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Offshore Windpark Baltic One

10. September 2010

Nirgendwo bläst der Wind stärker als auf hoher See. In Deutschland soll der Anteil der Offshore Windkraft in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Baltic One ist der erste kommerzielle Windpark in der deutschen Ostsee.

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Ein Serviceboot steuert die Umspannstation von Baltic One an (Foto: Dierk Jansen)
Ein Serviceboot steuert die Umspannstation von Baltic One anBild: Dierk Jensen
Windräder (Foto: Dierk Jansen)
Die 2,3 Megawatt- Turbinen der Firma Siemens auf dem offenen MeerBild: Dierk Jensen

Noch ist es ein Baufeld - doch schon jetzt künden riesige Windräder von dem ersten kommerziellen Windpark vor der deutschen Ostseeküste. Nach Alpha Ventus, dem ersten Windpark, der im April in der Nordsee in Betrieb ging, soll Baltic One Ende 2010 fertig gestellt sein und dann ans Netz gehen. Derzeit arbeiten Ingenieure, Lieferanten und Logistiker noch fieberhaft 16 Kilometer nördlich der Halbinsel Darß auf einem Areal von rund sieben Quadratkilometer mitten im Meer. Bevor die Herbststürme eine Weiterarbeit auf hoher See unmöglich machen, sollen die letzten Arbeiten erledigt sein. Anfang September wurde die letzte der insgesamt 21 Turbinen aufgestellt. Einmal am Netz, soll der erste kommerzielle Offshore Windpark Deutschlands eine jährliche Gesamtleistung von 48 Millionen Kilowattstunden erbringen und damit den Strombedarf von immerhin 50.000 Haushalten abdecken. Ohne dass dabei klimaschädliches Co2 entsteht.

Mit bloßem Auge ist das Baufeld von der Küste aus nicht zusehen. Eine rund zweieinhalbstündige Bootsfahrt muss antreten, wer das Zukunftsprojekt besichtigen will.

Bauarbeiten im wogenden Meer

Ein schwimmender Kran vor der Umspannplattform (Foto: EnBW/Mathias Ibeler)
Riesige Kräne setzen die Umspannstation auf ihr FundamentBild: EnBW/Mathias Ibeler

Mit 18 Knoten die Stunde bewegt sich die "Fairwind" vom Rostocker Hafen Warnemünde aus auf den ersten Offshore-Windpark zu, dessen Ausmaß erst erfassbar wird, wenn man sich inmitten der dreiarmigen Turbinen befindet. Wie riesige Palisaden ragen die 125 Meter hohen Windräder in den Horizont und kündigen schon von weitem ihr wellenumtosendes Energiepotenzial an. Unser Skipper beantragt auf englisch eine Einfahrtserlaubnis bei der Leitwarte des Baufelds, in dem reger Betrieb herrscht.

Turbinenboote kreuzen zwischen den 40 Meter langen Rohren umher, den sogenannten Monopiles, mit denen die Windräder am Meeresboden in rund 20 Meter Tiefe verankert sind. An gelben Zwischengliedern, mit denen die Turbinen befestigt sind, stehen Arbeiter und beraten sich mit Ingenieuren auf schmalen Kontrollplattformen. In einiger Entfernung vom Baufeld verlegt ein Kabelboot ein Unterseekabel, mit dem der im Windpark erzeugte Strom später an Land transportiert werden wird.

Für den Betreiber, das Karlsruher Energieunternehmen EnBW, ist der Bau dieses rund 150 Millionen Euro teuren Offshore-Windparks eine finanzielle, aber auch eine technologische Herausforderung. "Wir haben 21 Einzelanlagen. Jede dieser Anlagen hat eine Einzelleistung von 2,3 Megawatt. Diese Energie wird über ein im Wasser unter dem Meeresboden liegendes Netzwerk auf der Umspannplattform zusammengeführt", erläutert Dr. Werner Götz, Geschäftsführer Erneuerbare Energien bei EnBW die technische Funktionsweise der Anlage, in der die entstandene Energie schon an Ort und Stelle auf eine Spannungsebene von 150.000 Volt hochtransformiert wird. "Dann wird der Strom über ein 61 Kilometer langes Kabel hier in der Nähe von Rostock in das landbasierte 50-Hertz Netz eingespeist."

