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Pressefreiheit

Kay-Alexander Scholz3. Mai 2012

Pressefreiheit gehört zu den grundlegenden Menschenrechten – dennoch ist sie ein Privileg. Vier von fünf Menschen weltweit leben mit Einschränkungen in ihren Ländern. Auch in Europa gibt es Grund zur Klage.

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Symbolbild Pressefreiheit (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Der ehemalige Leiter des Medienprogramms Südosteuropa der Konrad-Adenauer-Stiftung, Matthias Barner, erinnerte bei einer Diskussionsveranstaltung vor dem Tag der Pressefreiheit am Donnerstag (03.05.2012) in Berlin an die kritische Situation für Journalisten in den EU-Mitgliedsländern Ungarn, Rumänien und Bulgarien. "Die Medien in diesen Ländern sind zwar frei, aber nicht wirklich unabhängig", sagte Matthias Barner. "Zwar herrscht keine Zensur mehr wie noch vor 20 Jahren. Aber es gibt politischen Druck und unternehmerischen von Oligarchen." In vielen Ländern dieser Region habe es keinen wirklichen Wechsel der Eliten seit dem Ende der Sowjetunion gegeben. Ehemalige Parteifunktionäre wären ins Unternehmerlager gewechselt. "Davon sind viele Medienunternehmen nicht verschont geblieben - und diese Seilschaften wirken bis heute."

Kritische Situation in Frankreich

Aber auch in Westeuropa muss Pressefreiheit immer wieder neu erkämpft werden. Vor zehn Jahren lag Frankreich auf Platz elf der Rangliste der Pressefreiheit, die jährlich von "Reporter ohne Grenzen" veröffentlicht wird. Nun ist es auf den 43. abgerutscht. Pascal Thibaut, Deutschland-Korrespondent von Radio France International, begründet die schlechter gewordene Lage auch mit der Politik von Nicolas Sarkozy.

"Anders als seine Amtsvorgänger schreckte Sarkozy nicht davor zurück, gegen Medien und gewisse Berichte vor Gericht zu ziehen, die für ihn nicht von Vorteil waren", berichtete Pascal Thibaut. "Es gab auch Durchsuchungen von Wohnungen oder Redaktionen, um herauszubekommen, aus welchen Quellen die Journalisten ihre Informationen bekommen haben." Zudem hätte es teilweise "drastische verbale Äußerungen aus dem Regierungslager" gegeben - wie zum Beispiel jüngst gegen die unabhängige Internetplattform "Mediapart". Diese hatte neue Enthüllungen über die angebliche Finanzierung des Wahlkampfes von Sarkozy im Jahr 2007 mit Geldern aus Libyen herausgebracht.

Arbeit für Journalisten bleibt gefährlich

Hoffen auf das Internet

Ein weiteres Problem, das bei der Diskussionsveranstaltung deutlich wurde: Viele Medienunternehmer leiden unter den Folgen der Finanz- und Eurokrise. Um wirtschaftlichem und politischem Druck zu entgehen, hätten deshalb - ähnlich wie in Frankreich - auch in Ungarn viele Journalisten den Weg ins Internet beschritten, sagte Karloy Vörös, der ehemalige Chefredakteur der ungarischen Zeitung "Nepszabadsag".

"Alternative Öffentlichkeit heißt das in Ungarn, schon 200 solcher Internetplattformen existieren im ganzen Land", berichtete Karloy Vörös. Die beiden größten von ihnen seien ganz ohne Print-Hintergrund entstanden und hätten inzwischen eine sehr hohe Reichweite. "Die Hoffnung der Journalisten in Ungarn ist das Internet", so Karloy Vörös.

Pressefreiheit ist Ländersache

Was die Politik tun kann, um Pressefreiheit zu fördern, wurde der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, gefragt. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es, obwohl Pressefreiheit der Kern der Europäischen Union ist, keine originäre gesetzgeberische Zuständigkeit für den Pressebereich in der EU gibt", bemängelte der FDP-Politiker. Deshalb sei es für das EU-Parlament schwer, direkt auf seine Mitgliedsländer einzuwirken. Er vermisse aber auch den "offenen, vernünftigen politischen Diskurs in der EU", wie es ihn inzwischen beispielsweise bei der Haushaltskonsolidierung gebe. "Da redet jeder beim anderen rein und keiner fühlt sich beleidigt. Aber machen sie das mal bei Menschenrechtsfragen wie der Pressefreiheit, da sind wir total empfindlich untereinander."

Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung (Foto: DW / Aleksandr Savizki)
Markus Löning, Menschenrechtsbeauftragter der BundesregierungBild: DW

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass europaweit mehr in die professionelle Ausbildung von Journalisten investiert werden müsse. In vielen Balkan-Staaten gebe es gar keine Volontariate oder Journalistenschulen, sagte Matthias Barner von der Konrad-Adenauer-Stiftung. Stephan Ruß-Mohl vom European Journalism Observatory im schweizerischen Lugano appellierte an die Journalisten, mehr und regelmäßiger über Missstände in der Medienlandschaft Europas zu berichten, sonst sei von Pressefreiheit in Europa eines Tages womöglich nicht mehr viel übrig.