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Aus dem Frühlingsfest wird eine Trauerfeier

20. März 2011

In vielen buddhistischen Gemeinden in Deutschland wurde das Frühlingsfest gefeiert. In diesem Jahr wird angesichts der Katastrophe in Japan aber eine Trauerfeier daraus - auch im Düsseldorfer Eko-Haus.

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Eko-Haus in Düsseldorf (Foto: Murat Koyuncu)
Das Eko-Haus in Düsseldorf ist gut besuchtBild: Murat Koyuncu
Ute und Hans Hufermann (Foto: Murat Koyuncu)
Ute und Hans Hufermann trauern mit ihren japanischen NachbarnBild: Murat Koyuncu

Der buddhistische Tempel der japanischen Gemeinde im Eko-Haus ist an diesem Sonntagnachmittag (20.03.2011) sehr gut besucht. Alle Plätze sind besetzt und nicht jeder Trauergast hat einen Sitzplatz bekommen. Viele stehen draußen in der Tempelanlage und schauen sich die Zeremonie durch die offenen Schiebetüren an.

Im Inneren duftet es nach Räucherstäbchen. Vor einem mit Gold beschmückten Altar rezitiert der Priester buddhistische Mantras. Die Gäste wirken sehr nachdenklich und beten teilweise mit. Eine knappe Stunde dauert die Gedenkfeier, zu der erstaunlich viele Deutsche gekommen sind.

Nachbarschaftliches Mitgefühl

In dem Stadtteil Niederkassel, wo sich das Eko-Haus befindet, leben sehr viele Japaner. Auch das deutsche Ehepaar Ute und Hans Hufermann wohnt hier und hat japanische Nachbarn. Sie sind zur Anteilnahme in den Tempel gekommen und trauern mit ihren Mitmenschen. Als Zeichen ihres Mitgefühls zünden sie an der Stele neben dem Tempel eine Kerze an.

Heike Krüger und Ellen Teichmann vor dem Eko-Haus (Foto: Murat Koyuncu)
Berührt: Heike Krüger und Ellen TeichmannBild: Murat Koyuncu

Heike Krüger aus Hilden ist auch unter den trauernden Gästen. Seit ihrer Jugend ist sie begeistert und fasziniert von Japan, besucht im Eko-Haus Japanisch-Kurse und macht seit vielen Jahren Karate-Do. Auch zwei Studienreisen in das Land der aufgehenden Sonne habe sie bereits gemacht, sagt sie. Die Katastrophe hat sie schwer getroffen und bereitet ihr schlaflose Nächte. "Ein normales Leben ist für mich derzeit nicht möglich. Ich verfolge alle Medien und bin unheimlich traurig. Ich denke ständig an meine Senseis, also meine Kampfsport-Lehrer, bei denen ich in Japan trainiert habe. Denen geht es zwar gut, aber trotzdem betrifft es mich sehr." Auch ihre Freundin Ellen Teichmann ist sehr berührt und fühlt sich machtlos. "Die Medien in den letzten Tagen waren so stark, dass man immer wieder die Bilder vor Augen hat. Ich finde es sehr tragisch, dass wir von hier aus nicht helfen können."

Badeort wird zum Ort des Schreckens

Priester Takao Aoyama kniet im Tempel (Foto: Murat Koyuncu)
Leitete die buddhistische Zeremonie: Priester Takao AoyamaBild: Murat Koyuncu

Geleitet wird die buddhistische Zeremonie von Priester Takao Aoyama. Der 72-Jährige lebt seit neun Jahren in Düsseldorf - seine Heimat allerdings ist das Unglücksgebiet Sendai. "Ich habe große Angst, wie es derzeit in Sendai aussehen könnte", sagt er nachdenklich. "Der Tsunami kam an die Küste, wo ich im Sommer oft baden war. Und da sind so viele Kinder ertrunken. Das ist natürlich eine schreckliche Sache", fügt er traurig hinzu.

Seine Tochter lebt in Tokio und war zum Zeitpunkt des Erdbebens in Japan. Mittlerweile ist sie mit ihren zwei Kindern bei ihrem Vater in Düsseldorf. Takao Aoyama hat zwar Angst, dennoch möchte er in diesem Jahr nach Japan fliegen und seine Freunde und Verwandte in der Erdbebenregion besuchen.

Freude über deutsches Mitgefühl

Die Japanerin Kajoko Mori ist heute mit ihrem kleinen Sohn aus Erkrath hierher gekommen. Sie lebt seit einigen Jahren in Deutschland und arbeitet für eine japanische Firma in Düsseldorf. Sie freut sich sehr über die große Anteilnahme der Deutschen an diesem Nachmittag. Ihre Familie in der Heimat ist vom Unglück nicht betroffen - dennoch ist sie bedrückt. Zur Trauer gesellen sich bei Kajoko Mori in diesen Tagen Gefühle von Unsicherheit und Besorgnis um ihre Landsleute in Japan. Sie ist in Gedanken bei ihnen.

Autor: Murat Koyuncu
Redaktion: Pia Gram