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Les Herbiers fordert PSG heraus

8. Mai 2018

Ein 16.300-Seelen-Örtchen namens Les Herbiers trifft im französischen Pokalfinale auf das große Paris Saint-Germain. Es ist ein mehr als ungleiches Duell zwischen Drittligist und Ligakrösus - mit Fußballwunder-Potential.

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Frankreich Fußball Paris Saint-Germain (PSG) - Les Herbiers VF
Der Einzug ins Pokalfinale ist mehr als ein Erfolg für Les Herbiers - er ist eine SensationBild: Getty Images/AFP/L. Venance

Wir befinden uns im Jahr 2018 nach Christus. Ganz Fußball-Gallien ist fest im Griff von Paris Saint-Germain. Die Meisterschaft haben sie spielend leicht erobert, zwei Spieltage vor dem Ende führt PSG mit 17 Punkten die Tabelle an. Den Liga-Pokal haben sie im Sturm genommen, AS Monaco war im Finale (3:0 für Paris) nur Kanonenfutter. Gallien stöhnt unter der erdrückenden Dominanz der neureichen Pariser. Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf will der Fußball-Großmacht Widerstand leisten: Les Herbiers.

Die Analogie mag etwas abgegriffen sein, doch im Falle des französischen Pokal-Finales zwischen Les Herbiers und Paris Saint-Germain trifft sie den Nagel auf den Kopf: Das kleine 16.300-Seelen-Örtchen Les Herbiers stellt sich mit seinem Drittligateam der Millionenmetropole Paris mit seinem hunderte Millionen Euro teuren Kader entgegen. Asterix und seine Dorf-Mitbewohner gegen das römische Imperium. Ein ungleiches Duell für das Les Herbiers schon einen Zaubertrank bräuchte, um es zu gewinnen.

Der Etat von PSG ist 270 Mal so groß wie der von Les Herbiers

Frankreich Fußball Paris Saint-Germain (PSG) - Les Herbiers VF
Eine völlig neue Erfahrung für Les Herbiers: 80.000 Zuschauer statt wie üblich rund 1300Bild: Getty Images/AFP/F. Five

"Ich bin ein junger Trainer, ich bin hier, um zu lernen", sagte Herbiers-Coach Stéphane Masala vor dem Spiel im Stade de France. "Und ich hoffe, dass uns die großen Spieler von PSG eine Lektion erteilen werden." Was nach frecher Ironie klingen sollte, beinhaltet natürlich auch eine Portion Demut. Niemals zuvor in der Geschichte des Coupe de France gab es einen größeren Kontrast zwischen den beiden Final-Teilnehmern. Auf der einen Seite der aktuelle Double-Gewinner Paris, auf der anderen Seite Les Herbiers, das aktuell nur auf Rang elf von 17 Teams in der dritten französischen Liga steht. Der Etat des Hauptstadt-Klubs ist mit 540 Millionen Euro 270 Mal so groß wie der von Vendée Les Herbiers Football (zwei Millionen Euro). Maximal 3000 Euro zahlt der Drittligist seinen Spielern monatlich, gegenüber durchschnittlich 750.000 Euro Monatsgehalt (!) die PSG seinen Profis zahlt, wie die französische "L'Équipe" berichtet. Diese Welten prallen am Dienstagabend (21:05 Uhr MESZ) in Saint-Denis aufeinander.

Allein das 80.000 Zuschauer fassende Stade de France wird dabei eine völlig neue Erfahrung für die Kicker von Les Herbiers, die ihre Heimspiele im Stade Massabielle austragen - im Schnitt vor rund 1300 Zuschauern. "Das Finale des Coupe de France ist für uns ein großer Gewinn - finanziell, sportlich und medial. Wir werden all das am Ende der Saison feiern, wie es sich gehört", freute sich Herbiers-Präsident Michel Landreau unter anderem auf die 1,5 Millionen Euro Einnahmen, die dem Finalverlierer winken. Sollte ein Wunder geschehen und David Les Herbiers gewinnt gegen Goliath Paris wären es 2,4 Millionen Euro Prämie.

Abschieds-Triple für Unai Emery?

In seiner 98-jährigen Geschichte hat der Verein Les Herbiers, der auf eine katholische Sportbewegung namens Alouette Sportive zurückgeht, mit dem Aufstieg in die dritte Liga 2015 seinen bislang größten Erfolg gefeiert. Der sensationelle Einzug ins Pokal-Finale dank Siegen gegen AJ Auxerre, RC Lens und FC Chambly ist eine völlig neue Dimension für den Klub aus dem Westen Frankreichs. Ein Sieg gegen Paris erscheint nahezu unvorstellbar, andererseits wuchsen die Herbiers-Kicker in den bisherigen Pokalrunden vor allem kämpferisch über sich hinaus. Für zwei Spieler wird das Finale übrigens ein Wiedersehen: Rodrigue Bongongui, Angreifer von Herbiers, und sein namhaftes Gegenüber bei PSG, Kylian Mbappé, spielten zu Jugendzeiten gemeinsam beim AS Bondy, nicht weit weg vom Stade de France.

Screenshot Facebook Fußball Jugendspieler Mbappe und Bongongui (facebook.com/asbondyfootball)
Früher Teamkollegen: PSG-Star Kylian Mbappé (rechts unten) und Rodrigue Bongongui (links unten)Bild: EC/ECHO/FAO

Für Paris Saint-Germain, dessen Star Neymar das Spiel verletzt von der Tribüne aus verfolgen wird, ist das Spiel gegen Herbiers eigentlich nur eine Formalität. Alles andere als der Vollzug des nationalen Triples wäre eine schallende Ohrfeige für PSG. Der vierte Pokalsieg infolge und damit der zwölfte in der Vereinsgeschichte ist fest eingeplant und zwar als Abschiedsgeschenk an den scheidenden Trainer Unai Emery, dessen nationale Erfolge bei gleichzeitigem frühzeitigen Aus in der Champions League den katarischen Klubeignern nicht ausreichten. Im Sommer ersetzt ihn der deutsche Fußballlehrer Thomas Tuchel. "Wir müssen diesen Titel für ihn (Unai Emery) gewinnen und diese Saison zu einem guten Ende führen", fordert der brasilianische Kapitän Thiago Silva. Das Drehbuch der Asterix-Erfinder René Goscinny und Albert Uderzo sähe freilich einen anderen Ausgang vor.