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Mali vor der Wahl

Katrin Gänsler19. Juni 2013

Am 28. Juli 2013 soll Mali einen neuen Präsidenten wählen. Doch viele sind skeptisch, ob es bei dem Termin bleibt. Die Lage im Norden des westafrikanischen Landes bleibt angespannt.

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Immer mehr französische Soldaten werden wieder aus Mali abgezogen (Foto: Katrin Gänsler/DW)
Vor den Wahlen in Mali (Foto: Katrin Gänsler/DW)Bild: DW/K. Gänsler

Wenn Rokia Diarra Karambé an den 28. Juli denkt, dann schüttelt sie den Kopf. "Die Regierung sagt zwar, es sei möglich, die Wahlen abzuhalten. Aber Bürger und Zivilgesellschaft zweifeln daran", sagt die Frauenrechtlerin und Präsidentin der Föderation der Migranten-Vereine aus Mali.

Die Wahlen in Mali werden mit Spannung erwartet. Es handelt sich um die erste freie Abstimmung, seit der damalige Präsident Amadou Toumani Touré im März 2012 bei einem Militärputsch gestürzt worden war. Damals geriet das Land in eine schwere Krise, zehn Monate lang wurde der Norden des Landes durch verschiedene islamistische Gruppen besetzt, es folgte eine französische Militärintervention.

Die Frauenrechtlerin Karambé wünscht sich mehr Zeit, um diese Krise zu überwinden: "Warum gibt man uns nicht weitere vier Monate, um die Wahlen wirklich vorzubereiten?", fragt Rokia Diarra Karambé fordernd.

Die Übergangsregierung hat den Ausnahmezustand im Land gerade erneut verlängert, bis zum 5. Juli 2013. Erst danach wird der Wahlkampf losgehen. Bei den politischen Parteien laufen die Vorbereitungen trotzdem. Viele hatten bereits vor Wochen Spitzenkandidaten bestimmt. Doch einen politischen Umbruch erwartet niemand.

Interim-Präsident Dioncounda Traoré hatte Anfang des Jahres Juli als Wahlmonat genannt. (Foto: Katrin Gänsler)
Dioncounda Traoré hatte Anfang des Jahres den Juli 2013 als Wahlmonat genanntBild: DW/K. Gänsler

Etablierte Parteien im Vorteil

Gute Aussichten könnte deshalb Dramane Dembele haben. Der 46-jährige Ingenieur gilt als Zögling des derzeitigen Übergangspräsidenten Dioncounda Traoré, der selbst nicht antritt. Dembele war bei seiner Nominierung im April noch einigermaßen unbekannt - doch er wird von der Adema-PASJ, der Allianz für Demokratie in Mali, ins Rennen geschickt. Sie ist die größte Partei im Land; mit ihr im Rücken könnte es Dramane Dembele an die Staatsspitze schaffen.

Im Norden Malis, wie hier in Timbuktu, fehlen Verwaltung und Infrastruktur für die Wahlen. 01. Mai 2013, Timbuktu, Mali zugeliefert und fotografiert von: Katrin Gänsler
Im Norden Malis, wie hier in Timbuktu, fehlen Verwaltung und Infrastruktur zur Durchführung der WahlenBild: DW/K. Gänsler

Angst vor Unruhen und neuer Gewalt

Doch darüber wird auf den Straßen von Bamako nicht diskutiert. Vielmehr quält viele Menschen die Frage, ob ihr Land bis zum Wahltermin ausreichend gesichert werden kann. Immer wieder hört man Spekulationen, dass die Islamisten den Urnengang im Norden zu gezielten Anschlägen nutzen könnten. Zwar gelten die Städte Gao und Timbuktu als befreit von den Islamisten, sie sind aber offenbar weiterhin in Teilen der Region aktiv. "Natürlich gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, auch nicht in Bamako", räumt Issaga Kampo ein, Vize-Präsident der nationalen unabhängigen Wahlkommission (CENI). Dennoch sei man bemüht, gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft so viel Sicherheit wie möglich zu schaffen. Dringend notwendig ist das in Kidal. Die Stadt im Norden ist noch immer besetzt von Tuareg-Rebellen der "Befreiungsbewegung von Azawad", der MNLA. Die hat in einem Abkommen vom Dienstag (18.6.) immerhin zugesagt, dass in der Stadt gewählt werden darf.

