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Auf Bachs Spuren: "Ich steh an Deiner Krippen hier"

Matthias Klaus19. Dezember 2012

Matthias Klaus arbeitet im Musikteam der Deutschen Welle und ist Experte für Pop-, Rock- und Weltmusik. Sein Lieblingsweihnachtslied allerdings kommt aus der Klassik.

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DW-Mitarbeiter Matthias Klaus (Foto: Suzanne Cords)
Bild: DW/S. Cords

Ich war als Kind ziemlich oft in der Kirche. Eigentlich jede Woche und eigentlich, wie das so ist, wollten wir Kinder das nie. Doch Weihnachten war anders. Da ging man natürlich gerne hin, denn hinterher gab es Geschenke. Die Kirche war sozusagen die Eintrittskarte für Weihnachten.

Und man muss sagen, die Katholiken haben bei der Messe schon was geboten: Streichquartette, Bläserensembles, Chöre und manchmal sogar ein ganzes Orchester. Das spielte dann zum Beispiel Bachs "Weihnachtsoratorium". Musik, die ich aus der Schule kannte. Wie gesagt: Jeden Sonntag in die Kirche gehen zu müssen, war unbeliebt. Aber Bach, der Mann, der diese wuchtigen Orgelwerke komponiert hat, war für mich schon als Kind beeindruckend. Von ihm stammt die Melodie, oder sollte man besser sagen, die zwei Melodien zu meinem Weihnachtslied.

Da gab es einmal einen Choral, der Teil des Weihnachtsoratoriums ist und der auf Martin Luther zurückgeht. Und dann komponierte Bach noch eine Version in Moll, die völlig anders wirkt und um die es hier geht: "Ich steh an Deiner Krippen hier". Eigentlich war das alles nichts für Katholiken, denn Paul Gerhard, der Texter des Liedes, war Protestant, und die ökumenische Bewegung war zumindest in der Kirche in Hannover, die wir Anfang der 70er Jahre besuchten, gerade erst im Entstehen.

Ich kann mich noch erinnern, dass das Lied bei der Generation meiner Eltern überhaupt nicht beliebt war. Als es 1975 mit einigen anderen im neuen katholischen Gesangbuch, dem "Gotteslob" auftauchte, gehörte es für sie noch zu den "komischen evangelischen Weihnachtsliedern", die mit "Stille Nacht" und "Oh du Fröhliche" nicht mithalten konnten. Nun gut, fröhlich klingt das Lied wirklich nicht. Der Text handelt von der Erlösung aus Trübsal und Trauer, aber eben von der Erlösung, und die Schönheit der Melodie ist einmalig.

Als ich dieses Lied vor kurzem in einer a cappella-Version des Ensembles Maybebop wiederfand, einer Gruppe, die übrigens wie ich aus Hannover stammt - vielleicht waren wir ja Anfang der 70er in der selben Kirche -, war mir klar: "Ich steh an Deiner Krippen hier" ist mein Weihnachtslied.