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"Balu" unterstützt überlastete Eltern

6. Februar 2011

Wenn die Eltern im Alltag überfordert sind, dann fühlen sich die Kinder oft fremd und einsam. Ein guter Freund, wie der Balu-Bär, kann den Eltern und Kindern helfen.

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Logo Balu und Du
Bild: Balu und Du

Fremde Umgebung, keine Freunde, andere Sprache und andere Sitten - das ist der erste Eindruck, den viele Einwanderer von Deutschland haben. So ging es auch dem 43-jährigen Calixte Gbekou, der im Jahr 2002 aus Togo nach Deutschland kam. Aus seiner Heimat sei er es gewohnt gewesen, ständig mit den Schwierigkeiten des Alltags zu kämpfen, erklärt der Togolese mit einem traurigen Lächeln. Als dann vor drei Jahren sein kleiner Sohn Auguste zu ihm nach Köln kam, war der alleinerziehende Vater plötzlich überfordert. Offen gibt er zu: "Ich bin alleine mit meinem Sohn gewesen und ich konnte nicht wirklich mit ihm umgehen."

Dann erzählte ihm Augustes Lehrerin vom Programm "Balu und Du". Vor fast acht Jahren entstand es an der Universität Osnabrück. Das Prinzip ist ganz einfach. "Balu und Du" basiert darauf, dass einem Kind zwischen sechs und zehn Jahren für die Dauer eines Jahres ein erwachsener Freund zur Seite gestellt wird. Dieser heißt "Balu", wie der Bär aus dem "Dschungelbuch" und die Kinder heißen in den Programm "Mogli". "Sie verbringen gemeinsam einmal in der Woche einen Nachmittag miteinander", erklärt Sozialpädagoge Frank Sevenig-Held, der das Programm bei der Caritas in Bonn betreut.

Den Weltdschungel mit Balu entdecken

Das ehrenamtliche Programm richtet sich vor allem an Grundschulkinder, die etwas mehr Aufmerksamkeit oder ein offenes Ohr brauchen. Sei es, weil die Eltern sich um kleinere Geschwister kümmern müssen oder weil sie selbst überfordert sind, beispielsweise nach dem Umzug aus einer anderen Stadt oder einem anderen Land, wie Calixte Gbekou.

Familie Gbekou mit ihrem "Balu" Regina Palmer (Foto: DW)
Familie Gbekou mit ihrem "Balu" Regina PalmerBild: DW

In ganz Deutschland betreuen mittlerweile hunderte junge Mentoren kleine Moglis. Die 25-jährige Regina Palmer hat weder kleinere Geschwister noch eigene Kinder. Auch ihr Studienfach an der Universität zu Köln hat kaum etwas mit Kindererziehung zu tun. Sie studiert Wirtschaft. Seit sieben Monaten nun betreut die junge Frau Auguste Gbekou. Strahlend erzählt der Junge, was er schon alles mit seiner Mentorin unternommen hat: "Wir waren zwei Mal schwimmen, wir waren im Wald mit dem Hund, zwei Mal auch, und wir waren auf dem Spielplatz."

Still zu sitzen fällt dem kleinen Energiebündel Auguste sichtlich schwer. Oft unternehmen die beiden etwas draußen. Auch ein Musicalbesuch stand schon mal auf dem Programm. Und mit Regina ist Auguste zum ersten Mal in seinem Leben im Kino gewesen.

Von Kindern lernen

In ihrer Rolle als Balu können auch die Erwachsenen viel Neues entdecken, weiß Bianka Hilfrich, eine 24-jährige Philosophie-Studentin aus Bonn. Mit ihrem neunjährigen Mogli Samira, deren alleinerziehende Mutter aus Syrien kommt, hat Bianka gelernt, die Welt ganz anders zu betrachten: "Ich hätte mir nie vorstellen können, zum Beispiel durch den Botanischen Garten zu gehen und wirklich an jeder Blume so unheimlich lange stehen zu bleiben, um zu gucken, Fotos zu machen und mich mit Kleinigkeiten auseinander zu setzen."

Sich auf das Kind einlassen zu können, unternehmungslustig, geduldig und zuverlässig zu sein - wer diese Eigenschaften mitbringt, der schafft es, als Balu eine freundschaftliche Beziehung zu seinem Mogli aufzubauen. Die dauert manchmal auch länger als ein Jahr.

Natürlich sind die jungen Mentoren nicht sich selbst überlassen. Regelmäßig treffen sie sich, um über ihre Erfahrungen mit den Kindern zu berichten, Tipps über mögliche Aktivitäten auszutauschen oder sich einen Rat zu holen.

Manchmal können eigene Kindheitserlebnisse von Nutzen sein. Da Bianka Hilfrich zum Beispiel auch selbst einen Migrationshintergrund hat - ihre Mutter kommt von den Philippinen - kann sie manche Sorgen und Probleme ihres Moglis gut nachvollziehen. So beschwert sich Samira oft bei ihrem Balu, dass sie wegen ihrer etwas dunkleren Haut von anderen Kindern verspottet wird. Wie die Kleine sich dabei fühlt und wie sie am Besten reagieren soll, das weiß Bianka Hilfrich aus eigener Erfahrung in der Grundschule: "Ich habe ja auch optisch einen leicht asiatischen Einschlag", sagt sie.

Mitfühlen, erklären, verborgene Talente fördern und dabei gemeinsam Spaß haben - das ist das Erfolgsgeheimnis von "Balu und Du".

Autorin: Tetyana Bondarenko

Redaktion: Kay-Alexander Scholz