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Kein Traum...

5. Januar 2011

Kein Traum, sondern eine Notwendigkeit sei eine gemeinsame Wirtschaftsregierung für die EU, sagt EU-Kommissionspräsident Barroso. Dass die EU ihre selbst gesteckten Ziele erreichen wird, bezweifelt er aber.

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Barroso bei einer Pressekonferenz (Foto: AP)
Barroso zweifelt, ob die EU ihre Energieziele erreichen kannBild: David Ertl

Es war die erste Sitzung der Kommission nach der Weihnachts- und Neujahrspause, und es ging in Brüssel (05.01.2011) vor allem um die Themen Wirtschaft und Energie. Obwohl eigentlich gar keine anschließende Stellungnahme geplant war, gab Kommissionspräsident José Manuel Barroso eine spontane Pressekonferenz. Er sprach über die anstehenden Aufgaben für die EU.

Europäische Wirtschaftsregierung "ist notwendig"

Bundeskanzlerin Merkel im Gespräch mit dem französischen Präsidenten Sarkozy (Foto: AP)
Wer macht Ernst mit der Wirtschaftsregierung?Bild: AP

Um die Euro-Krise langfristig zu lösen, fordert Barroso eine stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedsländer. Das ist zwar bereits Konsens bei der Kommission und bei vielen Regierungen. Trotzdem ist der Widerstand gegen eine Wirtschaftsregierung, wie sie viele nennen, groß. Ohne sie gehe es aber nicht, glaubt Barroso. "Es sind nicht nur die sogenannten Föderalisten, die mehr wirtschaftspolitische Zusammenarbeit wollen. Die Märkte wollen sie, und unsere internationalen Partner erwarten sie auch." Eine Wirtschaftsregierung sei "kein ideologischer Traum, sondern eine pragmatische Notwendigkeit".

Energiesparvorgaben bisher weit verfehlt

Mehr Europäisierung will Barroso nicht nur in der Wirtschafts-, sondern auch in der Energiepolitik. Er sieht sie "als das nächste große Integrationsprojekt". Anfang Februar will die EU sogar ein Treffen der Staats- und Regierungschefs ausschließlich dem Energiethema widmen. Nach wie vor fehle ein funktionierender Binnenmarkt für Energie, meint Barroso. Den gelte es zu verwirklichen.

Auch bei der Energieeffizienz sieht er Nachholbedarf. Die EU werde zwar das Ziel erreichen, bis 2020 rund 20 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen. Aber bei der Effizienz würden es wohl nur zehn Prozent sein - es sei denn, die Mitgliedsstaaten strengten sich mehr an. "Da unsere beste Energiequelle die Energieeinsparung ist - und auch angesichts der Energiepreisentwicklung - halte ich es in jeder Hinsicht für geboten, bei der Energieeffizienz wirkliche Fortschritte zu erzielen", sagte der Kommissionspräsident. Er erwarte vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs eine Einigung auf konkrete Schritte, um dieses 20-Prozent-Ziel doch noch zu erreichen.

Ungarn muss sich auf kritische Fragen gefasst machen

Ungarns Premier Orban vor Journalistentross (Foto: AP)
Hält die Kritik am Mediengesetz für ein Missverständnis: Ungarns Premier OrbanBild: AP

Kurz vor dem Antrittsbesuch der Kommission beim ungarischen Ratsvorsitz in Budapest am Freitag kam Barroso um einige heikle Fragen nicht herum. Vor allem das neue ungarische Mediengesetz erregt die europäischen Gemüter. Nach Ansicht von Kritikern versucht die ungarische Regierung mit einem neuen, von Mitgliedern der eigenen Partei besetzten Kontrollgremium, kritische Medien mundtot zu machen.

Barroso meinte, es sei zu früh für ein abschließendes Urteil. Doch sein Ton war ungewöhnlich deutlich. "Wir haben Bedenken geäußert. Und ich hätte natürlich gerne von der ungarischen Regierung eine Klarstellung und möglichst, dass die Bedenken ausgeräumt werden." Und dann wurde er grundsätzlich: "Es kann kein Zweifel darin bestehen, dass in der Europäischen Union die Pressefreiheit ein heiliges Prinzip ist."

Mühlen der Kommission mahlen langsam

Barroso versprach, dieses Thema in Budapest bei Ministerpräsident Viktor Orban anzusprechen. Doch eine Entscheidung in der Frage dürfte sich noch hinziehen. Ein Kommissionssprecher hatte kurz vor Barrosos Pressekonferenz bestätigt, man habe nun eine fast 200-seitige Übersetzung des neuen ungarischen Mediengesetzes erhalten. Es werde möglicherweise Monate dauern, bis die Kommission die rechtlichen Auswirkungen beurteilen könne.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn