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Autobauer Daimler: Von wegen Premium

11. Februar 2020

Zum zweiten Mal in Folge muss der schwäbische Autobauer Daimler einen massiven Gewinneinbruch hinnehmen. Für den neuen Chef Ola Källenius brechen jetzt ganz schwere Zeiten an.

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Daimler AG - Mercedes Benz - Abdruck eines Mercedes-Sterns
Bild: picture alliance/dpa/K.J. Hildenbrand

Daimler will nach dem erneuten Gewinneinbruch im vergangenen Jahr den Sparkurs verschärfen. "Wir haben ein Kostenproblem - das bekämpfen wir bei den variablen und den Fixkosten", sagte Konzernchef Ola Källenius am Dienstag auf der Bilanzpressekonferenz in Stuttgart. Der größte Teil der Einsparungen müsse durch weniger komplexe Produktion erzielt werden. Doch auch beim Personal seien Einschnitte notwendig. Die größte Sparte Mercedes-Benz Pkw und Vans habe drei harte Jahre vor sich. "Wir bringen das in Ordnung", versprach der Schwede, der im vergangenen Jahr den langjährigen Daimler-Chef Dieter Zetsche abgelöst hatte.

Seit seinem Antritt im Mai musste Källenius schon dreimal das Gewinnziel kappen. Im vergangenen Jahr sackte das Nettoergebnis fast um zwei Drittel auf 2,7 Milliarden Euro ab, nachdem der Gewinn schon 2018 um fast 30 Prozent gesunken war. Das lag vor allem an rund vier Milliarden Euro an  Rückstellungen und Kosten für den Dieselskandal. Die Folgen der Abgasmanipulation treffen den Konzern in einer Phase, in der er mit Milliardeninvestitionen seine PS-starken Luxusautos auf CO2-freie Elektroautos umstellen muss.

Auch Jobabbau beim Management

Wie viele der knapp 300.000 Stellen genau wegfallen sollen, ließ Källenius offen. Nach früheren Aussagen werden es mehr als 10.000 außerhalb der Produktion sein. In den nächsten drei Jahren würden zehn Prozent der Manager-Stellen gestrichen, kündigte der Daimler-Chef an. Zusätzlich werde über altersbedingtes Ausscheiden von Mitarbeitern ein Abfindungsprogramm gestartet. In den kommenden Jahren sollen so 1,4 Milliarden Euro gespart werden. Doch zunächst müssen für den Stellenabbau zwei Milliarden Euro ausgegeben werden, erklärte Finanzchef Harald Wilhelm. Davon entfielen 1,2 Milliarden Euro auf dieses Jahr. Auch die Aktionäre müssen Federn lassen: Die Dividende soll von 3,25 Euro im Vorjahr auf nur noch 90 Cent je Aktie reduziert werden. Analysten hatten im Schnitt mit einer Dividende von 1,50 Euro je Aktie gerechnet. Trotzdem hielt sich das Minus der Daimler-Aktie am Dienstag mit einem Abschlag von weniger als einem Prozent in Grenzen.

Daimler-Chef Ola Källenius (re.), Finanzvorstand Harald Wilhelm (Mitte) und Lkw-Chef Martin Daum auf der Bilanz-Pressekonferenz
Daimler-Chef Ola Källenius (re.), Finanzvorstand Harald Wilhelm (Mitte) und Lkw-Chef Martin Daum auf der Bilanz-PressekonferenzBild: picture-alliance/dpa/SvenSimon

Analysten rechnen mit längerer Durststrecke

Analysten zeigten sich bestürzt über die Lage des Konzerns: "Es wird Jahre dauern, bis Daimler wieder ein Renditeniveau erreicht, das man als Aktionär von einem Premium-Automobilhersteller erwarten darf", sagte Michael Muders, Portfoliomanager bei Union Investment, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn man Källenius eines zu Gute halten will, dann Folgendes: Er weiß das und macht kein Geheimnis daraus."

