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Aufschwung belebt Steuerdebatte neu

16. August 2010

Die Bundesregierung will den überraschend starken Wirtschaftsaufschwung für eine Steuerreform nutzen. Die Union möchte das System vor allem einfacher gestalten, die FDP will zusätzlich auch die Steuersätze senken.

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Steuererklärungsformular (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa

Die Schonzeit ist vorbei: Nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub wird sich Bundeskanzlerin Angela Merkel von diesem Montag (16.08.2010) an wieder mit harter Politik beschäftigen. Ein Thema steht dabei ganz oben auf der Tagesordnung: Die Debatte über eine Steuerreform.

Wachstumszahlen beflügeln Steuersenkungsphantasien

Auslöser waren positive Konjunkturdaten: Boomende Exporte, anziehende Investitionen und insgesamt ein Wachstum wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Um 2,2 Prozent ist die deutsche Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) im zweiten Quartal gegenüber dem ersten Vierteljahr gestiegen, so kräftig wie noch nie seit Einführung der gesamtdeutschen Statistik 1991.

Die Zahlen aus dem Statistischen Bundesamt waren gerade erst veröffentlicht, da folgten schon die Reaktionen zahlreicher Politiker. Allen voran FDP-Chef Guido Westerwelle: "Diese Regierung hat die Entlastung der Mittelschicht im Interesse von Wachstum, Arbeitsplätzen und mehr Leistungsgerechtigkeit unverändert fest im Blick. Wo sich Spielräume dafür ergeben, müssen sie genutzt werden", sagte der Vizekanzler der "Bild am Sonntag".

"Konjunkturdividende" für (fleißige) Steuerzahler?

FDP-Chef Westerwelle (Archivfoto: dpa)
Will die Steuern senken: FDP-Chef WesterwelleBild: picture alliance/dpa

Ein Interview - und schon war eine alte Debatte neu entfacht: die über niedrigere Steuersätze, wie sie die FDP im Wahlkampf versprochen hatte und für die sie sich seither unermüdlich einsetzt. Wann genau die Steuern gesenkt werden sollen, darauf wollte sich Westerwelle nicht festlegen. Aber für ihn bleibe das Thema: "Wie geben wir die Aufschwungdividende an die weiter, die sie erwirtschaften?"

Eine konkretere Zeitvorstellung äußerte sein Parteifreund, FDP-Finanzexperte Frank Schäffler. Die Steuerzahler sollten noch in dieser Wahlperiode eine "Konjunkturdividende" erhalten, sagte er dem "Tagesspiegel" - und lieferte gleich einen - wenn auch nicht ganz neuen - Vorschlag mit, wie das geschehen soll: Durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, was einer Entlastung um rund zwölf Milliarden Euro gleichkäme.

Union: Steuern vereinfachen - aber nicht senken

Unions-Fraktionschef Kauder (Archivfoto: dpa)
Offen für Steuerreform: Unions-Fraktionschef KauderBild: picture-alliance/ dpa

So einfach könnte es sein - wenn es da nicht noch den Koalitionspartner gäbe. Bisher hatte sich die Union nämlich in Sachen Steuersenkung zurückhaltend gezeigt - und auch dieses Mal sind die Reaktionen nicht eben begeistert. Der Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, soll sich aber zumindest "intern" offen für ein einfacheres Steuersystem gezeigt haben, will die "Financial Times Deutschland" (FTD) erfahren haben. Dieses Konzept sehe allerdings nur geringe Entlastungen vor.

Spannender dürfte da die Debatte über eine generelle Steuervereinfachung werden. Die FDP will eine solche Vereinfachung, wie Parteichef Westerwelle in dem Interview noch einmal bekräftigte. Aber auch aus der Union kommt nun die Forderung, das Steuerdickicht zu lichten - und zwar möglichst rasch.

"Jetzt müssen wir die überfälligen Steuervereinfachungen durchsetzen, weil nun endlich das Geld dafür da ist", forderte der stellvertretende Vorsitzende des Wirtschaftsflügels in der Unionsfraktion, Christian von Stetten, in der FTD. Die Vorschläge dazu könnten innerhalb weniger Monate beschlossen und in Kraft gesetzt werden. Es kommt also einiges zu auf die Kanzlerin - gleich in der ersten Arbeitswoche nach ihrem Urlaub.

Autor: Frank Wörner (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Ulrike Quast