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Zeiten des Umbruchs

4. Dezember 2019

So sehen Bilanzzahlen einer Industrie im Umbruch aus: erst ein Jahr mit Rekordzahlen, im nächsten Jahr ein Minus von vielleicht vier Prozent - beim Absatz von Autos in Deutschland scheint nichts mehr ganz sicher.

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DW Sendung Motor mobil, drive it, al volante vom 11.12.2019 - Land Rover Experience Tour 2019
Wohin fährt die Branche?Bild: DW

Mit Sorgenfalten läuft ja derzeit die gesamte Branche herum. Aber ganz pessimistisch sind die Auto-Importeure in Deutschland: Sie rechnen im kommenden Jahr mit einem Einbruch der Autoverkäufe um gut sechs Prozent. Die Prognose machte der Branchenverband VDIK am Mittwoch bekannt.

Dabei gehen die Importeure davon aus, dass im laufenden Jahr die Verkaufsbilanz mit einem Plus von vier Prozent abgeschlossen werden wird. Das wären dann etwas mehr als 3,5 Millionen neue Autos, die 2019 in Deutschland auf die Straße gekommen sind - mehr als je in den vergangenen zehn Jahren.

Elektroautos und schlechte Konjunktur

Auch der Gesamtverband der deutschen Autobauer (VDA) stellt sich für das nächste Jahr auf eine längere Durststrecke ein. In Europa werfe die schärfere CO2-Regulierung ihren Schatten voraus, der Absatz werde deshalb 2020 um zwei Prozent schrumpfen, rechnete der VDA ebenfalls am Mittwoch vor. Der Wettbewerb werde härter, der Gegenwind rauer. "Die Auslastung geht zurück, beim Personal werden befristete Arbeitsverträge nicht verlängert, das Instrument Kurzarbeit wird wieder eingesetzt", sagte der scheidende VDA-Chef Bernhard Mattes.

Audi Fabrik Ingolstadt
Arbeitsplätze fallen weg - allein bei Audi sind es 7.500Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Schrader

Was auf die Beschäftigten in der deutschen Autobranche in der nächsten Zeit tatsächlich zukommen wird, prognostiziert der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Zentrum der Uni Duisburg-Essen in seiner aktuellen Studie: "Bis zum Jahr 2030 rechnen wir für Deutschland mit einem Entfall von 124.000 Arbeitsplätzen bei Autobauern und Zulieferern."

Der Druck auf die Branche sei vor allem zwei Gründen geschuldet, so Dudenhöffer: dem Übergang in die Elektromobilität und einer ohnehin "schlechten Autokonjunktur als Folge der US-Zollkriege unter Präsident Donald Trump". Der Autoabsatz dürfte im nächsten Jahr weltweit zurückgehen, Experten erwarten ein Minus von knapp einer Million - kaum zu übersehen auch der Rückgang in China und den USA, den wichtigsten Märkten auf der Welt. 

Infografik Autoabsatz DE

Insbesondere die Sache mit der Elektromobilität treibt die Branche um und sorgt für größere Verwerfungen. Dass ein Elektromotor einfacher zu bauen ist als ein Verbrennungsmotor, das weiß mittlerweile auch der Auto-Laie. Deshalb kündigt ein Konzern nach dem anderen größere Stellenstreichungen an. Gleichzeitig aber wird es doch noch dauern, bis mit der neuen Technik auch so viel Geld zu verdienen sein wird wie mit den hoch entwickelten Verbrennern. "Wichtige Wertschöpfung beim Verbrennungsmotor fällt Stück für Stück weg", beschreibt Autoexperte Dudenhöffer den Prozess. 

Zwar wird der Absatz von alternativ angetriebenen Autos bald um 60 Prozent zulegen, so der VDIK. Das wären dann 160.000 Fahrzeuge im nächsten Jahr - der Anteil am Gesamtabsatz, wenn auch deutlich höher als bisher, wird aber gleichwohl lediglich bei zwölf bis 15 Prozent liegen. So laufen die weltgrößten Autokonzerne derzeit ihren Gewinnen aus dem Vorjahr hinterher.

Nach einem schwachen ersten Halbjahr konnten die meisten Hersteller ihr operatives Ergebnis zuletzt zwar verbessern, wie aus einer aktuellen Bilanzanalyse des Beratungsunternehmens EY (ehemals: Ernst & Young) hervorgeht. Über alle drei Quartale hinweg liegen sie aber immer noch um 11,5 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Dass gleichzeitig der Umsatz höher ausfällt, liegt daran, dass viele Hersteller vermehrt größere und teurere Fahrzeuge verkaufen. EY-Experte Peter Fuß: "Mittelfristig stellt diese Entwicklung aber ein Problem dar - es wird immer schwerer, die strengen CO2-Vorgaben einzuhalten."

Deutschland - Schrottplatz für Altautos
Auslaufmodell Verbrennungsmotor? Schrottplatz in HamburgBild: picture-alliance/W. Rothermel

Milliarden für die Entwicklung 

Derweil aber müssen die Autobauer Milliarden für die Entwicklung und den Aufbau neuer Fabrikanlagen ausgeben. Um welche Summen es dabei geht, machte am Mittwoch Hyundai deutlich. Der Autobauer aus Südkorea ist zwar bisher nach Verkaufszahlen nur die Nummer fünf auf dem Weltmarkt - aber der Konzern will bald umgerechnet 46 Milliarden Euro investieren. Laut Strategieplan Strategy 2025 soll das Geld in den nächsten sechs Jahren in die Forschung und Entwicklung "und die weitere Sondierung künftiger Technologien" fließen.

Daneben hat sich Südkoreas Branchenführer bis 2025 eine Frist gesetzt, um in die Gruppe der drei größten Hersteller von Batterien und Brennstoffzellenfahrzeugen vorzustoßen. Ziel sei es, jährlich 670.000 Elektrofahrzeuge einschließlich batteriebetriebener E-Autos zu fertigen, hieß es. In Deutschland verkaufte Hyundai seit Jahresbeginn 2019 genau 4.497 Elektroautos.

ar/hb (dpa, rtr – CAR)