1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Streit um Präsidentschaft in Afghanistan

9. März 2020

Ein Land, zwei Präsidenten? In Kabul haben zwei Zeremonien zur Amtseinführungen stattgefunden. Rivale Abdullah beansprucht neben Amtsinhaber Ghani das Amt für sich. Der Machtkampf verschärft die politische Krise im Land.

https://p.dw.com/p/3Z5VP
Münchner Sicherheitskonferez | Präsident Afghanistans Aschraf Ghani während Diskussionsrunde
Bild: Getty Images/AFP/C. Stache

Der amtierende afghanische Präsident Aschraf Ghani ist in der Hauptstadt Kabul für eine zweite Amtszeit vereidigt worden. Ghani war Mitte Februar, fünf Monate nach der von Betrugsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl im September, zum Sieger erklärt worden. Trotz internationaler Vermittlungsversuche erkennt sein unterlegener Rivale, Regierungschef Abdullah Abdullah, das Wahlergebnis nicht an und hielt seine eigene Amtseinführungszeremonie ab, wie der TV-Sender "Tolo News" berichtete. Abdullah hatte schon nach der Verkündung des Ergebnisses eine Gegenregierung ausgerufen.

Wahlbetrug oder technische Probleme? 

Der Wahlkommission zufolge kam Ghani auf 50,64 Prozent der Stimmen, während Abdullah nur 39,52 Prozent der Stimmen erhielt. Die Wahlergebnisse hatten eigentlich bereits am 19. Oktober veröffentlicht werden sollen. Wegen technischer Probleme und Betrugsvorwürfen wurde dies aber wiederholt verschoben und dann erst im Februar nachgeholt. Nur noch 1,8 Millionen Wahlzettel waren bei der Auszählung berücksichtigt worden. Abdullah erkannte das Ergebnis nicht an. Sowohl Ghani als auch Abdullah beanspruchen das Präsidentenamt nun für sich.

Afghanistan Kabul Präsidentenpalast vor dem Amtseid von Präsident Ashraf Ghani  (Foto: Getty Images/AFP/W. Kohsar)
Mit einer großen Zeremonie wird Präsident Ashraf Ghani vor dem Palast gefeiertBild: Getty Images/AFP/W. Kohsar

Die innerafghanischen Machtkämpfe verschärfen das politische Chaos nur gut eine Woche nach dem historischen Friedensdeal zwischen den aufständischen Taliban und den USA. Dieses sieht einen vollständigen US-Truppenabzug vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor und soll innerafghanische Friedensgespräche möglich machen, die in dieser Woche starten sollten.

Staats- und Regierungschef

Bereits nach der Präsidentschaftswahl 2014 hatten Ghani und Abdullah monatelang um die Richtigkeit der Wahlergebnisse gestritten. Auf internationalen Druck hin und durch Vermittlungen des damaligen US-Präsidenten Barack Obama hatten sie eine Regierung der nationalen Einheit gebildet, die Ghani das Präsidentenamt und Abdullah die neu geschaffene Rolle des Regierungsgouverneurs gab. 

Abdullah lehnt Ghanis Wiederwahl ab und kündigt eine Parallelregierung in Afghanistan an (Foto: AFP/W. Kohsar)
Abdullah lehnt das Wahlergebnis abBild: AFP/W. Kohsar

Noch am Sonntag hatte US-Sonderbotschafter Zalmay Khalilzad erfolglos versucht, mit Ghani und Abdullah einen neuen Kompromiss auszuhandeln. Abdullah erklärte diesmal, niemand solle seine "Verpflichtung zur echten Demokratie" unterschätzen. Er und seine Anhänger versammelten sich im Sapedar-Palast im Botschaftsviertel von Kabul. Ghanis Unterstützer kamen im Präsidentenpalast im Zentrum von Kabul zusammen, um seiner Amtseinführung beizuwohnen. Während der Zeremonien kam es zu mehreren Explosionen in der Hauptstadt. Erst am Wochenende starben viele Menschen bei einem Angriff auf Regierungsmitglieder während einer Gedenkveranstaltung. 

sam/pg (afp, dpa, rtr