Investoren gesucht

Reporter Daniel Scheschkewitz hat die 900 Tonnen schwere Umspannstation im Blick (Foto: Dierk Jansen)
Reporter Daniel Scheschkewitz hat die 900 Tonnen schwere Umspannstation im BlickBild: Dierk Jensen

15 Cent pro Kilowattstunde bekommt der Anlagenbetreiber derzeit, wenn er den Strom ins Netz einspeist. Dieser Abnahmepreis ist in Deutschland gesetzlich garantiert. Ein einzelnes Windrad einer fünf Megawatt-Turbine kann bei optimaler Auslastung Strom im Wert von 750 Euro pro Tag erzeugen. Doch je weiter man auf das offene Meer hinausgeht und je tiefer der Meeresboden wird, desto größer werden die Kosten und die Risiken. Nicht nur beim Bau der großen Beton- und Stahlfundamente, sondern auch im Bereich der Wartung, weshalb sich derzeit nur zwei größere Windparks in deutschen Küstengewässern im Bau befinden.

"Die Banken sind zur Zeit noch sehr zurückhaltend, weil sie die Risiken der Offshore Windtechnologie sehen, aber zu hoch bewerten", sagt Andree Iffländer vom Netzwerk "Wind Energy", das politische Entscheidungsträger und Investoren berät. "Die Bundesregierung könnte diese Risiken zum Beispiel durch Bürgschaften bis zur Inbetriebnahme der Parks abfedern helfen." Ähnliches wünscht sich Mecklenburg Vorpommerns Wirtschaftsminister Jürgen Seidel, der in der Offshore-Windkraft eine große Chance für sein industriell strukturschwaches Bundesland sieht.

Jobmotor Offshore Windkraft

Die ersten Windräder des Offshore Windparks (Foto: EnBW/Mathias Ibeler)
Windkraft soll in Mecklenburg- Vorpommern 20 000 neue Jobs schaffenBild: EnBW/Mathias Ibeler

Schon jetzt bietet die Branche rund 3000 Menschen Arbeit im Land. Bis 2020 sollen bei einem forcierten Ausbau der Hochsee-Windenergie bis zu 20.000 Arbeitsplätze allein in Mecklenburg-Vorpommern entstehen. "Die gesamte Wertschöpfungskette ist hier im Lande vertreten. Hier findet nicht nur der Bau der eigentlichen Anlagen statt. Auch die Fundamente werden in unserem Bundesland produziert. Die notwendigen Betreuungsfirmen sind hier angesiedelt, bis hin zu den wissenschaftlichen Kapazitäten, die für den Bau solcher Anlagen notwendig sind, sagt der Minister optimistisch.

Probleme gibt es noch beim Weitertransport der Offshore Windenergie. Der Ausbau intelligenter Netze, die den in unterschiedlicher Intensität anfallenden Strom in der richtigen Dosis weitertransportieren können, steckt noch in den Kinderschuhen. Die Bundesregierung möchte den Anteil der Offshore-Windkraft an den Erneuerbaren Energien kontinuierlich erhöhen. Bis zum Jahr 2020 sollen 10.000 Megawatt auf hoher See erzeugt werden. Dafür könnte man zwölf große Kohlekraftwerke einsparen. Anders lassen sich die ehrgeizigen Klimaziele der Bundesregierung zum Abbau der CO2-Schadstoffe wohl kaum erreichen. Damit es aber soweit kommt, bedarf es klarer Investitionsentscheidungen, sagen die Experten. Und erheblich größerer Anlagen.

Offshore Windparks in neuer Dimension

Bei EnbW, einem der vier großen deutschen Stromerzeuger, plant man deshalb schon über Baltic One hinaus, kündigte Werner Götz Anfang September auf dem 2. Offshore Summit in Rostock an: "Die EnBW möchte über Baltic One hinaus zwei weitere Projekte in der Ostsee realisieren. Baltic Two wird rund 60 Kilometer nördlich von Baltic One an der Grenze zwischen Dänemark, Deutschland und Schweden liegen. Die Dimension des Projekts ist mit 80 Turbinen, einer Gesamtkapazität von 288 Megawatt und auch vom Investitionsvolumen her deutlich anspruchvoller als Baltic One."

Autor: Daniel Scheschkewitz

Redaktion: Rolf Wenkel