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„Auch in etablierten Demokratien“ für Pressefreiheit kämpfen

Berthold Stevens
3. Juli 2017

DW-Intendant Peter Limbourg hat in Bonn den Freedom of Speech Award an Jeff Mason, Präsident der White House Correspondents‘ Association (WHCA), überreicht. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagte Limbourg.

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Freedom of Speech Award: Peter Limbourg, Jeff Mason, Monika Grütters and Gregor Mayntz
Freedom of Speech Award 2017: (v. l.) Peter Limbourg, Jeff Mason, Monika Grütters und Gregor MayntzBild: DW/K. Danetzki

DW Award for White House Correspondents

Der Preis sei eine große Ehre, erwiderte Mason, aber man habe die Auszeichnung „weder angestrebt noch erwartet“. Die Laudatio hielt Gregor Mayntz, Vorsitzender der Bundespressekonferenz. Zur Preisverleihung auf dem Global Media Forum am Montagabend (19. Juni) in Bonn sprach zudem Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Unter den Gästen war auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. 

„Wir verstehen diese Auszeichnung als Anerkennung für die Freie Presse weltweit und in den USA – und als Ermutigung und Zeichen der Solidarität für die Kollegen, die die spannende Aufgabe haben, über den US-Präsidenten und seine Politik zu berichten“, sagte Peter Limbourg und betonte: „Wir sehen uns nicht als Besserwisser. Und ich hoffe sehr, dass Donald Trump nicht dazu dient, Antiamerikanismus zu schüren.“

Der US-amerikanische Journalismus erlebe „eine wilde Zeit“. Limbourg: „Der Präsident benimmt sich wie ein beleidigter König und erklärt die Medien, die ihm nicht passen, zu Volksfeinden.“ Langfristig untergrabe dies das Vertrauen in den freien Journalismus und das sei gefährlich für die Demokratie.
„Deswegen wollten wir ein Zeichen setzen und zeichnen heute die White House Correspondents‘ Association mit dem Freedom of Speech Award aus“, so der DW-Intendant. „Die USA sind eine großartige Nation mit großartigen Menschen, mit inspirierenden Künstlern, Wissenschaftlern und eben Journalisten. Darum geht es uns heute.“

Jeff Mason: „Herausforderungen dramatisch gestiegen“

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Intendant Peter Limbourg (l.) und Preisträger Jeff MasonBild: DW/K. Danetzki

Der Freedom of Speech Award sei eine Auszeichnung, die man „weder angestrebt noch erwartet“ habe, sagte WHCA-Chef Jeff Mason in seiner Dankesrede. Mason, der seit Juli 2016 an der Spitze der Vereinigung steht, berichtete, dass die Herausforderungen seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten „dramatisch gestiegen“ seien. Trump habe im Wahlkampf „offen seine Verachtung für die Presse gezeigt, ihm unliebsame Journalisten ausgeschlossen“, sagte Mason. Die WHCA habe gleichwohl versucht, „ein konstruktives Verhältnis“ zur neuen Administration aufzubauen.

Seit Anfang des Jahres habe es Höhen und Tiefen gegeben in diesem Verhältnis. „Derzeit sei der Zugang für Journalisten recht gut“, sagte Mason. Das werde mitunter übersehen „in der Hitze der Auseinandersetzungen“.  

Er habe in den vergangenen Monaten vor allem eines gelernt: „Wir können die Pressefreiheit und die Gesetze, die sie garantieren, niemals als selbstverständlich nehmen. Wir müssen wachsam bleiben gegen jedweden Versuch, sie einzuschränken, und gegen Versuche, die wichtige Arbeit von Journalisten zu untergraben“, so Mason. Wenn die Entscheidung der DW, die WHCA auszuzeichnen, zum Ausdruck bringen solle, dass „auch in etablierten Demokratien für die Rechte von Journalisten gekämpft werden muss, nehmen wir den Preis in diesem Sinne gern an“, sagte Mason. 

Mason sagte, es sei „eine Ehre für die WHCA, den Freedom of Speech Award der DW zu erhalten, umso mehr angesichts der bisherigen Preisträger“. 2015 ging der Preis an den in Saudi-Arabien inhaftierten Blogger Raif Badawi, 2016 an den türkischen Journalisten Sedat Ergin. 

