1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Produktion ist extrem automatisiert"

Klaus Ulrich
11. Juli 2018

Asiatische Produzenten haben das größte Know-how bei der Herstellung von Batteriezellen für Elektroautos, meint der Fraunhofer-Experte Kai-Christian Möller im DW-Gespräch. Aber das müsse nicht so bleiben.

https://p.dw.com/p/318oS
Chinesisches Unternehmen CATL - Produktion Lithiumbatterie
Bild: picture-alliance/Imagechina/D. Changzheng

Deutsche Welle: Deutsche Autobauer entwickeln und erforschen zwar Technologie für Batteriezellen, beziehen diese Zellen aber aus Asien. Warum ist das so?

Kai-Christian Möller: Die Batterieindustrie ist in Asien mit der Elektronikindustrie gewachsen und hat dort deshalb eine längere Tradition. Die Kompetenz bei der Fertigung von Batteriezellen wuchs immer mit. Nichtsdestotrotz muss man auch als Anwender im Automobilbau mit sehr hohen Ansprüchen die Batteriezellen verstehen und wissen, welche chemischen Zusammenhänge welche Abhängigkeiten haben, um so Batterietechnologie fundiert bewerten zu können.

Das heißt also: In Asien ist das Know-how beim Batteriebau höher als hier bei uns?

Ja, dort ist seit über 25 Jahren die Erfahrung in der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien gewachsen. Zunächst ging es um kleinere Batterien für Handys, Laptops und Tablets. In den letzten Jahren kamen verstärkt großformatige Zellen für die Autoindustrie hinzu.

Vor 25 Jahren hat wahrscheinlich noch kein Mensch gedacht, dass die Elektromobilität so stark in den Blickpunkt rücken könnte. Wäre es nicht für die deutsche Automobilindustrie notwendig, sich verstärkt auch der Produktion von Batteriezellen zuzuwenden, um autark zu sein?

Das ist nicht zwingend notwendig. Im Zuge der heutigen Globalisierung bezieht ein Autobauer seine Teile weltweit auf dem Markt. Und solange die Lieferung und der Nachschub keine Probleme bereiten, ist das auch in Ordnung. Vor 25 Jahren gab es eine neue, revolutionäre Batterietechnologie, nämlich die Lithium-Ionen-Batterie. Die war ganz neu, da hatte noch kein Mensch große Erfahrungen in der Produktion.

Die Elektronikkonzerne in Japan, dann in Korea, dann in China haben diesen Ball aufgenommen und sich eingearbeitet in die Elektrochemie, in die Batterietechnologie. Und mit dieser neuen Technologie haben sie dann auch die Eroberung neuer Märkte unterstützt.

Seitens der Autoindustrie werden in enger Zusammenarbeit mit den Batteriezellen-Herstellern Batterien gemeinsam entwickelt, die optimiert für den Automobilhersteller sind. Die Produktion besorgen dann die Spezialisten in Asien mit ihrer großen Erfahrung. Insofern gibt es für die Autobauer keinen Grund, selbst in die Zellproduktion einzusteigen.

Es ist ja denkbar, dass in der Zukunft neue Technologien auf den Markt drängen. Sollten die deutschen Autobauer nicht alleine schon deshalb auch im Hinblick auf die Produktion am Ball bleiben?

Dr. Kai-Christian Möller
Batterieexperte Kai-Christian Möller von der Fraunhofer GesellschaftBild: Fraunhofer

Das ist auf jeden Fall richtig. Für eine neue Art von Batterien wäre das sicherlich gut, denn da haben auch andere Hersteller keine konkrete Produktions-Erfahrung. Das könnte zum Beispiel die Lithium-basierte Festkörper-Batterie sein. Die hätte einerseits den Vorteil, dass sie nicht mehr brennbar wäre. Andererseits könnte sie auch höhere Reichweiten ermöglichen. Für einen Automobilhersteller wäre es ein Alleinstellungsmerkmal, diesen neuartigen Batterie-Typ in seine Fahrzeuge einbauen zu können.

Forschung und Entwicklung sind auf diesem Gebiet also schon wichtig, aber eine eigene Produktion müsste man dann von Fall zu Fall erst wieder in Erwägung ziehen?

Richtig. Im Moment sind die zukünftigen Generationen von Batterien noch im Labor-Stadium. Trotzdem werden sie von den Automobilherstellern intensiv beobachtet, sie begleiten auch deren Forschung und Entwicklung. Wenn sich dann eine Produktionsreife abzeichnen sollte, kann ich mir schon vorstellen, dass ein Automobilhersteller schnell einsteigen könnte.

