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Ein Deal entzweit den Bundestag

Richard A. Fuchs, Berlin (mit Agenturen)21. September 2016

Der deutsche Chemiekonzern Bayer will mit dem US-Saatgutkonzern Monsanto fusionieren. Ein Mega-Deal, der im Bundestag für Wirbel sorgt. Müssen die Kartellbehörden die Fusion verhindern, wie es die Opposition fordert?

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Kombo-Bild Bayer-Monsanto
Bild: icture-alliance/dpa/O. Berg/AP Photo/S. Perlman

An diesem Mittwoch ging es im Deutschen Bundestag um die ganz großen Dinge: Welternährung, Weltmarkt, Artenvielfalt und den richtigen Weg, den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Wie in einem Brennglas bündelt sich das in der Nachricht, die vergangene Woche die Wirtschaftswelt elektrisierte: Das deutsche Traditionsunternehmen Bayer will den amerikanischen Saatgutkonzern Monsanto übernehmen. Chemie-Gigant und Saatgut-Monopolist, ein 66 Milliarden US-Dollar-Deal, der zwei Großkonzernen zu einen Megakonzern für Saatgut und Pflanzenschutzmittel verschmelzt.

Monsanto ist die Nummer eins für gentechnisch verändertes Saatgut und vertreibt zudem den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat, der im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Das gibt dem Deal weitere Bisanz.

Grüne: Bayer-Monsanto will Abhängigkeiten schaffen

Grünen-Abgeordneter Harald Ebner Foto: Stefan Kaminski
Harald Ebner will die Fusion verhindernBild: Stefan Kaminski

Aus Sicht der grünen Opposition macht das sogar Regierungshandeln erforderlich. Die Fusion müsse verhindert werden, forderten Grüne und Linke bei einer Aktuellen Stunde unisono. Grünen-Politiker Harald Ebner, Sprecher für Gentechnik und Bioökonomiepolitik, befürchtet dass der neue Megakonzern seine "marktbeherrschende Stellung" zum Nachteil von Umwelt und Verbraucher ausspielen wird.

Auf Anhieb würden rund ein Viertel der Pestizide, ein Drittel des weltweiten Saatguts und rund 90 Prozent aller gentechnisch veränderten Pflanzen aus dem Hause Bayer-Monsanto kommen. Das Ende jeglicher Artenvielfalt weltweit, befürchtet auch Eva Bulling-Schröter von der Linkspartei. Beide Parteien riefen deshalb die deutschen Kartellbehörden dazu auf, die Fusionspläne sorgsam zu überprüfen. Und auch die Regierung sollte erörtern, ob die Fusion deutsche Verbraucherschutzinteressen wahrt.

Katharina Dröge von den Grünen bezweifelt das, wenngleich viele Kartellexperten die Fusion als unproblematisch einstufen, weil beide Konzerne auf unterschiedlichen Märkten und in unterschiedlichen Feldern aktiv seien. Bereits heute sei absehbar, so die Grünen-Abgeordnete, dass die Märkte für Saatgut und Pflanzenschutzmittel immer stärker miteinander verwoben würden. "Bayer und Monsanto wollen zusammen Koppelprodukte verkaufen und damit ihre Marktmacht weiter ausbauen." So würden Kleinbauern weltweit weiter in die Abhängigkeit getrieben, wenn Saatgut nicht mehr ohne entsprechende Pflanzenschutzmittel funktioniert.

CDU: Opposition dämonisiert Zukunftsbranche

Die CDU-Abgeordnete Christiana Schröder warf den Oppositionsparteien vor, sie stelle Ideologie vor Fakten. "Was sie machen, das ist die Dämonisierung einer ganzen Branche." Gentechnisch veränderte Pflanzen würden inzwischen bereits in mehr als 20 Ländern weltweit angebaut - ohne dass Untersuchungen bislang gesundheitliche Risiken hätten nachweisen können. Beispielsweise könne der "goldene Reis", dem Vitamine zugesetzt werden, Millionen Menschen vor Unterernährung bewahren, so Schröder.

Deutschland Landwirtschaftsminister Christian (Schmidt Foto: picture-alliance/dpa/F. Zahn)
Landwirtschaftsminister Christian SchmidtBild: picture-alliance/dpa/F. Zahn

Ihr Parteikollege Matthias Heider gab zu Protokoll: "Dass die Fusion Bayer zur Nummer Eins in der Agrochemie macht, das ist sogar eher ein Vorteil." Monsanto könne so auf europäische Verbraucherschutzstandards verpflichtet werden.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt erwartet vom Bayer-Konzern, dass der seine Nachhaltigkeitsstrategie auch auf den umstrittenen Saatgutkonzern Monsanto ausweitet. Ein frommer Wunsch, glaubt Grünen Abgeordneter Harald Ebener. "Wer Megakonzernen die Definition von Nachhaltigkeit überlässt, der macht den Bock zum Gärtner."

Rainer Spiering von den Sozialdemokraten wies darauf hin, dass mit Monsanto der weltweit größte Besitzer landwirtschaftlicher Daten in den Besitz von Bayer übergehen würde. "Wir bekommen mit Monsanto eine Datenkrake ins Haus", so Spiering. Weil auch in der Landwirtschaft die Digitalisierung rasant voranschreite, sei hier der Gesetzgeber gefragt. Die Bundesregierung sei angehalten, eine öffentlich finanzierte und nicht-proprietäre Plattform für den Austausch landwirtschaftlicher Daten zu schaffen. "Das darf nicht einzelnen Konzernen gehören", forderte Spiering.

Zieht Blackrock im Hintergrund die Fäden?

Besonders kritisch sehen viele Parlamentarier zudem die Rolle großer Finanzakteure bei dieser Fusion. So hält der umstrittene Vermögensverwalter Blackrock an beiden Unternehmen Anteile von bis zu sieben Prozent. Ob die Interessen der ebenfalls umstrittenen Firma den Deal entscheidend beeinflusst haben, müsse in einem bevorstehenden Kartellverfahren geprüft werden.

Die EU-Kommission in Brüssel gab unterdessen bekannt, dass sie die möglichen Folgen einer Übernahme von Monsanto durch Bayer prüfen wolle. Es müsse sichergestellt werden, so EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, dass Bauern und Verbraucher zwischen verschiedenen Sorten Saatgut wählen könnten und nicht "von einem einzigen Produzenten in die Ecke gedrängt werden."