Auch Stefan Bauknecht, Autoexperte beim Vermögensverwalter DWS, erwartet, dass der  Margendruck im Automobilgeschäft anhält. Die Rendite im größten Geschäftsfeld Mercedes Benz Cars (Pkw) war mit 3,6 Prozent noch nicht mal halb so hoch wie im Vorjahr. In den Boomjahren des vergangenen Jahrzehnts hatte Mercedes acht bis zehn Prozent Rendite als Ziel, doch von diesem hatte sich Källenius schon im November verabschiedet. Die Rendite im Pkw-Geschäft soll sich in diesem Jahr auf mehr als vier Prozent erholen und bis 2022 über sechs Prozent klettern.

Ein Loch in die Kasse riss die Van-Sparte, die drei Milliarden Euro operativen Verlust machte. Hauptgrund dafür ist der Flop des Luxus-Pickups X-Klasse, den Mercedes seit rund zwei Jahren gemeinsam mit dem japanischen Autobauer Nissan produzierte. Das verlustträchtige Modell wurde jetzt eingestellt, was hohe Kosten verursachte.

2017 vorgestellt, jetzt eingestellt: Die X-Klasse war vor allem für den US-Markt geplant
2017 vorgestellt, jetzt eingestellt: Die X-Klasse war vor allem für den US-Markt geplantBild: Daimler AG

Trüber Ausblick

Wirkliche Besserung erwartet Daimler im laufenden Jahr nicht: Der Konzernabsatz soll leicht sinken, der Umsatz auf dem Vojahresniveau von knapp 173 Milliarden Euro verharren. Trotzdem wollen die Stuttgarter weiter Milliarden in neue Modelle und Technologien stecken. Die Investitionen und Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen auf dem Niveau von 2019 von knapp 17 Milliarden Euro bleiben. Damit sei aber der Höchststand erreicht, erklärte Källenius. In diesem Jahr sollen weitere Elektroautos der Baureihe EQ auf den Markt kommen. Auch das Aushängeschild der Marke mit dem Stern, die profitable Luxuslimousine S-Klasse, kommt in neuer Auflage.

Källenius erklärte, Daimler könne das Ziel der EU zur Reduktion der Kohlendioxid-Emissionen in diesem Jahr schaffen, wenn der Absatzanteil von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben - also rein elektrischen und hybriden - von zwei auf neun Prozent steige. Zugleich wolle er den Verkauf von Modellen mit Benzin- oder Dieselmotoren nicht bremsen. "Wir haben den Schalter mental umgelegt." Auf dem Weg zu CO2-neutralen Produkten sei die Devise jetzt "Elektroautos zuerst."

Auf der CES 2020 in Las Vegas stellte Daimler dieses Konzeptauto namens Vision AVTR vor
Auf der CES 2020 in Las Vegas stellte Daimler dieses Konzeptauto namens Vision AVTR vorBild: picture-alliance/AP Photo/R. D. Franklin

Daimler bereits auf Partnersuche?

"Für Daimler ist es 5 vor 12, höchste Zeit also für Veränderungen", bringt es Auto-Analyst Frank Schwope von der Nord LB auf den Punkt. Daimler sei bei der Elektromobilität ins Hintertreffen geraten. "Statt unrealistischer Avatar-Hirngespinste wie (auf der CES) wäre der Konzern besser beraten, massiv serienreife Elektroautos auf die Straße zu bringen."  Schwope glaubt, dass Daimler auf Dauer nicht daran vorbeikommen wird, mit einem anderen Autobauer zusammen zu gehen. Allerdings seien die Hürden für eine Fusion wegen der komplizierten Aktionärsstrukturen und politischer Interessen bei Daimler sehr hoch, räumt Schwope ein.

Vorstandschef Källenius zeigte sich einer engeren Zusammenarbeit mit bisherigen Kooperationspartnern durchaus aufgeschlossen, lehnte es aber ab, über Gespräche mit möglichen anderen Partnern zu sprechen, die noch nicht abgeschlossen seien.

tko/ hb (rtr,dpa)