Der schiefe Turm von Pisa
DaF-Verbände weltweit

Italienischer Germanistenverband

Der italienische Germanistenverband vertritt mit seinen rund 300 Mitgliedern einen Großteil der Germanisten im Land. Da immer mehr Italiener Deutsch lernen wollen, wachsen auch die Herausforderungen für den Verband.

Stefan Nienhaus erreichen wir in Berlin, wo er sich gerade zur Literaturrecherche aufhält. Der ehemalige Schatzmeister des italienischen Germanistenverbands war von 2013 bis 2016 im Vorstand. Der gebürtige Kölner lebt bereits seit 30 Jahren in Italien und ist dort als Professor für deutsche Literatur tätig.

Deutsche Welle: Herr Nienhaus, der italienische Germanistenverband vertritt auch die Deutschlehrer an Schulen, obwohl es nicht zu seinen eigentlichen Aufgaben gehört. Wieso?

Stefan Nienhaus: Genau. Es gibt in Italien eigentlich keine wirkliche Vertretung für die Deutschlehrer. Wir versuchen deswegen, die Deutschlehrer sowohl im internationalen Germanistenverband als auch gegenüber dem Ministerium mitzuvertreten.

Woran liegt das, dass es keine funktionierende Interessenvertretung für Deutschlehrer gibt in Italien? Gibt es so wenige Deutschlehrer?

Nein, im Gegenteil, es gibt sogar ziemlich viele Deutschlehrer in Italien. Aber die Situation ist sehr schwierig. Ich denke, dass die Lehrer oft tatsächlich so viel damit zu tun haben, ihren Alltag zu bewältigen, dass sie keine Kraft und Energie mehr haben, dann noch einen Verband am Leben zu halten.

Jetzt ist Italienisch ja bekannt dafür, dass es eine sehr leidenschaftliche Sprache ist. Abgesehen vom Norden Italiens, wo ein Teil ja auch Deutsch spricht wie kommt man als Italiener auf die Idee, Deutsch zu lernen?

In den vergangenen Jahren boomt die Nachfrage nach Deutsch regelrecht. Das ist, glaube ich, nicht nur eine italienische Situation. Die meisten wollen einfach die Sprache lernen, weil sie glauben, dass sie damit in der Zukunft mehr Chancen haben, eine Arbeitsstelle zu bekommen, sowohl in Italien als auch im deutschsprachigen Ausland.

Als Verband finden Sie es wahrscheinlich super, wenn mehr Leute Deutsch lernen wollen. Aber welche Herausforderungen bringt das mit sich?

Die Universitäten sind mit dieser Situation im Wesentlichen überfordert. In Italien herrscht seit zehn Jahren eine Politik der Streichungen. Das heißt, Gelder und Stellen werden immer weniger. Das trifft uns jetzt natürlich in einer Situation, wo die Anforderungen viel höher sind, besonders. Die Zahlen sind immens gestiegen. Deutsch ist inzwischen an fast allen Universitäten Italiens hinter Englisch die zweite Sprache mit Spanisch.

Und was machen Sie dann als Verband in dieser Situation?

Wir kämpfen um die Stellen und versuchen auch, mehr zu bekommen.

Also legen Sie großen Wert auf Lobbyarbeit. Würden Sie das auch als die wichtigste Tätigkeit Ihres Verbandes ansehen?

Italien Deutschlehrerverband
Der ehemalige Vorstand des italienischen Germanistenverbandsnull Privat

Das ist sicher sehr wichtig. Genauso wichtig ist aber auch die Nachwuchsförderung und genauso wichtig ist es, dass wir wissenschaftliche Projekte vorstellen und dass wir den Austausch unter den Mitgliedern gewährleisten.

Wie fördern Sie diesen Austausch?

Jeden Monat gibt es ein sogenanntes „Notiziario“. Alle Projekte, aber auch die Publikationen von Kollegen werden da präsentiert. Damit sind wir vor allem auch so was wie eine Kommunikationsbörse für die Germanistik.

Und wenn Sie mal einen Blick in die Zukunft werfen müssten, welche Pläne haben Sie da als Verband?

Unser neuestes und sehr wichtiges Projekt ist zurzeit die Südeuropa-Gruppe. 2013 haben wir uns mit Kollegen aus Griechenland, Spanien und Portugal zusammengesetzt und darüber gesprochen, dass wir eigentlich dieselben Probleme haben und auch durch die mediterrane Bezugskultur viel gemeinsam haben. Deswegen haben wir dann 2014 in Griechenland die Südeuropa-Gruppe Germanistik gegründet. Mit dieser Gruppe wollen wir im nächsten Jahr eine wissenschaftliche Tagung in Neapel organisieren.
 

Die wichtigsten Infos in Kürze:

Der italienische Germanistenverband (Associazione Italiana di Germanistica, AIG) wurde 1998 von der Uni in Pisa gegründet. Der Verband hat rund 300 Mitglieder und vertritt damit einen Großteil der italienischen Germanisten. Zu den wichtigsten Veranstaltungen gehören die Kongresse und die jährliche Hauptversammlung. Alle drei Jahre organisiert der italienische Germanistenverband einen größeren wissenschaftlichen Kongress.
 

Vorstandsgremium:

  • Elena Agazzi (Präsident)
  • Gabriella Catalano (Vizepräsidentin)
  • Manuela Caterina Moroni(Internationales)
  • Raul Calzoni (Sekretariat)
  • Federica La Manna (Schatzmeister)
     

IDV-Kontaktperson:

Prof. Dr. Elena Agazzi; elena.agazzi @ unibg.it