Ausstellung "Der montierte Mensch"
Wie sehen Künstler das Verhältnis von Mensch und Maschine? Was ändert die zunehmende Digitalisierung daran? Das untersucht eine umfassende Ausstellung im Essener Museum Folkwang. Mit frappierenden Ergebnissen.
Der Mensch im Räderwerk
Marschierende Soldaten, eingezwängt zwischen Maschinen, Waffen und Industrie: In Roy Lichtensteins Gemälde "Preparedness" ("Vorbereitung") bleibt wenig Raum für Menschlichkeit. Stattdessen wird der Einzelne zum Teil eines gigantischen, kriegslüsternen Räderwerks. Der US-Künstler spielte 1968 auf den Vietnamkrieg an, in dem die USA unterzugehen drohten.
Leben im Takt der Maschine
Mit Schnurrbart, Anker-Tattoo und Zigarette trägt der Mann noch menschliche Züge. Aber Fernand Léger (1881–1955) dachte an Maschinenteile, als er 1920 seinen "Mechaniker" malte: Den Haarschopf wie eine Haube aufgesteckt, die Arme aus voluminösen Formen montiert. Im Hintergrund entsteht eine abstrahierte Werkswelt. Die Maschine verändert den Lebensrhythmus, konstatierte der Künstler.
Mit Tempo in die Zukunft
Eine roboterhafte, männliche Figur sitzt auf dem Motorrad. Das Bild des italienischen Futuristen Fortunato Depero (1892-1960) zeugt von Technik-Faszination und Fortschrittsglaube. Dass der steile Weg in die Zukunft der Arbeit krasse menschenfeindliche Kehrseiten hat, merkte man erst später.
Die Verschmelzung von Mensch und Maschine
Schon in den frühen 1920-er Jahren malte Willi Baumeister seine Maschinenbilder - wie diesen "Maschinenmensch mit Schraubenwindung II". Damit stand er seinem Künstlerfreund Fernand Léger, mit dem er schon 1920 in Berlin zusammen ausstellte, in nichts nach. Beide stellten Mensch und Maschine als austauschbare Motive dar: Mensch und Maschine verschmelzen.
Maschinenwesen greifen an
Menschartige Maschinenwesen nehmen bedrohlich Aufstellung. Auch bei Konrad Klapheck verschmelzen Mensch und Objekt. "Mit Hilfe meiner Maschinenbilder konnte ich ohne zu suchen die Vergangenheit wieder finden", schrieb der heute 84-Jährige einmal. Heute gilt Klapheck, der häufig Objekte wie Schreibmaschinen oder Bügeleisen malte, als Klassiker der Nachkriegs-Avantgarde.
Zwischen Mensch und Maschine
Ein Frauenkörper räkelt sich in erotischer Pose. Doch hat Lynn Hershman Leeson ihren Kopf durch einen Fernseher ersetzt. Die Fotocollagen der US-amerikanischen Medienkünstlerin drehen sich meist um Rollenbilder und um Fragen der Geschlechteridentität. Häufiges Thema ihrer Arbeiten ist die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine.
Porno der Künstlichen Intelligenz
In rötliches Licht getauchte Hautformationen - so stellt sich die Künstliche Intelligenz des Computers einen Porno vor. Der US-Künstler und Oscar-Preisträger Trevor Paglen, Jahrgang 1974, hat Rechenprogramme mit Stichworten gefüttert. Heraus kam dieser waschechte KI-Porno, ein Thermosublimationsdruck auf Metall. Einen Oscar erhielt Paglen 2015 für den Dokumentarfilm Citizenfour - als Kameramann.
Gesichts-Projektionen
Tony Ourslers sprechende Gesichter sind das Markenzeichen des US-amerikanischen Installationskünstlers. Bekannt wurde er mit seinen Dummies - auf ausgestopfte amorphe Objekte projiziert er mit Videoprojektoren Gesichter oder ganze Körper, die er mit theatralischen Monologen verbindet. Oursles Werk gehört zu den poetischsten Arbeiten in der Ausstellung "Der montierte Mensch". (bis 15. März 2020)