1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Barley pocht bei Facebook auf Aufklärung

22. März 2018

Im Skandal um mutmaßlichen Missbrauch von Millionen Facebook-Daten erhöht Bundesjustizministerin Barley den Druck. Sie bestellte die Spitzen von Facebook Europe für kommende Woche in ihr Ministerium ein.

https://p.dw.com/p/2ulQ1
Bundestag Katarina Barley (SPD), Bundesjustizministerin zu Facebook
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

"Ich verlange Aufklärung darüber, wie es zu diesem Vorgang kommen konnte, ob Nutzerinen und Nutzer deutscher Accounts davon betroffen sind und was Facebook gedenkt zu tun, um die Wiederholung solcher Fälle zu verhindern", sagte Barley in Berlin. Die SPD-Politikerin sprach von einem "handfesten Skandal".

Ab Inkrafttreten einer neuen EU-Verordnung im Mai könnten Bußgelder in Höhe von vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden, der bei Facebook bei 40 Milliarden Euro liegt. "Das sind beträchtliche Summen", sagte Barley. Sie forderte, die Nutzungsbedingungen müssten transparenter sein. Es müsse für Nutzer einfacher werden zu entscheiden, was sie Facebook erlaubten und was nicht. Andererseits sei klar, wer den kostenlosen Service von Facebook nutze, zahle mit seinen Daten. Für Nutzer und Behörden solle zudem klarer erkennbar sein, nach welchen Programmcodes Unternehmen wirklich vorgehen.

"Gefahr für die Demokratie"

Schon zuvor hatte die Ministerin betont, es sei nicht hinnehmbar, dass Nutzer in sozialen Netzwerken "gegen ihren Willen ausgeleuchtet werden, um sie ganz gezielt mit Wahlwerbung oder Hass gegen den politischen Gegner zu bombardieren". Solche Wahlkampfmethoden seien "eine Gefahr für die Demokratie". Europa habe beim Datenschutz ein sehr viel strengeres Recht als die USA, betonte die Ministerin.

Auch die EU-Justizkommissarin Vera Jourová warnte angesichts des Datenskandals, die Demokratie sei bedroht. Sie sagte in Washington, in dem Fall gehe es nicht nur um den Schutz persönlicher Daten, er habe "massive Auswirkungen" auf die demokratische Debatte und Wahlen. Es sei in das Privatleben von Menschen eingegriffen worden, fügte sie hinzu. Es handele sich um eine "heftige Manipulation" von Meinungen, die sich in Wahlergebnissen spiegelten.

Die neue Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, kritisierte ebenfalls das Verhalten von Facebook und forderte rasche Aufklärung. "Facebook muss endlich realisieren, dass sein wichtigstes Kapital nicht die Werbeeinnahmen sind, sondern das Vertrauen seiner Nutzerinnen und Nutzer", sagte die CSU-Politikerin dem Magazin "Focus". Die bald in Kraft tretende europäische Datenschutzgrundverordnung schaffe "einen einheitlichen Rechtsrahmen für Datenschutz in allen EU-Mitgliedstaaten", sagte Bär. Damit habe Europa künftig einen deutlich längeren Hebel. "Nichtssagende Antworten und der Verweis auf das amerikanische Hauptquartier reichen dann nicht mehr."

Zuckerberg räumt Fehler ein

In dem Skandal um mutmaßlichen gigantischen Datenmissbrauch für den US-Wahlkampf hatte Facebook-Chef Mark Zuckerberg zuvor in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme seine persönliche Verantwortung eingeräumt. Sein Unternehmen habe "Fehler" begangen und einen "Vertrauensbruch" im Verhältnis zu seinen weltweit zwei Milliarden Nutzern verursacht. Facebook wolle "aus dieser Erfahrung lernen" und sein Online-Netzwerk sicherer für die Nutzer machen.

Das soziale Netzwerk steht seit dem Wochenende in der Kritik, nachdem bekannt geworden war, dass das britische Unternehmen Cambridge Analytica laut Medienberichten die Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern für den Wahlkampf des heutigen US-Präsidenten Donald Trump eingesetzt haben soll. Die Firma soll entscheidend dabei geholfen haben, mit gezielten Botschaften bei Facebook, die als Werbung geschaltet waren, Anhänger Trumps zu mobilisieren und zugleich potenzielle Wähler der Gegenkandidatin Hillary Clinton von der Teilnahme an der Wahl abzubringen. In den USA und Großbritannien leiteten die Behörden inzwischen Untersuchungen gegen Facebook ein. Auch wollen mehrere Parlamente Zuckerberg zu dem Skandal befragen.

Schaar: Zuckerbergs Betroffenheit unglaubwürdig

Derweil äußerte der frühere Datenschutzbeauftragte Peter Schaar Zweifel an der Betroffenheit von Mark Zuckerberg nach dem Datenskandal. "Ich könnte fast sagen, mir kommen die Tränen", sagte Schaar dem Bayerischen Rundfunk. "Das Unternehmen wusste ja von diesem Vorfall schon seit weit über einem Jahr." Aber erst jetzt, wo die Diskussion öffentlich geführt werde, "gibt man sich zerknirscht, das ist nicht wirklich glaubwürdig".

Für den erweiterten Datenzugriff durch die Firma Cambridge Analytica trage Facebook die Verantwortung, unterstrich Schaar. "Das Problem ist, dass die Facebook-Nutzer zum bloßen Handelsobjekt geworden sind", sagte Schaar. Und das liege "dem gesamten Geschäftsmodell zugrunde". Es sei erfreulich, dass es ab Mai eine neue europäische Datenschutzverordnung gebe. Damit könne Europa "auf Augenhöhe mit anderen großen Wirtschaftsräumen agieren".

kle/rb (dpa, afp, rtr)