Blauhelme für die Sicherheit

Darauf hatte auch die Europäische Union gedrängt. Für die Sicherheit im Umfeld der Wahl könnten die 12.600 Blauhelme sorgen, hofft Cheaka Abdou Touré, Repräsentant der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS in Mali: "Wir haben schon viel für die Sicherheit getan und rund 6337 afrikanische Soldaten für Mali im Einsatz." Nun sei man dabei, den Übergang dieser afrikanischen Mission, genannt MISMA, zum UN-Blauhelmeinsatz vorzubereiten. Stichtag ist der 1. Juli.

Cheaka Abdou Touré, Repräsentant der ECOWAS in Mali (Foto: Katrin Gänsler)
Cheaka Abdou Touré, Repräsentant der ECOWAS in MaliBild: DW/K. Gänsler

Noch ungeklärt ist, wo und wie die vielen Flüchtlinge wählen dürfen. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen UNHCR haben rund 475.000 Menschen den Norden seit Beginn der Krise verlassen. Viele sind in den Süden des Landes geflohen, doch mehr als 174.000 leben in Malis Nachbarländern. Geplant ist nun, nahe der Flüchtlingslager Wahlurnen aufzustellen. Politische Kampagnen sind dort aber verboten. Ohne Zeitung, Internet und Fernsehen - wie zum Beispiel in den Flüchtlingscamps im Norden von Burkina Faso - haben die Menschen dort allerdings kaum eine Möglichkeit, sich über die Kandidaten in ihrem Heimatland zu informieren.

Mali muss wieder geeint werden

Alexandre Ouedraogo leitet in Burkina Faso die nichtstaatliche Organisation "Bewegung von Burkina Faso für soziale Gerechtigkeit". Er kritisiert das Festhalten der internationalen Gemeinschaft am Wahltermin. "Man muss zuerst Mali einen und den Frieden wieder herstellen", fordert er. Ouedraogo arbeitet intensiv mit Angehörigen der Tuareg-Voksgruppe aus dem Norden Malis zusammen, die vor den Kämpfen nach Burkina Faso geflohen waren. Gerade unter den Tuareg gibt es viele Vorbehalte gegenüber der Übergangsregierung in Bamako.

Doch die wird wohl den Wahltermin nicht ändern, denn Mali ist sogenannter "Donor-Darling": Gelder aus dem Ausland machten über Jahre mehr als ein Viertel des Staatsbudgets aus. Mit dem Putsch vom 22. März 2012 wurden diese anfangs fast komplett eingefroren. Damit diese Gelder möglichst bald wieder fließen, will Interimspräsident Dioncounda Traoré den Wahltermin nicht weiter nach hinten verschieben. Issaga Kampo von der Wahlkommission CENI zeigt Verständnis dafür, dass man am Datum festhält: "Hier steht alles still. Es gibt keine lokalen Initiativen, keine Finanzierung, keine Investitionen", seufzt er. "Wenn wir nicht zurück zu einer legitimierten Regierung finden, bekommen wir keine internationale Hilfe.“

Alexandre Ouedraogo, Präsident der nichtstaatlichen Organisation "Bewegung von Burkina Faso für soziale Gerechtigkeit“ (Foto: Katrin Gänsler)
Alexandre Ouedraogo von der "Bewegung von Burkina Faso für soziale Gerechtigkeit"Bild: DW/K. Gänsler

Zumindest eine Erfolgsmeldung hat er: Die biometrischen Wahlkarten, die in diesem Jahr in Mali eingeführt werden sollen, können laut malischer Wahlkommission (CENI) ohne Schwierigkeiten bis zum anberaumten Wahltermin fertiggestellt und auch verteilt werden.