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Auch türkisches Rettungsflugzeug attackiert

25. Juni 2012

Nach neuen Angaben aus Ankara hat die syrische Luftwaffe nicht ein, sondern zwei türkische Flugzeuge beschossen. Bei dem zweiten Flieger soll es sich um ein Rettungsflugzeug handeln, das dem ersten zu Hilfe geeilt war.

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Kampf-Jet F-4 Phantom der türkischen Luftwaffe (rtr)
Bild: REUTERS

“Das Flugzeug wurde während einer Such- und Rettungsoperation beschossen und gezwungen zu seiner Basisstation zurückzukehren”, heißt es aus dem türkischen Außenministerium. Die syrischen Truppen hätten den Beschuss aber eingestellt, als klar geworden sei, dass es sich um eine Rettungsaktion für die zwei vermissten Piloten gehandelt habe.

Zwei türkische Piloten vermisst

Das Rettungsflugzeug vom Typ Casa sei herbeigeeilt, nachdem die syrischen Streitkräfte am Freitag einen türkischen Kampfjet des Typs F-4 Phantom abgeschossen hatten. Das sagte der stellvertretende türkische Ministerpräsident Bülent Arinc in Ankara. Ob das Rettungsflugzeug getroffen wurde, dazu äußerte sich Arinc nicht. Die Türkei vermisst seither zwei Piloten, von denen sie nicht weiß, ob sie möglicherweise in Syrien festgehalten werden. Man wolle die Suche nach den Piloten fortsetzen und den Suchbereich ausweiten.

Kein Vergeltungsschlag geplant

Die Regierung in Ankara bemüht sich nach dem Vorfall offenbar um eine Deeskalation. Wegen des Zwischenfalls werde man keinen Krieg führen, sagte Arinc nach einer siebenstündigen Kabinettssitzung. "Was immer getan werden muss, wird mit Sicherheit innerhalb des Rahmens des internationalen Rechts getan werden", so Arinc.

Türkische Kriegsflugzeuge in der Luft
Die Türkei will keinen Krieg gegen SyrienBild: AP

Syrien erklärt den Angriff auf das türkische Flugzeug damit, dass es sich im syrischen Luftraum befunden und damit die Staatssouveränität verletzt habe. Der Kampfjet sei in 100 Metern Höhe in syrisches Territorium geflogen. “Wir mussten sofort reagieren. Selbst wenn es ein syrisches Flugzeug gewesen wäre, hätten wir es abgeschossen“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Damaskus. Er warnte die NATO vor Vergeltungsmaßnahmen: Das syrische Territorium sei heilig. Nach Darstellung der Türkei hingegen schoss Syrien die Militärmaschine bei einem Routineflug im internationalen Luftraum ab. Allerdings hatte die Türkei auch eingeräumt, dass das Flugzeug zuvor in den syrischen Luftraum eingedrungen war.

Türkei: Kein Krieg wegen Flugzeugabschuss

Die Türkei hat bei der NATO wegen des Zwischenfalls eine Krisensitzung beantragt, weil das Bündnismitglied seine "territoriale Unversehrtheit, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit gefährdet", sieht, wie es in Artikel IV definiert wird. Am Dienstag trat deswegen der Nordatlantikrat des Militärbündnisses zu einer Sondersitzung in Brüssel zusammen.

NATO-Generalsekretär Rasmussen verurteilte den Abschuss des türkischen Jets durch die syrische Luftwaffe und nannte ihn "nicht hinnehmbar". "Die Alliierten haben ihre feste Unterstützung und Solidarität mit der Türkei zum Ausdruck gebracht", sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nach einer Krisensitzung des NATO-Rats am Dienstag in Brüssel. Rasmussen äußerte die Erwartung an Syrien, dass ein solcher Vorfall sich nicht noch einmal ereigne.

Beobachter hatten ohnehin nicht damit gerechnet, dass der Bündnisfall gemäß Artikel V in Kraft gesetzt werde, wonach ein Angriff auf ein NATO-Land als Angriff auf alle gewertet wird. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle verurteilte den Abschuss des türkischen Flugzeugs als unverhältnismäßig, warnte jedoch vor einem Stellvertreterkrieg: “Deeskalation sei jetzt das Gebot der Stunde“, so Westerwelle.

Sanktionen verschärft

Die Außenminister der Europäischen Union haben gegen Syrien bereits eine Reihe von Sanktionen verhängt: Das Außen- und das Verteidigungsministerium, eine Ölgesellschaft, eine Rundfunk- und Fernsehanstalt, eine Handelsbank, ein Büro von Präsident Baschar al-Assads Baath-Partei und eine Person aus der Führungriege wurden auf die Sanktionsliste gesetzt. Das bedeutet Vermögenssperren und ein Einreiseverbot in die EU. Seit Beginn des Konflikts in Syrien im März 2011 hat die EU mehr als 120 Personen und knapp 50 Firmen und Institutionen mit Strafmaßnahmen belegt.

Immer mehr syrische Soldaten desertieren

Derweil kehren immer mehr Angehörige der Armee von Präsident Baschar al-Assad den Rücken. Darunter sind nicht nur einfache Soldaten, sondern auch 13 Generäle. Insgesamt setzten sich fast 200 Syrer ab, wie der Privatsender CNN Türk berichtet. Auch ein Kampfpilot ist mit seiner Militärmaschine desertiert und ins Nachbarland Jordanien geflohen.

nem/det/sti/kle (afp, dapd, rtr)