbe und Aluminium im Hintergrund
Mehr als nur ein MP3-Player?Bild: AP

Als Apple in den Musikmarkt einstieg, sollte der "iTunes Store" den Absatz des Kultobjekts iPod ankurbeln. Ein Lied für einen Dollar, das ist sehr günstig, aber nicht sehr einträglich. Nur zehn Prozent am Gewinn für das dritte Quartal 2006 macht die Sparte Musik entsprechend aus - immerhin ein Anstieg um drei Prozent zum Vorjahresquartal. Der iPod dagegen gehört mit 34 Prozent neben den Macintosh-Computern (43 Prozent) weiterhin zum Kerngeschäft von Apple. Auf ihn ist auch das neue Filmangebot ausgerichtet: Das unter DVD-Standard bleibende Format ist den Begrenzungen des iPod geschuldet. Auch sein kleines Display ist wenig geeignet, um darauf 90-minütige Filme zu sehen. Die Länge der bisher angebotenen Fernsehserien dürften hier die Grenze markiert haben - genau richtig für die morgendliche Bahnfahrt zu Uni oder Büro. Steve Jobs selbst hat, ehe Ende 2005 der erste videofähige iPod erschien, gewitzelt, dass kein Mensch Filme im Briefmarkenformat sehen wolle.

Ob Apple erneut eine Vorreiterrolle wie ehedem im Musikbereich einnehmen kann, hängt davon ab, ob aus dem iPod mittelfristig mehr als ein MP3-Player wird. Dessen ungeachtet hat der Online-Vertrieb von Filmen mit den Angeboten von Amazon und Apple eine neue Stufe der Markttauglichkeit erreicht. Die Art und Weise, wie künftig Filme konsumiert werden, ist dabei, sich nachhaltig zu verändern.