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Politik

BAMF überprüft 18.000 Asyl-Entscheidungen

18. Mai 2018

In der Affäre um mutmaßlich manipulierte Asylentscheidungen in Bremen sagt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) umfassende Aufklärung zu. Es will tausende Fälle seit 2000 kontrollieren lassen.

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Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Flüchtlinge stehen vor der Landesaufnahmebehörde in Braunschweig (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Die Präsidentin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Jutta Cordt, kündigte in Berlin an, dass alle positiven Asylbescheide der Außenstelle ab dem Jahr 2000 nochmals geprüft werden sollen. Etwa 70 Mitarbeiter sollen die rund 18.000 Fälle durchleuchten. Cordt rechnet mit einem Ergebnis in drei Monaten.

Mitte April war bekannt geworden, dass eine frühere Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen Asyl gewährt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. In den meisten Fällen geht es nach Angaben der Staatsanwaltschaft um Kurden, die angaben, zur Religionsgemeinschaft der Jesiden zu gehören. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Frau und fünf weitere Beschuldigte wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Seit Oktober 2017 beschäftigt sich Cordt zufolge die interne Revision des Bundesamtes intensiv mit dem Vorfall. Im November 2017 sei die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden. Die damalige Bremer Außenstellenleiterin wurde von ihrem Amt entbunden.

Bundesinnenminister Seehofer besucht BAMF
BAMF-Chefin Cordt und Bundesinnenminister Seehofer haben Aufklärung zugesagtBild: picture-alliance/D. Karman

"Spiegel": Bremer BAMF-Stelle winkte auch Schleuser durch

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" soll die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aber auch Asylbewerber durchgewunken haben, die ein potenzielles Sicherheitsrisiko darstellen. Ein Mann habe Flüchtlingsschutz beantragt und angegeben, in Syrien für den Geheimdienst gearbeitet zu haben, berichtet der "Spiegel". Die Bremer BAMF-Außenstelle habe aber gegen die Vorschriften offenbar nicht die Sicherheitsexperten des Amts informiert.

Ein anderer Antragsteller habe in Bremen Flüchtlingsschutz erhalten, obwohl er mehrmals schwere Straftaten begangen und in Haft gesessen hatte, auch wegen des Versuchs der Schleuserei, schreibt der "Spiegel" weiter. Prüfer des BAMF hätten inzwischen festgestellt, dass seine Anerkennung vermutlich "von Anfang an rechtswidrig war".

In weiteren Verfahren hätten die Flüchtlinge mögliche Verbindungen zur Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) gehabt. Eine nähere Prüfung sei aber unterblieben.

Umfangreich interne Untersuchung

Nach Cordts Angaben wurden bis zum 11. Mai intern 4407 Asyl-Entscheidungen des BAMF seit 2013 überprüft, 30 Prozent davon in Bremen. In 73 Prozent der Bremer Fälle habe es Unplausibilitäten gegeben, was nicht automatisch fehlerhaft heiße, berichtete Cordt. In rund 40 Prozent der Fälle müssten die Entscheidungen aber widerrufen oder zurückgenommen werden.

In anderen Außenstellen, die ebenfalls in die Prüfung einbezogen worden seien, seien keine Hinweise auf bewusste Manipulationen gefunden worden, sagte Cordt. Dort habe es in 46 Prozent der Fälle Unplausibilitäten gegeben, nur in 5,8 Prozent aber müsse es einen Widerruf oder eine Rücknahme geben.

"Wir sind dabei aufzuklären, die Aufklärung dauert an", betonte Cordt. Die Beweislast liege in jedem Fall bei ihrem Amt. Für Disziplinarverfahren gegen eigene Mitarbeiter soll ein externer Ermittler eingesetzt werden, sagte sie. 

Verfassungsrichter billigen Asyl-Richter auf Zeit

Ebenfalls am Freitag entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Ernennung von Verwaltungsrichtern auf Zeit, nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Solche Richter erfüllten genauso die Anforderungen, heißt es in einem Beschluss der Karlsruher Richter. Dabei geht es um die 2015 geschaffene Regelung, Beamte mit Befähigung zum Richteramt für mindestens zwei Jahre an Verwaltungsgerichte erster Instanz zu bestellen, wenn dort vorübergehend mehr Leute gebraucht werden, etwa um die vielen Asyl-Streitfälle zu bewältigen. Voraussetzung ist, dass die Beamten Volljuristen sind. Bisher nutzt wegen des Anstiegs der Asylverfahren nur Mecklenburg-Vorpommern diese Option.

Ankerzentrum für Flüchtlinge

Verfassungsbeschwerde eingelegt hatte ein somalischer Asylsuchender, über dessen Fall ein Richter auf Zeit entschieden hatte. Der Kläger machte geltend, es bestehe die Gefahr, dass dieser Richter nach seiner befristeten Tätigkeit wieder in die frühere Verwaltung zurückkehre und deshalb nicht unabhängig urteilen könne. Die Karlsruher Richter hatten zu klären, ob bei einer Amtszeit von nur zwei Jahren die richterliche Unabhängigkeit und die Gewaltenteilung gewahrt bleiben. Prinzipiell haben sie dabei keine Bedenken. Sie geben aber vor, dass es Richter auf Zeit nur in außergewöhnlichen Belastungssituationen geben darf und dass niemand mehr als ein Mal ernannt werden kann.

kle/stu (epd, dpa, afp, kna)