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Aufarbeitung oder weiter wie bisher?

Tom Mustroph25. September 2013

36 Medaillen werden bei der Straßen-Rad WM vergeben. Die spannendste Auseinandersetzung dürfte aber die Wahl des neuen UCI-Präsidenten werden. Eine Richtungsentscheidung und ein Kampf mit Haken und Ösen.

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Pat McQuaid und Brian Cookson (Foto: Getty Images)
Pat McQuaid (l.) und sein Herausforderer Brian CooksonBild: Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

Vor der Wahl des neuen UCI-Präsidenten an diesem Freitag (27.09.2013) sind beide Kandidaten siegessicher. "Ich habe Unterstützung aus allen fünf Kontinenten und bin sehr sicher, für weitere vier Jahre gewählt zu werden", sagt der amtierende Präsident des Radsport-Weltverbandes UCI, Pat McQuaid. Sein Herausforderer Brian Cookson ist von seinem Erfolg ebenfalls überzeugt. Der Präsident des britischen Radsportverbands (British Cycling), seit 2009 Mitglied des Management-Komitees der UCI, rechnet mit "einer überzeugenden Mehrheit für mich". Das sagte er nach einer Abstimmung beim Europäischen Radsportverband, bei der sich 27 von 37 Vertretern für ihn aussprachen. Angesichts der großen europäischen Radsporttradition hat dieses Votum Gewicht und ist ein deutliches Signal für die wachsende Unzufriedenheit mit dem aktuellen Präsidenten McQuaid.

Vertuschen gegen Spende?

Der Ire geriet vor allem durch seine Nachlässigkeiten im Kampf gegen Doping und seine undurchsichtigen Geschäfte mit Lance Armstrong unter Druck. So erhielt die UCI zeitnah zu einer auffälligen Dopingprobe Armstrongs bei der Tour de Suisse 2001 zwei Spenden von dem US-Amerikaner. Es dauerte fast ein Jahrzehnt, bis McQuaid diese Zahlungen zugab.

Lance Armstrong vor Logo der Tour de France (Foto: dpa-pa)
Dopingsünder und McQuaid-Protegé Lance ArmstrongBild: picture alliance/dpa

Belastendes Dossier

Ein Dossier, das von seinen Gegnern in der UCI in Umlauf gebracht wurde, bezichtigt ihn in weiteren Fällen der Korruption. So sollen er und sein Amtsvorgänger Hein Verbruggen im Sommer 2012 versucht haben, 250.000 Dollar vom Eigner eines Profi-Teams zu erpressen. Der soll das Ansinnen aber abgelehnt haben. Die Nichterteilung der Lizenz des russischen Katusha-Rennstalls Ende 2012 erscheint so in einem besonderen Licht: Das Dossier gegen McQuaid wurde vom russischen Erdgas- und Erdölunternehmer Igor Makarov zusammengestellt. Er ist der starke Mann hinter Katusha.

Im Makarov-Dossier wird McQuaid auch des Versuchs beschuldigt, den positiven Dopingtest von Alberto Contador im Jahre 2010 zu vertuschen. Ebenso soll er mit Lance Armstrong bei dessen Comeback einen Deal getroffen haben, der diesem einen Start bei der australischen Tour Down Under ermöglichte. Armstrong war laut Reglement nicht startberechtigt, weil er im Januar 2009 noch kein halbes Jahr im offiziellen Dopingtestpool der UCI war. Im Gegenzug für den Einsatz McQuaids soll sich Armstrong bereiterklärt haben, bei der Tour of Ireland ohne Gage anzutreten. Die Rundfahrt wurde einst von McQuaid aus der Taufe gehoben.

Rückhalt für McQuaid schwindet

Trotz seines jahrzehntelangen Engagements im irischen Radsport und der starken familiären Bastion dort bröckelte McQuaids Stellung selbst in der Heimat. Dabei sind viele enge Familienmitglieder, darunter Brüder, Söhne, Nichten und Neffen, als Manager, Funktionäre, Agenten und Athleten im Radsport aktiv. Der irische Radsportverband zog die Nominierung McQuaids als UCI-Präsidentschaftskandidat zurück. Damit gerät die Kandidatur McQuaids in Gefahr, der nun zunächst einmal zur Wahl überhaupt zugelassen werden muss. Eigentlich muss er von seinem Heimatverband ins Rennen geschickt werden, um an der Wahl teilnehmen zu dürfen. Der Versuch, über den Schweizer Verband eine Nominierung zu erhalten, scheiterte.

Mit Hilfe von beantragten Satzungsänderungen durch die Verbände von Barbados, Malaysia, Litauen und der Türkei hofft McQuaid, dennoch zur Präsidentenkür antreten zu dürfen. Das Ziel: Die Nominierung durch zwei fremde Verbände soll ausreichen, um zur Wahl zugelassen zu werden. Sollte dies gelingen, könnte McQuaid auf Unterstützung vor allem aus Asien und Afrika bauen. Dort wurden mit Hilfe der UCI Profirennen ins Leben gerufen. Bei der Tour of China und der Tour of Langkawi in Malaysia war McQuaid sogar Renndirektor. Asien und Afrika verfügen bei der Wahl über sechzehn Stimmen, Europa, das mehrheitlich hinter dem Engländer Cookson steht, kommt auf vierzehn. Zünglein an der Waage sind damit die neun Stimmen Amerikas und die drei aus Ozeanien. 22 von insgesamt 42 Stimmen reichen zur Mehrheit.

Pat McQuaid vor dem UCI-Logo (Foto: dpa)
Unterstützung für McQuaid aus Asien und AfrikaBild: picture-alliance/dpa

IOC-Sitz könnte verloren gehen

In ihren offiziellen Programmen unterscheiden sich die Kandidaten nur unwesentlich. Beide wollen nach eigenen Angaben den Radsport global verbreiten und den Frauenradsport unterstützen. Auch der Kampf gegen Doping ist beiden zumindest verbal ein Anliegen. Die Transparenz, die Cookson einfordert, findet sich freilich nicht im Wahlprogramm McQuaids. Cookson hat eine Wahrheitskommission angekündigt, die die Dimension des Dopings im Radsport in der Vergangenheit aufdecken soll. McQuaid torpedierte Anfang 2013 eine solche Kommission und machte sich damit unglaubwürdig.

Travis Tygart, Präsident der Anti-Doping-Agentur der USA, lobte Cookson als "die einzige Person aus der UCI-Spitze, die von sich aus der USADA Hilfe bei der Aufklärung angeboten hat". McQuaid versucht nun, mit einer PR-Kampagne die Rechtschaffenheit Cooksons in Zweifel zu ziehen. Schwerer könnte wiegen, dass mit einer Abwahl McQuaids der Radsport auch dessen Platz im Internationalen Olympischen Komitee (IOC) verlieren würde.

Rudolf Scharping, Präsident des deutschen Radsportverbandes BDR, der sich mit der Dopingaufklärung im deutschen Radsport sichtlich schwer tut, aber ein gewiefter Strippenzieher ist, wollte gegenüber der DW keine Präferenz für einen der Kandidaten zu erkennen geben. Auch das könnte ein Signal sein.