Jetzt wollen ein Hersteller aus China und auch der US-amerikanische Autobauer Tesla unabhängig voneinander Batteriezellen-Fabriken in Deutschland bauen. Warum denken die anders als unsere Autoindustrie?

Weil es im eigentlichen Sinne Batterie-Firmen sind, die die Technologie der Batteriezellen-Fertigung beherrschen. CATL, der chinesische Konzern, ist zwar erst sieben Jahre alt, aber es gibt ja noch die Schwesterfirma ATL, die schon 20 Jahre alt ist und entsprechende Produktions-Erfahrung hat. Klar ist, dass Batteriezellen für deutsche Elektroautos gebraucht werden. Und wenn diese Elektroautos in Deutschland gebaut werden, dann ist es auch sinnvoll, in Deutschland Batteriezellen zu produzieren.

Im Prinzip macht Tesla nichts anderes. Wenn Sie hier Autos verkaufen möchten, die sie auch in Europa bauen, ist es nur schlüssig, auch eine Batteriezellen-Fabrikation mit aufzuziehen. Letztendlich stehen da eigentlich nur der mit Tesla kooperierende japanische Panasonic-Konzern und dessen jahrzehntelange Erfahrung in der Produktion dahinter. In diesem Sinne baut also nicht Tesla als Automobilhersteller eine Zellproduktion auf, sondern ein erfahrener Batteriezellen-Hersteller.

Auch in der bekannten Gigafactory im US-Bundesstaat Nevada läuft die Produktion von Stromspeichern zwar unter dem Namen Tesla Gigafactory, aber letztendlich wird dort zu 99 Prozent die Panasonic-Technologie verarbeitet - angepasst an Wünsche von Tesla in gemeinsamer Entwicklung. Aber das Know-how für die Zellen kommt von einem etablierten asiatischen Zellen-Hersteller, der auch in Deutschland vielleicht einmal Werke bauen könnte.

Wie hoch sind eigentlich die Lohnkosten in dieser Branche?

Die spielen keine so große Rolle, wie man denken könnte. Denn die Produktion von Batteriezellen ist extrem automatisiert. Das ist ein High-Tech-Produkt, bei dem es mehr auf gute Infrastruktur in Sachen Maschinenbau ankommt als auf die Personalkosten.

Wann wird der nächste Technologiesprung kommen in der Batterie-Branche? Bisher schrecken die meisten Kunden vor allem wegen Kosten- und Reichweiteproblemen vor dem Kauf von Elektroautos zurück?

Da wird sich einiges tun. Nehmen wir als Beispiel den BMW i3: Der wurde anfangs mit Zellen von Samsung ausgestattet, die damals eine Kapazität von 60 Kilowattstunden hatten. Durch Weiterentwicklung ist diese jetzt auf 94 Kilowattstunden gestiegen und das wird sich weiter fortsetzen. Man wird sicherlich noch bis 120 Kilowattstunden kommen können. Das entspräche einer Verdopplung der Reichweite.

Irgendwann werden die Schritte kleiner und kleiner, die man mit der bestehenden Lithium-Ionen-Technologie erreichen kann. Und dann wird es Zeit für eine revolutionäre Technologie, die einen großen Schritt erlaubt - sicherlich noch nicht am Anfang, wenn sie noch nicht ausgereift ist. Da werden wahrscheinlich auch die Preise erst mal sehr hoch sein. Das war bei der Lithium-Ionen-Batterie vor 25 Jahren auch nicht anders. Aber auf lange Sicht könnte das dann höhere Reichweiten versprechen, wobei hier keine Wunder zu erwarten sind.

Reichweiten von 1000 Kilometern halte ich allerdings für unrealistisch. Aber es werden große Schritte getan im Bereich des Schnell-Ladens, sodass man auch gar nicht mehr mit einer so riesigen und teuren Batterie herumfahren muss. Eher wird man dann seine Batterie in zehn Minuten laden können. Auch die Temperaturabhängigkeit der Batterien wird man in den Griff kriegen.

Glauben Sie dass die Batterie-Technik, also die Elektromobilität, den Verbrennungsmotor eines Tages verdrängen wird?

Die Definition von "eines Tages" ist hier schwierig. Ich denke schon, dass die Elektromobilität dem Benziner wesentliche Marktanteile wegnehmen kann. Das wird in den nächsten zehn, 20 oder 30 Jahren passieren. Allerdings wird es global gesehen immer noch Anwendungsszenarien für Verbrennungsmotoren geben.

Das Gespräch führte Klaus Ulrich

Kai-Christian Möller ist in der Zentrale der Fraunhofer Gesellschaft in München zuständig für Instituts-übergreifende Projekte im Bereich der Batterie-Technologie

Batterien made in Germany!