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Autobauer handeln mit Daten

7. Dezember 2015

Für fast drei milliarden Euro hatten Audi, BMW und Daimler den Kartendienst "Here" von Nokia gekauft. Nun gaben die Autobauer bekannt, was sie mit dem Dienst vorhaben.

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Nokia here maps for life
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Audi, BMW und Daimler wollen den Kartendienst "Here" für Konkurrenten offenhalten und auch außerhalb der Autoindustrie vermarkten, teilten die Firmen am Montag in Berlin mit.

Einheitliche Technik sei notwendig, um Karten künftig mit Sensordaten aus Autos ständig zu aktualisieren, erklärte BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich.

"Wir wollen das nicht nur für uns tun, wir müssen mit den Kollegen in der Industrie reden", sagte er. Die Autohersteller betonten, "Here" werde ein unabhängiger, auch für alle anderen Fahrzeugbauer offener Anbieter bleiben.

Gegen Google und Apple

Vergangene Woche hatten die Autohersteller schneller als gedacht den Kauf des Kartendienstes vom finnischen Telekomkonzern Nokia abgeschlossen.

Das Trio hatte sich zu der ungewöhnlichen Allianz entschlossen, um zu verhindern, dass Nokia die Schlüsseltechnologie für Assistenzsysteme, Navigation und autonomes Fahren an die amerikanischen IT- und Internetkonzerne Google oder Apple verkauft und diese dann den Markt beherrschen.

"Here" wird in vier von fünf Neuwagen mit integriertem Navigationssystem genutzt. Der größte Konkurrent ist der niederländische Anbieter TomTom, der mit dem Zulieferer Bosch kooperiert.

Das Ziel heißt China

Mit den drei Autokonzernen im Rücken will "Here" sein zuletzt kräftiges Wachstum weiter vorantreiben. Der Umsatz von knapp einer Milliarde Euro im vergangenen Jahr sei 2015 um 23 Prozent gestiegen, erklärte Here-Chef Sean Fernback.

Das in Berlin sitzende Unternehmen mit 6500 Mitarbeitern hat weltweit derzeit 450 offene Stellen. Neben der Weiterentwicklung des Angebots von

Echtzeit-Kartendaten hat sich "Here" zum Ziel gesetzt, den Marktzugang in China zu schaffen, dem größten Automarkt der Welt. Gespräche mit der chinesischen Internet-Suchmaschine Baidu und dem Navigationsdienst NavInfo liefen bereits. "Wir haben Optionen, und wir haben vor, diese Optionen in den kommenden Monaten auszuüben", sagte Fernback.

Daten ohne Ende

Die Autobauer sind zu Investitionen bereit, wie Audi-Chef Rupert Stadler erklärte. Angesichts der großen Geschäftsmöglichkeiten mit den Datenmassen aus Autos seien sie von den positiven Gewinnaussichten überzeugt.

Die Autofirmen erwägen, Daten von Sensoren aus ihren vernetzten Fahrzeugen in den Kartendienst einfließen zu lassen. Dabei sollen die Kunden um Erlaubnis gefragt werden. "Here" solle ein Service werden, "der weiß, was wo im konkreten Augenblick passiert", sagte Audi-Chef Rupert Stadler.

Bereits rund zwei Millionen ihrer Fahrzeuge seien bereits vernetzt, so die Hersteller. Mit den anonymisierten Daten können in den Karten zum Beispiel die aktuelle Verkehrslage oder der Zustand der Straßen berücksichtigt werden.

Der Kartendienst soll die Autobauer zudem in die Lage versetzen, mit hochpräzisen Daten auch selbstfahrende Fahrzeuge zu navigieren. Herkömmliche Navigationskarten für Autos sind bis auf wenige Meter genau, Hochpräzisionskarten für autonome Fahrzeuge stellen die Umgebung dagegen zentimetergenau dar. Diese Qualität hätten bereits einige Karten, mit denen selbstfahrende Fahrzeuge in den USA, Deutschland, Frankreich und Japan getestet würden, sagte Audi-Chef Stadler.

Der Kauf von "Here" sei eine beispiellose Kooperation von Rivalen, betonte Stadler. "Here" sei bereits profitabel, und die Autobauer erwarteten auch in Zukunft Rendite.

bea/ (dpa, reuters)