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Musikmarkt in der Krise

Julia Elvers-Guyot23. Januar 2007

200 Millionen Downloads für ein Lied - in China ist das möglich. Und in Korea wird mit digitalem Musikvertrieb bereits mehr Geld verdient als auf dem traditionellen Weg. Asien gilt als Schlüsselmarkt der Branche.

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Nelly Furtado und Matt Pokora in Cannes
Galanterie in Cannes:<br>Nelly Furtado und Matt PokoraBild: picture-alliance/ dpa

Nach Schätzungen des Weltverbandes der Phonoindustrie (IFPI) steckt der weltweite Musikmarkt weiter in der Krise. 2006 seien die Umsätze der Plattenfirmen weiter zurückgegangen. “Das Minus liegt unter fünf Prozent, vermutlich sind drei bis vier Prozent Umsatzrückgang realistisch”, sagte IFPI-Präsident John Kennedy bei der Musikmesse Midem in Cannes.

Dagegen hat sich der Verkauf digitaler Musik-Downloads im letzten Jahr fast verdoppelt: Weltweit steigen die Einnahmen laut IFPI-Jahresbericht zur digitalen Musik von 1,1 auf rund 2 Milliarden Dollar. Das sind etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes der Plattenindustrie. Doch das Wachstum digitaler Musik - sei es über das Internet oder Mobiltelefone - mache die sinkenden Verkaufszahlen bei CDs noch nicht wett, so John Kennedy. “Vielleicht schaffen wir es 2007, das zu ändern. Möglicherweise wird der zunehmende digitale Markt aber auch erst später die weiter schwindenden CD-Verkäufe auffangen können.“

Chinesische Piraterie

Ein Markt, der dabei helfen könnte, ist der asiatische. "Mäuse lieben Reis“ - dieser belanglos klingende Titel von Yang Chengang schaffte es in China angeblich auf 200 Millionen Downloads. Das Problem dabei: Die meisten Downloads sind illegal, so dass die Künstler nichts davon haben. Doch die Zahl demonstriert das Potential, das dahinter steckt.

Gary Chen ist Geschäftsführer von Orca Digital. Deren Server "top100.cn“ ist einer der ersten legalen Musik-Download-Provider in China - und mit einer Million Titeln einer der größten der Welt. Chen ist zuversichtlich, dass der Anteil legaler Musik im Internet schnell wächst. "Aber natürlich wird das nicht von alleine geschehen. Wir müssen uns alle gemeinsam darum bemühen: Plattenfirmen, Suchmaschinen, Gerätehersteller, Softwareanbieter oder Dienstleistungsgesellschaften wie top100“, sagte Chen gegenüber DW-WORLD.DE.

Doch Chens Zahlen beweisen, wie lang und steinig der Weg noch ist: "Während der legale Download bei einem Service wie unserem bei 10.000 bis 50.000 am Tag liegt, liegt die Zahl der illegalen Suchanfragen und Downloads bei einer einzigen der drei bis vier Haupt-Suchmaschinen in China jeden Tag bei 30 Millionen - das sind 10 Milliarden pro Jahr.“

Buhmann Yahoo

Einen ersten Schritt in Richtung Legalität hat die chinesische Regierung unternommen. Die vier von ihr kontrollierten Telekommunikationsunternehmen - China Mobile und China Unicom im Mobilsektor, China Telecom und China Netcom im Breitbandsektor - würden nur noch legale Musik- oder Service-Provider anbieten, so Chen.

Das sehe bei Suchmaschinen oder Internetprovidern wie Yahoo anders aus: "Yahoo ist ein internationales, im Nasdaq notiertes Unternehmen, das aber trotzdem illegale Downloads unterstützt, ohne die Erlöse mit Plattenfirmen und Künstlern zu teilen. Das ist schrecklich und ein schlechtes Vorbild.“

Chen ermutigt alle Labels und Musiker der Welt, ihre Musik so bald wie möglich über legale Musikservices in China anzubieten - und sich gegenseitig dabei zu helfen, einen legalen Musikmarkt aufzubauen. Das würde sich lohnen, so Chen: "Wir haben in China rund 420 Millionen Handy-Nutzer und 120 Millionen mit Breitband-Internetzugang - also 540 Millionen potentielle Abnehmer für digitale Musik.“