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Böse Bytes

Mathias Boelinger8. Juli 2007

Das Internet ist nicht nur die lustige Welt bunter Communities und von Kämpfern für die Meinungsfreiheit. Auch zwielichtige Absichten lassen sich in der digitalen Freiheit verwirklichen.

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Lupe vergrößert Computer-Bildschirm
Virtuelle Freiheit unter der LupeBild: picture-alliance/dpa

Die Gruppe CLODO, die dem französischen Linksterrorismus zugerechnet wird, verübte zwischen 1980 und 1983 sechs Anschläge. Ihr Ziel waren ausschließlich Unternehmen der Computerbranche. CLODO stand für "Comité pour la Liquidation et la Déstruction des Ordinateurs", Komitee zur Beseitigung und Zerstörung der Computer.

Lieblingsinstrument der Herrschenden

"Wir sind Arbeiter in der Datenverarbeitung, und daher wissen wir um die gegenwärtigen und zukünftigen Gefahren der Datenverarbeitung und der Telekommunikation", ließen sie die Presse in einem Kommuniqué wissen. "Der Computer ist das Lieblingsinstrument der Herrschenden. Er dient der Ausbeutung, der Kontrolle und Unterdrückung."

Die Angst vor einer übermächtigen Technologie, die sich gegen den Menschen richtet, entsprach in den 80-er Jahren durchaus dem Zeitgeist. Zahlreiche Science-Fiction-Romane von damals schildern die Unterdrückung der Menschheit durch mächtige Zentralcomputer, beschreiben ihre Unterwerfung durch Roboter und malen sich Methoden elektronischer Gehirnwäsche aus.

Grenzenlose Kommunikation

Chinesische Mädchen surfen im Internet
Die Welt wird kleiner: Internet-Café in ChinaBild: AP

Zehn Jahre später war diese Stimmung verflogen. Anfang der 90-er öffnete das Internet seine Ports - seine Zugangsknoten - für die Öffentlichkeit. Die zuvor skeptisch beäugten Computer boten nun Zugang zu einem bis dahin nicht erahnbaren Raum der Kommunikation und des Informationsaustauschs.

Euphorie breitete sich aus. Das Internet stand für die Überwindung von Distanzen, für ein unerschöpfliches Reservoir an Information, für eine weltweite Öffentlichkeit, zu der jeder Zugang hat. Es schien, als ob eine Ära bedingungsloser Informationsfreiheit begonnen habe.

CyberCrime: Plattform für Betrüger

Hacker knackt Computer
Vorsicht Hacker: Datenklau via InternetBild: Bilderbox

Doch nach und nach wird deutlich, dass diese Freiheit auch eine Schattenseite hat. Viren verbreiten sich wie nie zuvor, Spyware und Trojaner ermöglichen es, fremde Computer auszuspähen und sogar fernzusteuern.

Betrüger fischen im Netz nach Kontodaten und Passwörtern. Rechtsradikale und Pädophile nutzen das Netz um verbotene Inhalte auszutauschen, und - die ehemaligen Mitglieder von CLODO werden sich verwundert die Augen reiben - Terroristen organisieren sich weltweit über das Netz. Dem islamischen Terrorismus stehen Möglichkeiten der Propaganda und der Rekrutierung zur Verfügung, von denen die Linksterroristen der 70-er und 80-er Jahre wahrscheinlich nicht einmal zu träumen wagten.

Wieweit darf die Freiheit gehen?

Offizielles Logo des Safer Internet Day 2007
Sicheres Surfen: EU setzt sich für Internetsicherheit ein

Die Möglichkeit, überall und jederzeit an jede Information zu kommen, wird deshalb heute auch als Bedrohung wahrgenommen. Überall auf der Welt wird darüber nachgedacht, wie weit die Freiheit im Internet gehen darf. Die meisten Staaten unterhalten inzwischen spezielle Polizei- und Geheimdiensteinheiten, die Kriminalität und Terrorismus im Netz bekämpfen sollen. Um besser nachvollziehen zu können, wer im Internet was macht, will die EU alle Zugangsdaten von Internetnutzern speichern.

Datenschützer und Internetaktivisten warnen inzwischen vor der Möglichkeit einer Überwachung des Einzelnen, wie sie noch vor ein paar Jahren kaum vorstellbar war. Zwar ist die Euphorie über das Internet auch nach über zehn Jahren kaum abgeflaut. Doch langsam kehren auch die Ängste der 80-er Jahre wieder zurück.