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Aufatmen nach Griechen-Wahl

Sabine Kinkartz17. Juni 2012

Das Wahlergebnis in Griechenland wurde international mit Erleichterung aufgenommen. Kanzlerin Merkel verschob in dieser prekären Lage am Wahlabend sogar ihren Abflug zum G20-Gipfel nach Mexiko.

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Hochrechnung des Wahlergbnisses der Griechenland-Wahl auf einem Bildschirm (Photo: rtr)
Bild: Reuters

Ein lauer Sommerabend, jede Menge Touristen und Scharen von lärmenden Fußballfans: Auf den ersten Blick spielte die Parlamentswahl in Griechenland an diesem Sonntagabend im Berliner Regierungsviertel keine Rolle. Hinter den Kulissen sah das aber ganz anders aus. Das EM-Spiel dürften zwar auch die Politiker mit einem Auge im Blick gehabt haben. Mit weitaus mehr Spannung wurde jedoch der Wahlausgang in Griechenland beobachtet. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte deswegen sogar ihren Flug nach Mexiko um ein paar Stunden aufgeschoben.

Nachdem das Wahlergebnis bekannt war, gratulierte Bundeskanzlerin Merkel dem Chef der konservativen Neuen Demokratie, Antonis Samaras. Dessen Partei wurde stärkste Kraft vor dem radikalen Linksbüdnis Syriza und der sozialistischen Pasok. In einem Telefonat mit Samaras äußerte Merkel die Erwartung, dass Griechenland seine europäischen Verpflichtungen einhalten werde.

Reformkurs soll fortgesetzt werden

Es sei nicht überraschend, dass die Entscheidung so knapp ausgefallen sei, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle nach dem Ende der Parlamentswahlen in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Das habe man vorher gewusst. "Entscheidend ist, dass Griechenland den Reformkurs fortsetzt. Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt, wir wollen, dass Griechenland auch weiterhin zu Europa gehören will. Aber Griechenland entscheidet selbst über den eigenen Weg, man kann niemanden halten, der gehen will."

Es könne nicht alles wieder infrage gestellt oder sogar für null und nichtig erklärt werden, was gegenseitig vereinbart worden sei. "Substanzielle Änderung an den Abkommen kann es nicht geben", so Westerwelle. Ähnlich hatte sich am Samstag bereits Bundeskanzlerin Merkel geäußert. Auf einem Parteitag der Hessen-CDU in Darmstadt sagte die Parteichefin, es gehe nicht an, dass sich die vertragstreuen EU-Staaten von den anderen "mit dem Nasenring durch die Manege ziehen" lassen müssten.

Zeitplan verhandelbar

In einem Punkt signalisiert die Bundesregierung der neu zu bildenden Regierung in Athen allerdings Entgegenkommen. Er könne sich vorstellen, dass noch einmal über den Zeitplan geredet werde, sagte Bundesaußenminister Westerwelle. Schließlich habe in den vergangenen Wochen in Griechenland politischer Stillstand geherrscht. Doch auch wenn die Reformen zeitlich gestreckt würden, führe grundsätzlich kein Weg an ihnen vorbei. "Wenn wir den Griechen sagen, egal was ihr vereinbart habt, das zählt nicht mehr, dann würden wir ja auch ein Problem mit all den anderen europäischen Ländern bekommen, die fleißig und beharrlich ihre Reformpolitik umsetzen."

Über eine Neubewertung der Zeitachse hatte vor den Wahlen schon SPD-Parteichef Sigmar Gabriel laut nachgedacht. "Wir müssen hoffen, dass eine stabile Regierung kommt, die sagt, von mir aus, wir wollen mit euch über Zeiträume reden, aber die nicht die Substanz der Verträge infrage stellt."

Vor Letzterem warnt auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Meister. "Die wie auch immer zusammengesetzte neue griechische Regierung muss die Frage beantworten, ob sie zu den Sparvereinbarungen für die Finanzhilfen steht", sagte der CDU-Politiker der Tageszeitung "Rheinischen Post". Davon hänge ab, ob es weitere Zahlungen aus den bestehenden Hilfspaketen gebe. "Wenn die Griechen glauben, darauf verzichten zu können, dann bin ich sehr gespannt, wie sie im Euro bleiben wollen", sagte Meister.

Auch mal "Danke" sagen

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hofft ebenfalls, dass Griechenland den Sparkurs fortsetzen wird. Eine Regierung, die Vertragsgrundlagen außer Kraft setze, nehme das Risiko in Kauf, dass die anderen Staaten ihre Zahlungen einstellen würden. Die rund 130 Milliarden Euro an Hilfen habe man Griechenland nicht gegeben, um das Land zu quälen, sondern ihm zu helfen, sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin".

Die Wahl in Griechenland wird von der Politik mit großer Spannung verfolgt, weil sie mit über die Zukunft des Euro entscheidet. Er fürchte, so sagte Bundesaußenminister Westerwelle, dass den Euro-Ländern nicht mehr viel Zeit bleibe. "Ich glaube, dass wir sehr schnell handeln müssen und damit meine ich vor allem die Länder, die jetzt die Reformprogramme umsetzen müssen." Nicht nur in der Europäischen Union sei alles getan worden, was möglich war. "Es soll niemand sagen, Deutschland wäre nicht solidarisch. Wir haben allein für Griechenland 40 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, das ist Geld der deutschen Steuerzahler und da darf man auch mal 'Danke' sagen."