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Auch Deutschland droht ein Klimachaos

Mathias Bölinger30. Oktober 2012

Heißer, nasser, stürmischer - das Wetter in Deutschland wird sich ändern. Dies hat große Folgen für den Katastrophenschutz und den Städtebau.

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Mädchen Mit Regenschirm (Bild: Fotolia)
Bild: Fotolia/George Mayer

Eine dramatischere Illustration als "Sandy" hätte es nicht geben können. Während der Sturm in den USA Verwüstungen anrichtet und Menschenleben fordert, sitzen in Berlin fünf Behördenvertreter und warnen vor Hitzetoten, Sturmschäden und Überschwemmungen. Das Wetter in Deutschland wird extremer, warnen sie. Das bedeutet: Bis zum Ende des Jahrhunderts werden sich die Sommertage von derzeit 40 auf 80 im Schnitt verdoppeln. Etwa doppelt so oft wie heute wird es schwere Regenfälle geben, was dann wahrscheinlich zu Überschwemmungen führt.

Deutschland könnte zudem häufiger Opfer verheerender Stürme werden. Ein Sturm von Windstärke 12 oder stärker tritt gegenwärtig etwa alle 25 Jahre auf. In Zukunft könnten es alle fünf Jahre zu einem solchen Wetterextrem kommen. Ganz so schlimm wie derzeit in den USA wird es allerdings nicht werden: "Ein Ereignis wie Sandy ist in Deutschland nicht denkbar", sagt Christoph Unger vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.

Fortschritte beim Katastrophenschutz

Eine Arbeitsgruppe verschiedener Bundesbehörden und Organisationen in Deutschland, vom Deutschen Wetterdienst über das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bis zum Technischen Hilfswerk, hat untersucht, wie gut Deutschland auf den Klimawandel vorbereitet ist. Die Antwort: unterschiedlich.

"Wir haben in Deutschland ein funktionierendes System der Gefahrenabwehr", sagt Unger. Fortschritte habe es vor allem nach 2002 gegeben. Damals hatte die so genannte "Oderflut" in Ostdeutschland große Schäden angerichtet, die Behörden waren der Herausforderung kaum gewachsen. Insbesondere die Zusammenarbeit von Bund und Ländern hatte schlecht funktioniert. Inzwischen sei man da weiter, so Unger. "Aber wir müssen ständig daran arbeiten." So gebe es zwar beispielsweise ein landesweites Warnsystem für den Fall, dass Deutschland militärisch angegriffen wird. Kommt aber eine Naturkatastrophe auf eine bestimmte Region zu, gebe es keinen vergleichbaren Mechanismus.

Forscher: Sandy bleibt kein Einzelfall

Schlecht sei auch die Bevölkerung auf Naturkatastrophen vorbereitet, räumt Unger ein. Seine Behörde gebe zwar Flugblätter heraus, auf denen steht, was man für den Fall eines mehrtägigen Stromausfalls unbedingt zu Hause haben sollte. Allerdings würden diese kaum gelesen. "Da waren wir bisher nicht so erfolgreich."

Mediterranere Städte

Doch nicht nur beim Katastrophenschutz wird Deutschland sich auf neue Bedingungen einstellen müssen. Auch die Stadtplanung wird in Zukunft andere Prioritäten setzen müssen, glaubt Harald Herrmann vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung. Die deutschen Städte müssten angesichts steigender Temperaturen mediterraner werden. Das bedeute mehr schattenbietende Architektur mit Arkaden und Loggien, aber auch mehr Parks und unbebaute Flächen, die Regenwasser speichern können.

Auf Starkregen müssten sich die Städte anders vorbereiten und beispielsweise nicht mehr so nah an Flüssen bauen. So könnten Schäden durch Hochwasser von vornherein vermieden werden. Außerdem gab Herrmann zu bedenken, dass wo kein Keller ist, auch kein Keller vollaufen könne.

Ob diese Vorgaben umgesetzt werden können, ist eine andere Frage. "Wir haben in den Kommunen noch nicht das Bewusstsein, dass sie sich anpassen müssen", sagt Kora Kristof vom Umweltbundesamt. Nur einige Städte hätten bisher Programme zum klimafreundlichen Umbau aufgelegt. Etwa Düsseldorf, dass Hausbesitzern, die ihr Dach begrünen, Rabatte auf Abwassergebühren gewährt - denn grüne Dächer speichern Regenwasser und entlasten die Kanalisation. Ein Hauptproblem sei, dass viele Gemeinden in Deutschland finanziell schlecht dastehen. Die eine oder andere gute Idee scheitere da oft schon am Budget - und am Budgetrecht. Bei Ausschreibungen von Bauprojekten etwa müssten die Kommunen bisher das günstigste Angebot annehmen, sagt Kristof - unabhängig davon, wie hoch die Folgekosten sind.