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Asselborn: "Die EU kann auseinanderbrechen"

9. November 2015

Europa ist in Gefahr. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnt angesichts der Flüchtlingskrise vor einem Zerfall der Europäischen Union und der Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen den EU-Staaten.

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Luxemburg Jean Asselborn Außenminister
Bild: picture-alliance/dpa/J. Warnand

Im Interview mit der Deutschen Presseagentur zeichnet Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ein dramatisches Zukunftsszenario. "Die Europäische Union kann auseinanderbrechen. Das kann unheimlich schnell gehen, wenn Abschottung statt Solidarität nach innen wie nach außen die Regel wird". Auch das Schengen-Abkommen sieht der Minister bedroht. Seit der Unterzeichnung des Vertrages im Jahr 1985 haben 26 europäische Länder ihre Grenzkontrollen abgeschafft. Deutschland und die meisten EU-Länder hätten verstanden, dass die Genfer Flüchtlingskonvention gelte, sagte Asselborn, dessen Land derzeit turnusgemäß den Ratsvorsitz der EU führt. In der EU seien aber auch "einige dabei, die haben wirklich die Werte der Europäischen Union, was ja nicht nur materielle Werte sind, nicht richtig verinnerlicht".

"Falscher Nationalismus kann zu Krieg führen"

Auch die fehlende humane Gesinnung mancher Politiker bereitet Asselborn Sorgen: "Falscher Nationalismus kann zu einem richtigen Krieg führen." Es gebe Politiker und Parteien, die das Thema Migration bewusst ausschlachteten, um Ängste zu schüren.

Wie schwer sich die EU im Umgang mit der Flüchtlingskrise tut, zeigt sich bei der extrem schleppend verlaufenden Umverteilung bereits eingereister Asylbewerber in Europa. Die beschäftigt an diesem Montag erneut die EU-Innenminister. Bei ihrem Sondertreffen in Brüssel geht es um neue Zusagen und die Umsetzung von Beschlüssen, die schon vor mehr als sechs Wochen gemacht wurden.

Flüchtlinge aufnehmen gegen Geld

Von den 160.000 Flüchtlingen, die bislang für eine Umverteilung innerhalb Europas vorgesehen waren, sind kaum mehr als 130 von anderen EU-Staaten aufgenommen worden. Bislang aufnahmebereite Länder wie Schweden stoßen inzwischen an ihre Grenzen und bitten um Entlastung. Um die Motivation widerwilliger Staaten zu erhöhen, plädierte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz in einem ARD-Interview für finanzielle und personelle Hilfsangebote. Dann sei der eine oder andere möglicherweise noch bereit, mitzumachen.

Bei dem Treffen der Innenminister wird auch die stockende Finanzierung der EU-Hilfsfonds für Afrika und Syrien sowie für humanitäre Hilfe zur Sprache kommen. Die EU-Staaten hatten Milliardensummen in Aussicht gestellt, allerdings bleiben auch hier die Zusagen weit dahinter zurück. Ein weiteres Thema ist die Kooperation mit der Türkei als wichtigstem Transitland in der Flüchtlingsfrage.

Flüchtlingsströme nehmen wieder zu

Unterdessen zeichnet sich wieder eine Zunahme der Flüchtlingsströme ab. Hintergrund ist das Ende des Fährenstreiks in Griechenland. So müssen sich die Staaten entlang der sogenannten Balkanroute auf einen noch größeren Andrang von Flüchtlingen einstellen. Im Athener Hafen Piräus trafen allein am Sonntag deutlich mehr als 10.000 Menschen ein, die innerhalb der nächsten Tage weiterreisen werden. Außerdem setzen wegen des guten Wetters laut griechischen Medien täglich zahlreiche Schlauchboote von der Türkei zu den griechischen Inseln über.

bri/kle (dpa, ard