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Plan B statt Aramco

23. August 2018

Haben die Herrscher in Saudi-Arabien den 100-Milliarden-Deal abgesagt oder nicht? Ein Riesen-Aktienpaket des saudischen Ölkonzerns Aramco sollte eigentlich an die Börse. Gerüchte verdichten sich: Das wird wohl nichts.

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Saudi Aramco Logo
Bild: Reuters/H. I Mohammed

Das Dementi aus Riad klingt entschieden. Energieminister Khalid al-Falih teilte am Donnerstag mit, die Regierung stehe weiter hinter den Plänen, den staatlichen Ölkonzern Aramco an die Börse zu bringen. Die Regierung werde den richtigen Zeitpunkt wählen. Riad reagierte damit auf einen ziemlich detaillierten Bericht der Nachrichtenagentur Reuters über ein Ende der Börsenpläne.

Schon im März hatte die "Financial Times" gemeldet, eine Platzierung von Aktien des weltgrößten Ölkonzerns in diesem Jahr an einer Börse außerhalb Saudi-Arabiens sei nicht wahrscheinlich. Saudi-Arabien will rund fünf Prozent des Unternehmens an die Märkte bringen.

Nun berichtete Reuters am Mittwoch unter Berufung auf Brancheninsider, die Platzierung des Fünf-Prozent-Anteils an Aramco hätte zwar nach den Vorstellungen von Kronprinz Mohammed bin Salman bis zu 100 Milliarden Dollar einbringen sollen. Er wäre damit der größte Börsengang der Welt. Mehrere ausländische Börsen - unter anderem London, New York und Hongkong - hatten um die Rolle als zweiter Börsenplatz neben Riad gebuhlt. Doch unter den potenziellen Anlegern seien zuletzt Zweifel aufgekommen, ob der Öl-Riese wirklich zwei Billionen Dollar wert sei.

Saudi-Arabien Öl Pumpstation Pump 3 in der Wüste bei Khouris
Quelle des Reichtums - Aramco-Ölfeld Bild: M. Naamani//AFP/Getty Images

"Auf absehbare Zeit abgesagt"

Ein hochrangiger Banker sagte zu Reuters: "Wir haben die Botschaft bekommen, dass der Börsengang auf absehbare Zeit abgesagt ist." Das gelte auch für die Emission in Riad. Die Investmentbanker und andere Berater, die das Listing vorbereiten sollten, seien von ihren Aufgaben entbunden worden. Das Budget, das Aramco dafür eingeräumt worden war, sei nicht über Juni hinaus verlängert worden. "Die Entscheidung ist schon vor einiger Zeit gefallen, aber das darf niemand sagen", sagte ein saudi-arabischer Insider zu Reuters.

Würde der Börsengang nicht wie geplant in diesem Jahr über die Bühne gehen und eine Menge Geld in die Kassen des Herrscherhauses spielen, könnten weitreichende Reformen in Gefahr geraten: Kronprinz Mohammed hatte die Börsenpläne 2016 vorgestellt. Er wollte mit dem Mega-Erlös den angestrebten Umbau der saudi-arabischen Wirtschaft finanzieren und damit die Abhängigkeit des Landes vom Öl reduzieren.

Dafür ist Saudi-Arabien auf sehr viel Kapital angewiesen. Gleichzeitig sind aber ausländische Direktinvestitionen in dem autoritär regierten Land im vergangenen Jahr nach UN-Angaben auf ein 14-Jahres-Tief gefallen.

Bei der möglichen Absage eines baldigen Börsengangs könnte Experten zufolge auch der Umstand eine Rolle spielen, dass Interessenten Einblicke in die Geschäfte von Aramco ermöglichen würden, die es bisher so nicht gab.

SABIC und der Plan B

Dass es einen möglichen Plan B gibt, machte im vergangenen Monat Aramco-Chef Amin Nasser deutlich. Er bestätigt, dass es auch Gespräche über einen Kauf der Petrochemie-Firma Saudi Basic Industries Corp (SABIC) durch Aramco gebe. SABIC ist der viertgrößte petrochemische Konzern der Welt und zu 70 Prozent im Besitz des saudischen staatlichen Public Investment Fund (PIF). Der Aramco-Chef räumte seinerzeit ein, dass eine Übernahme von SABIC den Zeitplan für den Börsengang in Frage stellen könnte.

Saudi-Arabien | Kronprinz Mohammad bin Salman
Kronprinz Mohammad bin SalmanBild: picture-alliance/AA/Saudi Kingdom Council/B. Algaloud

SABIC ist der größte Aktienkonzern Saudi-Arabiens und hat einen Börsenwert von rund 100 Milliarden Dollar - die gleiche Summe, die Aramco an der Börse einbringen sollte. Beobachter hielten es für möglich, dass auf diesem Wege das dringend benötigte Kapital in die Kassen des staatlichen Investitionsfunds PIF kommen sollte. Der Fonds will bis zum Jahr 2030 über zwei Billionen Dollar verfügen können, um den Umbau der saudischen Wirtschaft weg vom Öl finanzieren zu können.

Mit der Wirtschaft des Landes steht es nicht zum Besten. Im ersten Quartal wuchs sie um 1,2 Prozent, was aber weitestgehend dem anziehenden Ölpreis geschuldet war. Von den arbeitenden Saudis sind zwei Drittel beim Staat beschäftigt. Die zehn Millionen Ausländer im Land stellen hingegen 90 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft. Vor allem unter den Frauen ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch und liegt bei 33 Prozent nach offiziellen Zahlen. Von den Frauen unter 25 Jahren sind nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds sogar 62 Prozent arbeitslos.

Saudi-Arabien Verschleierte Frau auf der Straße
Arbeitslosenquote 62 Prozent - junge Frau in Saudi-ArabienBild: picture-alliance/AP Photo/K. Mohammed

Gigantische Pläne

Die Lage der Frauen in dem Land gilt als Symptom für den anhaltenden Machtanspruch von Herrscherhaus und konservativem Klerus. Die absolute Monarchie in Saudi-Arabien darf nicht in Frage gestellt werden, und innerhalb der Herrschenden hat Kronprinz Mohammed bin Salman seine Stellung in den vergangenen Jahren energisch ausgebaut. Für seine Pläne zum Umbau der Wirtschaft ist der Prinz auf die Arbeit der Frauen nicht weniger angewiesen als auf die Milliarden aus der Ölwirtschaft.

So plant der Kronprinz ein gigantisches Infrastruktur-Projekt zwischen dem Roten Meer und dem Golf von Akaba. Saudi-Arabien veranschlagt die Investitionen für die Industriezone, die auf einer Fläche von 26.500 Quadratkilometern entstehen soll, auf 500 Milliarden Dollar. Dort sollen Firmen von der Energie- und Wasserwirtschaft über die Biotechnologie bis zur Unterhaltungsbranche angesiedelt werden. Auch internationale Investoren sollen angelockt werden. Dafür soll die Zone eine Teil-Autonomie erhalten. Beraten wird Mohammed bin-Salman dabei vom ehemaligen Siemens-Chef Klaus Kleinfeld.

ar (rtr, afp – Archiv)