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Authentische Bilder in Leipzig

22. Oktober 2001

Erfolg für das Leipziger Dokumentarfilmfestival: Der Besucherandrang war so hoch wie schon lange nicht mehr, und der Siegerfilm zeigt, was dieses Genre zu leisten vermag.

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Eine "Goldene Taube" für den israelischen Film "Eingeschlossen"Bild: dokfilm-festival

Die "Goldene Taube", der mit 10.000 Mark dotierte Hauptpreis des 44. Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm, geht in diesem Jahr an die israelischen Regisseurinnen Anat Even und Ada Ushpiz. Die Preisjury würdigte ihren Film "Eingeschlossen" als "genaue Beobachtung eines Mikrokosmos im israelisch-palästinensischen Konflikt". "Auf hohem journalistischen Niveau öffnet der Film die Augen für die Wirklichkeit hinter der alltäglichen Nachrichtenflut."

Der unvoreingenommene Blick auf die andere Seite

Es gibt nicht wenige Israelis, die ihre palästinensischen Mitbürger nur aus den Nachrichten kennen. Auch daher ist Anat Evens und Ada Ushpiz' Dokument "Eingeschlossen" ein mutiger Film. Die Regisseurinnen begaben sich jenseits des Feindbildklischees auf die Suche ihrer Nachbarinnen. Erzählt wird die Geschichte von Najwa, Nawal und Siham, drei palästinensischen Witwen, die mit ihren elf Kindern in Hebron leben.

Auf dem Dach ihres Wohnhauses, das direkt an der Grenze liegt, hat die israelische Armee Beobachtungsposten eingerichtet. Über den Zeitraum von einem Jahr haben die Filmemacherinnen die drei Frauen in ihrem Alltag begleitet. Sie dokumentieren, wie die Witwen - ständig von Soldaten umgegeben - zwischen zwei Welten festsitzen. In ihrem Leben ist Okkupation zur Routine und das Absurde zur Normalität geworden. Es gelingt Even und Ushpiz dem Zuschauer Armut, Einsamkeit und Schmerz, aber auch die kleinen Freuden der Frauen eindringlich nahe zu bringen.

Preisträger 2001

Die "Silberne Taube", den zweiten Preis, erhielt der russische Filmemacher Sergej Loznica. Sein Dokumentarfilm "Der Ort" zeigt in malerisch-poetischen Bildern das Leben einer marginalisierten gesellschaftlichen Gruppe.

In der Kategorie bester Animationsfilm erhielt "Bis auf die Knochen" des Mexikaners René Castillo eine Goldene Taube.

Mit dem mit 5.000 Mark dotierten Zuschauerpreis wurde der deutsche Beitrag "Absolut Warhola" ausgezeichnet. Regisseur Stanislaw Mucha geht darin mit skurrilen Mitteln den familiären Wurzeln des Popart-Künstlers Andy Warhol im Dreiländereck Polen, Slowakei und Ukraine nach.

Auf dem Festival waren 370 Dokumentarfilme aus 50 Ländern zu sehen. Am Hauptwettbewerb nahmen 21 Beiträge teil. Insgesamt hatten sich 2.000 Filme für eine Teilnahme am Filmfestival in Leipzig beworben.

Außer dem Wettbewerb lockten attraktive Nebenprogramme mit cineastischen Seltenheiten. Erstmalig wurden in Europa chinesische ethnografische Dokumentarfilme präsentiert, darunter Filme der maoistischen Propaganda. Neue Einblicke in die arabische Kultur vermittelte ein Spezial mit dem Länderschwerpunkt Syrien.

Auch bot sich dem Publikum wieder Gelegenheit, mit Filmemachern ins Gespräch zu kommen. Zu den Gästen zählten Volker Schlöndorff, Andres Veiel und Gerd Conradt, die in Leipzig über die Motive der Terroristen der Terroranschläge in New York diskutierten.

Ein guter Jahrgang

Mit 18.500 Gästen kamen so viele Besucher wie seit 1991 nicht mehr. "Die Traumbesucherzahlen zeigen, dass es ein latentes Bedürfnis für dieses im normalen Kinogeschäft verborgene Genre gibt," sagte Festivalleiter Fred Gehlen. Das Filmfest mit einem Gesamtetat von 1,3 Millionen Mark weckt auch zunehmend Interesse bei einem Publikum mittleren Alters. Einen Grund darin sieht Gehlen in einem steigenden Bedarf nach fundierter Hintergrundinformation.
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