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Ban: Staaten sollen endlich spenden

5. September 2012

Bei der Hilfe für syrische Flüchtlinge droht den Vereinten Nationen das Geld auszugehen, weil sich viele Mitgliedsstaaten knauserig geben - für UN-Generalsekretär Ban eine ziemliche Enttäuschung.

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Lager mit syrischen Flüchtlingen in Jordanien (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ein Spendenaufruf über 180 Millionen Dollar (144 Millionen Euro) sei nicht einmal zur Hälfte von den 193 UN-Mitgliedsländern gedeckt, sagte Generalsekretär Ban Ki Moon vor der Vollversammlung in New York. Er zeigte sich sichtlich enttäuscht von dieser Spendenmüdigkeit: "In einigen Sektoren floss sogar gar kein Geld. Aber wir brauchen Mittel für Wasser und Nahrung, sanitäre Anlagen und medizinische Versorgung und auch für die Unterbringung der Flüchtlinge." Nach Bans Worten benötigen 2,5 Millionen Menschen in Syrien humanitäre Hilfe. 1,2 Millionen Menschen seien innerhalb des Landes vertrieben, 225.000 in Nachbarländer geflüchtet. Und die Zahl steige noch.

"Angriffe auf Menschen, die auf Brot warten"

Der UN-Generalsekretär rief alle Seiten zum Frieden auf: "Wie viele Kinder müssen noch bei der Beerdigung ihrer Eltern sein und wie viele Eltern müssen noch bei der Beerdigung ihrer Kinder sein, bevor die Parteien endlich einlenken?" Der Konflikt werde immer schlimmer - und je länger er dauere, umso schwerer werde er einzudämmen sein. Ban warf Damaskus vor, dass Regierungstruppen weiter Wohnviertel mit Panzer und Artillerie beschießen würden. "Selbst Menschen, die auf Brot warten, wurden angegriffen." Es gebe immer mehr Berichte von Misshandlungen und Folter und auch über Erschießungen auf beiden Seiten.

Der neue UN-Sondervermittler Lakhdar Brahimi rief die internationale Gemeinschaft zu einer einheitlichen Haltung im Syrien-Konflikt auf. Der Nachfolger Kofi Annans versprach, keine Mühen auf der Suche nach Frieden in Syrien zu scheuen. "Der Konflikt hat längst das Ausmaß einer Katastrophe angenommen", so der Algerier zur Begründung. Noch in dieser Woche will er zu Gesprächen nach Ägypten aufbrechen und auch bald nach Damaskus reisen.

Der neue Syrien-Sondervermittler Lakhdar Brahimi (Foto: Reuters)
Will keine Mühen bei der Suche nach Frieden scheuen: der neue Syrien-Sondervermittler BrahimiBild: Reuters

Die Vereinten Nationen beziffern die Zahl der Menschen, die seit der Niederschlagung der ersten Demonstrationen gegen Assad im März 2011 in Syrien starben, inzwischen auf mehr als 18 000. Einzelne UN-Mitglieder und auch Hilfsorganisationen sprechen von etwa 25 000 Opfern. Die Angaben können nicht überprüft werden, weil das Regime in Damaskus unabhängige Beobachter nicht zulässt oder behindert.

Planungen für die Zeit nach Assad

Um Syrien ging es auch bei einer Konferenz in Berlin - nämlich beim ersten Treffen der vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufenen Syrien-Arbeitsgruppe "Wirtschaftlicher Wiederaufbau und Entwicklung". Daran nahmen rund 60 Regierungsdelegationen aus aller Welt zusammen mit syrischen Oppositionellen im Exil teil. Beraten wurde über die Flüchtlingsproblematik, wirtschaftliche Soforthilfe, die Koordination der internationalen Aufbaumittel und die zukünftige Wirtschaftspolitik.

Konferenzteilnehmer in Berlin: Außenminister Westerwelle, Ministerin al-Hashimi aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der frühere syrische Vize-Ölminister Husameddin (Foto: dapd)
Aufmerksame Konferenzteinehmer in Berlin: Außenminister Westerwelle, Ministerin al-Hashimi aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der frühere syrische Vize-Ölminister HussameddinBild: dapd

Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte vor einem Zusammenbruch der Grundversorgung: "Wir müssen alles Mögliche unternehmen, um einen Kollaps der Infrastruktur und der Grundversorgung zu vermeiden." In Gebieten, die unter Kontrolle der Rebellen seien, könne schon jetzt geholfen werden, sagte der Minister. Die internationale Gemeinschaft müsse sich zudem auf schnelle Hilfe für die Zeit nach dem absehbaren Sturz des Assad-Regimes vorbereiten. "Es kann keinen Zweifel daran geben: Die Tage des Regimes sind gezählt", betonte Westerwelle. Er mahnte daher die syrische Opposition, sich schnell auf eine an Demokratie und Pluralismus orientierte Übergangsregierung zu einigen.

Forderung nach UN-Friedenstruppe

Der Vorsitzende des Syrischen Nationalrates, der einflussreichsten Oppositionsbewegung des Landes, Abdelbaset Sieda, betonte, wie dringlich das syrische Volk mit Wasser, Nahrungsmitteln, Wohnraum und Energie versorgt werden müsse. Zudem benötigten die Syrer eine wirtschaftliche Zukunftsperspektive: "Ohne umfassende Entwicklung werden wir es ermöglichen, dass sich alle Arten von Extremismus in der Region ausbreiten", warnte Sieda. Er forderte in Anbetracht der Zerstörungen "ein Wiederaufbaukonzept wie den Marshall-Plan".

Viele Gruppen sind die syrische Opposition

Bassma Kodmani vom Syrischen Geschäftsforum ergänzte, dass es ohne einen solchen Plan keine politische Stabilität geben werde. Grundlegend sei außerdem der Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur im Land. "Wir brauchen eine UN-Friedenstruppe, um die Sicherheit nach Assad zu gewährleisten", forderte Kodmani für die Übergangszeit.

sti/wa (afp, dapd, dpa, rtr)