Gregor Mayntz: „Make freedom of the press great again“

Laudator Gregor Mayntz, Vorsitzender der Bundespressekonferenz, skizzierte einen Zehn-Punkte-Plan. Ein Rahmen journalistischer Grundsätze, um sich der neuen Gefahren für die Pressefreiheit zu erwehren. Um der White House Correspondents‘ Association zu bescheinigen: „Sie erfüllen die Herausforderungen in allen zehn Punkten. Deshalb erhalten Sie zu Recht den Freedom of Speech Award 2017.“

Music: Joy Denalane (Singer/Songwriter, Germany)
Joy Denalane sang zur Preisverleihung Bild: DW/K. Danetzki

Mayntz forderte unter anderem, Journalisten sollten stets ihre professionellen Grundsätze wahren – etwa beim Faktencheck. Werde Druck ausgeübt, sollten sie dies öffentlich machen. Wenn Journalisten selbst Fehler machten, sollten sie dies eingestehen. Mayntz: „Machen Sie sich unangreifbar.“ Es gelte, zusammenzustehen und nie aufzugeben, denn Herausforderungen für Demokratie und Pressefreiheit – beispielsweise Populismus – seien nicht auf ein Land begrenzt.    

Den US-Journalisten von der WHCA attestierte er Punkt für Punkt, dass sie diese Standards umfassend und vorbildlich erfüllten. In der Berichterstattung über die Konflikte zwischen US-Medien und US-Administration habe die WHCA beharrlich darauf verwiesen, dass „die Pressefreiheit von der Verfassung garantiert“ werde. Die Faktentreue und Standhaftigkeit werde auch in zahlreichen Statements deutlich. So sei für Jeff Mason klar, für „alternative Fakten“ gebe es keinen Platz – und: „Wir sind im Weißen Haus. Und wir werden hier bleiben“, zitierte Mayntz den WHCA-Präsidenten. Deshalb sei er sich sicher: „America is the first place to make freedom of the press great again!“

DW Award for White House Correspondents

Monika Grütters: „Journalistische Vielfalt ist stärker als populistische Einfalt“

Kulturstaatsministerin Monika Grütters zog den Vergleich zu Film und Theater: „Außergewöhnliche Auftritte, bizarre Szenen und bemerkenswerte Inszenierungen“ gebe es mittlerweile leider nicht nur im Kino und auf der Bühne, sondern auch  „in den Amtsstuben einer altehrwürdigen Demokratie“. Schauspieler hätten, „was die Präsentation ‚alternativer Fakten‘ betrifft, mächtige Konkurrenz bekommen – und Journalisten, verunglimpft als ‚Feinde des Volkes‘, sehen sich mit einer Kriegserklärung konfrontiert“, so Monika Grütters in Bonn.

„Umso mehr sollten wir zu schätzen wissen, was guten Journalismus auszeichnet.“ Die Deutsche Welle biete „dem Qualitätsjournalismus nicht nur eine Heimat, sondern mit dem Global Media Forum und der Verleihung des Freedom of Speech Award auch eine Bühne“. 

Dass auf dieser Bühne in diesem Jahr die White House Correspondents‘ Association eine Hauptrolle spiele, so Grütters, sei nicht nur eine „hochverdiente Anerkennung“ für Journalistinnen und Journalisten, die sich „weder einschüchtern noch korrumpieren lassen“. Sie sei auch Ausdruck der festen Überzeugung, dass eine „Demokratie gegen autoritäre und totalitäre Anwandlungen gewappnet“ sei, solange die Meinungsfreiheit zuverlässig funktioniere. 

Winner of the Deutsche Welle Freedom of Speech Award 2017: White House Correspondents' Association; Award accepted by Jeff Mason (President, White House Correspondents' Association, USA)
Jeff Mason (r.) mit Vorjahrespreisträger Sedat ErginBild: DW/K. Danetzki

Dass politisch unerwünschte Meinungen in vielen Ländern unterdrückt würden und dass Politiker sich mit ideologischen Kampfbegriffen wie „Lügenpresse“ munitionierten, um Misstrauen zu schüren gegen unabhängige Berichterstattung, sei „ebenso entlarvend wie Besorgnis erregend“, sagte die Staatsministerin. „Es ist das Eingeständnis, dass journalistische Vielfalt stärker ist als populistische Einfalt.“

Grütters: „Deshalb dürfen wir nicht stumm und tatenlos zusehen, wenn enge Partner in und außerhalb der Europäischen Union reihenweise Journalisten, Künstler und Oppositionelle verhaften und mit Einschränkungen der Pressefreiheit die Totenglocke für die Demokratie läuten.“ Daher setze sich die Bundesregierung auf allen diplomatischen Ebenen auch für die Freilassung von Deniz Yüzel und anderer inhaftierter Journalisten ein.

Das Global Media Forum setze Impulse für die Auseinandersetzung mit der Zukunft des Journalismus und der Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter. Grütters: „Nur die Vielfalt der Meinungen und Perspektiven verhilft der Wahrheit zur Geltung.“