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Politik

BAMF: Bericht über Mängel im Asylverfahren

15. Mai 2018

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) steht schon wieder in der Kritik. Diesmal ergab laut Medienberichten ein interner Report, dass viele Prüfungen zu den Schutzgründen von Asylbewerbern Mängel aufweisen.

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Deutschland Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Über neue Vorwürfe gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) berichten die "Nürnberger Nachrichten" und die Zeitung "Die Welt". Demnach gibt es Mängel bei den Prüfungen, mit denen die Behörde kontrollieren soll, ob bei einem Asylbewerber noch Schutzgründe vorliegen. Die Nürnberger Behörde prüft in der Regel drei Jahre nach einer positiven Asylentscheidung, ob für den Betroffenen weiterhin Schutz in Deutschland notwendig ist oder nicht. Die Zeitungen berufen sich auf interne Unterlagen des Bundesamts zu den sogenannten Widerrufsprüfungen. Besonders brisant: In den Unterlagen warnen Mitarbeiter unter anderem, das Bundesamt könne durch die aktuelle Praxis zur Ausbreitung krimineller Clanstrukturen in Deutschland beitragen.

Unter Berufung auf ein sechsseitigen Schreiben des Referats Qualitätssicherung an die BAMF-Vizepräsidentin Uta Dauke schreiben die Zeitungen, dass die derzeitige Ausführung der Widerrufsverfahren zum großen Teil "einer umfassenden rechtlichen Prüfung nicht gerecht" werde. Insgesamt hätten Stichproben gezeigt, dass "in der Mehrheit der Prüffälle" keine Identitätsfeststellung vorgenommen worden sei. Dies sei selbst dann passiert, "wenn Hinweise auf eine andere Staatsangehörigkeit bereits nachträglich in die Erstverfahren eingearbeitet worden waren".

Kriminelle Clanstrukturen?

Unter anerkannten angeblichen Syrern und Irakern befänden sich demnach auch Staatsangehörige anderer Länder - beispielsweise Türken. Blieben Identitäten ungeklärt, trage das Bundesamt "durch Unterlassen dazu bei", dass sich kriminelle Clanstrukturen bilden könnten. Die Fachleute des Referats verweisen in diesem Zusammenhang auf gleichgelagerte Fälle der sogenannten Scheinlibanesen-Clans vor allem in Bremen. Die Mitglieder der Clans konnten sich dem Bericht zufolge in den 1990er-Jahren über das Asylverfahren Aufenthaltstitel verschaffen - auch damals habe man die Identitäten nicht ausreichend geklärt.

Besonders bei Irakern gebe es noch einen weiteren Grund für den Widerruf der Asyl-Anerkennung: Sie reisten zum Teil "regelmäßig zum Urlaub oder Besuch von Verwandten in den Irak". Eine "begründete Furcht vor Verfolgung" könne dann "nicht mehr angenommen werden".

Nur sehr wenige Widerrufe

Wie viele Asylverfahren bei den Stichproben überprüft wurden, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Von Januar bis April 2018 wurden laut Asyl-Statistik des BAMF knapp 30.000 Widerrufsverfahren abgeschlossen - rund 200 davon endeten mit einem Widerruf oder einer Rücknahme des gewährten Status. Weitere mehr als 130.000 solcher Verfahren sind aktuell anhängig.

Das BAMF verwies auf Anfrage auf die Rechtslage und erklärte, mit Blick auf die Kontrollen solle gewährleistet werden, "dass die ursprünglich getroffene Entscheidung auf einer gesicherten Tatsachengrundlage ergangen ist".

Skandal um Bremer BAMF-Niederlassung

Die neuen Vorwürfe rücken das Bundesamt in ein noch schlechteres Licht. Denn bereits am 8. Mai wurde bekannt, dass das Ausmaß der Affäre um rechtswidrige Asylbescheide des BAMF in Bremen noch deutlich größer sein könnte als bisher bekannt. Die damalige Leiterin der Bremer Außenstelle erhob schwere Vorwürfe gegenüber der Zentrale in Nürnberg. Es dränge sich der Verdacht auf, "dass an einer echten Aufklärungsarbeit kein gesteigertes Interesse besteht", zitieren die "Nürnberger Nachrichten" und die ZDF-Sendung "Frontal 21" aus einem Papier der damaligen Leiterin der Bremer Außenstelle, Josefa Schmid. Es bestehe der Verdacht, "dass die Zentrale selbst in die Angelegenheit verstrickt ist". Es habe mehrfach Hinweise und Einwendungen aus der Mitarbeiterschaft gegeben. Die Machenschaften in Bremen seien "langjährig" gebilligt worden. 

Ankerzentrum für Flüchtlinge

Am 20. April war bekannt geworden, dass eine ehemalige Leiterin der BAMF-Außenstelle in Bremen in 1200 Fällen Asylanträge bewilligt haben soll, obwohl die Voraussetzungen dafür nicht gegeben waren. In den meisten Fällen geht es laut Staatsanwaltschaft um Kurden, die angaben, zur Religionsgemeinschaft der Jesiden zu gehören.

In ihrem Bericht schreibt Schmid, dass von 2015 bis 2017 mindestens 3332 Asylanträge unzulässigerweise in Bremen bearbeitet worden seien. Die untersuchten Fälle schienen zudem nur die "Spitze des Eisberges" zu sein. Es sei davon ausgehen, dass es auch vor 2015 zu Verfehlungen gekommen sei, heißt es in dem 99 Seiten dicken Papier, das an das Bundesinnenministerium adressiert ist. Es handele sich wohl um den "bisher größten Flüchtlingsskandal in der Bundesrepublik Deutschland". Schmid wurde inzwischen gegen ihren Willen nach Niederbayern versetzt.

kle/qu (kna, dpa, afp, rtr, nordbayern.de)