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Flickenteppich Bahnnetz

1. Dezember 2010

Der Europäische Rechnungshof klagt über Kleinstaaterei und nationale Hemmnisse bei grenzüberschreitenden Bahnprojekten. Manche Verbesserungen würden keinen einzigen Euro kosten.

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deutscher ICE fährt in Kanaltunnel ein (Foto: Picture alliance)
Durchbruch - ein deutscher ICE erreicht LondonBild: picture alliance/empics

Die EU fördert den Schienenverkehr und vor allem den grenzüberschreitenden Schienenverkehr in Europa. Doch ein leistungsstarkes europäisches Netz wächst nur langsam. Das bemängelt auch Henri Grethen vom Europäischen Rechnungshof. Zwar werde das Transportvolumen aller Verkehrsträger in den kommenden Jahrzehnten weiter steigen, vor allem beim Güterverkehr, “aber die Schiene dürfte trotz ihrer Attraktivität hinsichtlich Effizienz und Umweltfreundlichkeit nur einen geringen Anteil an der Steigerung haben.“

Doch warum ist das so? Grethen meint, das liege vor allem daran, dass der Schienenverkehr immer noch vorwiegend national und nicht europäisch ausgerichtet sei. “Es gibt Engpässe auf wichtigen Achsen und Lücken zwischen nationalen Schienennetzen.“ Außerdem seien viele Bahnprojekte sehr teuer. “Kosten von mehreren Milliarden Euro sind nicht ungewöhnlich.“

Europaabgeordneter Liese lächelt in die Kamera (Foto: Europäisches Parlament)
Europaabgeordneter Liese: "So viele Straßen können wir gar nicht bauen, wie wir bräuchten."Bild: Europäisches Parlament

25 Minuten gespart, 25 Minuten verloren

Bei solchen Summen muss natürlich besonders gut überlegt werden, ob sich die Investition lohnt. Und das tun eben auch die europäischen Rechnungsprüfer bei Projekten, die von der EU mitfinanziert werden. Ihr Ergebnis ist: Ja, in fast allen Fällen sei das Geld gut angelegt, aber es gebe Verbesserungsmöglichkeiten. Und manche Verbesserungen würden gar nichts kosten.

Das machte Rechnungsprüfer Gareth Roberts an einem beinahe absurden Beispiel auf der Bahnachse Berlin-Palermo deutlich. “Die Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Nürnberg und Ingolstadt bringt eine Zeitersparnis für Personenzüge von 25 Minuten. Auf derselben Achse, an der Grenzstation zwischen Österreich und Italien, wird eine technische Prüfung für Güterzüge Richtung Süden vorgenommen, obwohl wenige Stunden früher in München bereits eine solche Kontrolle stattgefunden hat. Die Zeit für die Zusatzprüfung beträgt ebenfalls 25 Minuten.“

Roberts hat festgestellt, dass in diesem Fall schlicht das Vertrauen zwischen nationalen Behörden fehlt, dass Züge in einem technisch einwandfreien Zustand übergeben würden. Laut dem Rechnungshof sind die Beteiligten im Gespräch, um das Problem zu lösen.

Druck aus der Wirtschaft

Der CDU-Europaabgeordnete und Umweltpolitiker Peter Liese vermisst oftmals den politischen Willen von Staaten, im Bahnverkehr zusammenzuarbeiten. Doch er sieht Hoffnung, dass sich das ändert. Der Druck nehme zu, sagt Liese. Darum kümmere sich die Kommission. “Aber es gibt auch Initiativen aus der Wirtschaft, die selber erkennen, so viele zusätzliche Straßen können wir gar nicht bauen, wie wir bräuchten, um das Problem zu lösen.“

Ein Beispiel hat Liese direkt vor Augen: Der deutsche ICE hat viele Jahre gebraucht, bis er nach Brüssel fahren konnte. Und vor kurzem durfte sogar ein ICE durch den Kanaltunnel nach London fahren. Es tut sich also was.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Fabian Schmidt