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Auszeichnung für "Straßengezwitscher"

2. November 2015

Zwei junge Männer aus Sachsen tragen auf Twitter Informationen über fremdenfeindliche Angriffe und Schmähungen zusammen. Für das Projekt "Straßengezwitscher" wird ihnen jetzt der "Preis für Zivilcourage" verliehen.

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Screenshot Twitter-Account @streetcoverage (Quelle: twitter.com, Screenshot: DW)
Bild: Twitter/streetcoverage

Die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung wird vom Förderkreises "Denkmal für die ermordeten Juden Europas" vergeben. Gewürdigt wird damit das Engagement gegen Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Rassismus .

Der Preis sollte am späten Montagnachmittag im Rahmen eines Charity-Dinners zugunsten des zum Holocaust-Denkmal gehörenden Projekts "Raum der Namen" in Berlin übergeben werden. Die Festrede hält EU-Parlamentspräsident Martin Schulz.

Fast 8000 Follower

Hinter "Straßengezwitscher" stehen die beiden Dresdner Mittzwanziger Johannes Filous und Alexej Hock. Unter dem Twitter-Account @streetcoverage berichten sie seit dem Frühjahr über fremdenfeindliche Demonstrationen und Aktionen rund um das Thema Flüchtlinge. Anlass für den Start des Projekts war der Angriff auf ein Protestcamp von Geflüchteten vor der Dresdner Semperoper nach einem Pegida-Aufmarsch.

Johannes Filous und Alexej Hock betreiben das Twitter-Projekt "Straßengezwitscher" (Foto: picture alliance/dpa/A. Burgi)
Mutig gegen Fremdenhass: Johannes Filous (l.) und Alexej HockBild: picture-alliance/dpa/A. Burgi

In der Selbstbeschreibung von "Straßengezwitscher" bei Twitter heißt es: "Reportagen und Liveticker von dort, wo es brennt. Gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit." Inzwischen hat "Straßengezwitscher" knapp 8000 Follower. Die Twitteraktion soll auch zu einer besseren Vernetzung von Initiativen beitragen, die sich für Flüchtlinge einsetzen.

Hautnah und nüchtern

Bekannt gemacht haben "Straßengezwitscher" die Vorfälle in Heidenau. Als rechte Krawallmacher vor gut zwei Monaten Polizisten mit Steinen bewarfen, war Maschinenbau-Student Alexej Hock mittendrin. Er beobachtete die Randalierer und sprach mit Polizisten.

Mit seinem Smartphone verbreitete er über Twitter die neuesten Entwicklungen in der sächsischen Kleinstadt. "Hochgradig aggressive Stimmung. Polizei hat Schwierigkeiten, Lage unter Kontrolle zu halten", war dort neben zahlreichen anderen Tweets zu lesen. Mehr als 30 Polizisten wurden bei den Ausschreitungen verletzt. Hock erlebte das hautnah mit und versuchte nüchtern zu berichten - ohne Auftraggeber.

Bedroht von Rechtsextremen

Das Projekt hat die beiden Aktivisten seitdem auch in die ein oder andere brenzlige Situation gebracht. Als sie nach einer rechten Kundgebung in Freital vor einigen Wochen zu ihrem Auto zurückkehrten, wurden sie bereits erwartet. Fünf Männer standen vor dem Wagen. Dunkle Kleidung, aggressive Haltung. "Da mussten wir flüchten", sagte Johannes Filous. "Wir sind dann mit sechs Polizisten zurückgekehrt, dann sind die Männer gegangen." Auf mehreren fremdenfeindlichen Kundgebungen wurden Hock und Filous gezielt fotografiert. Andere Organisationen verwiesen auf ihrer Facebook-Seite auf das "Linksgezwitscher".

Nachdem im Sommer der Berliner "Tagesspiegel" über das Projekt berichtete, gingen erste Spenden auf dem Konto der beiden Betreiber ein. In Zukunft wollen die beiden Internetaktivisten auch per Video von fremdenfeindlichen Randalen berichten.

gri/uh (kna, epd, dpa)