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Australian Open - die neue Normalität

29. Januar 2021

Die Quarantäne ist vorbei, die Vorbereitung auf die Australian Open hat begonnen. Bei einem Schaukampf in Adelaide sind die Ränge wieder voll. Die Aktiven gehen sehr emotional mit der neuen Normalität in Down Under um.

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Australien Adelaide | Tennis "A day at the drive" - Serena Williams
Serena Williams beim Schaukampf in AdelaideBild: Mark Brake/Getty Images

Serena Williams wusste die Frage des Interviewers gar nicht mehr. Die 39-Jährige war einfach nur glücklich. Ihr Lachen hätte kaum breiter sein können. "Ich habe schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr vor Zuschauern gespielt", sagte die einstmals beste Tennisspielerin der Welt nach ihrem Sieg gegen Naomi Osaka in einem Schaukampf an diesem Freitag. Die mehreren tausend Menschen, die sich zu dem Vorbereitungsturnier im Tennis-Stadion im australischen Adelaide eingefunden hatten, kreischten bei diesen Worten, als wollten sie ihren gesamten Fan-Frust des vergangenen Jahres in diesem Moment loswerden. 

Auch Novak Djokovic kämpfte nach seinem Testspiel gegen Jannik Sinner an gleicher Stätte mit seinen Emotionen. Der 33-Jährige sah ebenfalls glücklich und überaus zufrieden aus. "Danke, dass ihr hierhergekommen seid und uns diesen Tag, dieses Jahr so fantastisch gestaltet. Das ist wirklich etwas Besonderes", sagte der Serbe.

Kerber verkürzte sich Zeit mit Telefonieren

Die neue Normalität in der Corona-Pandemie hat zumindest in Down Under begonnen. Die meisten Zuschauer saßen ohne Maske auf den Rängen. Die strengen COVID-19-Maßnahmen der australischen Regierung haben dazu geführt, dass der Sieben-Tage-Mittelwert für Corona-Neuinfektionen für ganz Australien am Donnerstag (28.01.2020) nur noch bei sechs Personen lag. Um dies zu erreichen, hatten die Einwohner einen wochenlangen, sehr einschneidenden Lockdown mit weitreichenden Ausgangssperren durchstehen müssen. 

Und auch die Tennisprofis, die zur "Australian Summer Tour" auf den Kontinent reisten, waren davon nicht ausgenommen. Alle mussten für 14 Tage in Hotel-Quarantäne, durften aber fünf Stunden täglich außerhalb trainieren. Letzteres galt jedoch nicht für 72 Profis, auf deren vom Turnierveranstalter der Australian Open organisierten Flügen COVID-19-Infizierte an Bord gewesen waren: Sie durften ihre Hotelzimmer gar nicht verlassen. Darunter war auch die deutsche Spitzenspielerin Angelique Kerber

Wie schwierig diese Zeit in der Isolation war, verriet die 33-Jährige dem Radiosender FFH. "Einige in meiner Telefonliste sind sehr froh, wenn ich meine Quarantäne wieder verlassen werde", sagte Kerber: "Denn sie waren vor meinen Anrufen nicht sicher."

Kohlmann: Zusätzliche Motivation

Die Quarantäne-Zeit ist nun endlich abgelaufen. "14 Tage auf dem Hotelzimmer waren nicht einfach, nur ein paar Stunden Training", sagte Novak Djokovic und fügte mit Blick auf das erste Match vor Publikum hinzu: "Das war es jedenfalls wert." Der Weltranglistenerste, der die Quarantäne - wie Rafael Nadal, Dominic Thiem, Serena Williams, Ashleigh Barty und andere Spitzenspieler - in Adelaide und nicht in Melbourne hinter sich brachte, sieht sich bereit für die kommenden anstrengenden Tenniswochen.

Die Ausgangsvoraussetzungen für jene 72 Spielerinnen und Spieler, die zwei Wochen lang überhaupt nicht trainieren konnten, sind allerdings deutlich schlechter. "Dass da eine komplette Chancen-Ungleichheit herrscht, ist, glaube ich, klar", sagte Österreichs Top-Spieler Thiem der ARD-Sportschau. 

Head of Men's Tennis des DTB: Michael Kohlmann
DTB-Chef der deutschen Tennis-Männer: Michael KohlmannBild: picture-alliance/dpa/A. Warmuth

Dennoch überwiegt die Freude, dass es endlich wieder losgeht. "Alle Spieler wertschätzen, dass sie überhaupt die Möglichkeit haben, ihren Job auszuüben", sagt Michael Kohlmann der DW. Der Nachfolger von Boris Becker als "Head of Men's Tennis" beim Deutschen Tennis Bund (DTB) verfolgt das Geschehen in diesem Jahr aus der Heimat München, steht aber natürlich in Kontakt zu einigen Spielern. "Ich glaube, viele Spieler werden sehr froh sein, dass sie die Quarantäne jetzt durchgestanden haben", sagt der 47-Jährige, der in dieser neuen Normalität auch eine zusätzliche Motivation sieht. "Das ist etwas Besonderes, und die Spieler freuen sich alle, dass sie wieder vor Publikum ihren Beruf ausüben können."    

Halep nervös wie beim ersten Mal

Wie außergewöhnlich die Situation für die Aktiven in Down Under ist, brachte die Weltranglistenzweite Simona Halep auf den Punkt. "Wir haben es vermisst, vor euch zu spielen. Es war ein großes Vergnügen", sagte die 29 Jahre alte, sehr erfahrene Rumänin nach ihrem Match gegen Lokalmatadorin Barty: "Ich war wirklich sehr nervös. Es hat sich angefühlt, als ob ich mein erstes Match spiele."     

In der kommenden Woche werden die Männer noch bei zwei, die Frauen bei drei Turnieren Gelegenheit bekommen, sich besser in Form für die Australian Open zu bringen. Das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres soll am 8. Februar beginnen. "Vermutlich werden die Spieler Australien danach schweren Herzens verlassen", sagt Kohlmann. Fast überall ist die Corona-Lage eben deutlich kritischer als aktuell in Down Under.