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Großartig!

Alexander Kudascheff2. Mai 2007

Es war eine scheinbar großartige Idee des EU-Kommissionspräsidenten, die Staats- und Regierungschefs der EU ins beschauliche portugiesische Sintra einzuladen, um über den Weg zu einer neuen Verfassung nachzudenken.

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Bild: DW

José Manuel Durao Barroso wollte schauen, wie die EU aus ihrer Krise herausfinden kann, welche Initiativen nötig sind, um die Gemeinschaft aus ihrer institutionellen Versteinerung zu befreien. Es war - wie gesagt - eine großartige Idee, scheinbar.

EU erster und zweiter Klasse?


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Denn - zum einen wollte Barroso nicht alle 27 Staats- und Regierungschefs einladen. Er dachte an die Skeptiker wie Klaus, Blair, Kaczynski, aber auch an Balkenende, Juncker, Prodi und ein paar andere. Nur - er wollte nur einen Teil einladen. Und darüber waren die nicht Eingeladenen zu Recht stinksauer. Und selbst die Eingeladenen waren erstaunt, warum sie dabei sein sollten und andere nicht. Eine Spaltung schien da fast unausweichlich. Gab es plötzlich eine EU erster und zweiter Klasse?

Politische Amtsanmaßung


Und - eine andere Frage stellten sich alle: warum lud der Kommissionspräsident ein? Ist das nicht eine originäre Aufgabe des Ratspräsidenten - zurzeit also der Ratspräsidentin Merkel? Natürlich, so lautet die Antwort. Also war die Initiative schon eine politische Amtsanmaßung, die auch so wahrgenommen wurde.

Barroso hatte seine Kompetenzen überschritten. Er ist als Kommissionspräsident für die gesamte EU zuständig und nicht nur für Teile, noch dazu für Teile, die er selbst aussucht. Das heißt, Barroso hat sein Amt und seine Rolle beschädigt - und das gerade, nachdem er im schwierigen Brüsseler Terrain endlich Fuß gefasst hatte. Plötzlich stand er blamiert da. Viel gewollt - und richtig daneben gegriffen. Ein politischer Rohrkrepierer de luxe.

Vom Halbgipfel zum Minigipfelchen


Da blieb nur das Zurückrudern. Und Barroso ließ sich nicht lumpen, ruderte zurück - und plötzlich ist der Halbgipfel ein Minigipfelchen. Barroso ist dabei, Merkel für den Rat, Pöttering fürs Parlament - und der slowenische Premier Jansa und sein portugiesischer Kollege Sokrates. Die beiden führen die Geschäfte der EU nach Merkel.

Mit anderen Worten: der Berg Barroso kreiste und gebar eine politische Maus - das Treffen von Sintra. Und alles, was dort besprochen und gar veröffentlicht werden sollte, das ahnt man schon jetzt, hat keine Chance - bei den anderen. Also: ein überflüssiges Treffen par excellence, das leider en passant das Renommee Barrosos beschädigt hat.