1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Republikaner: Weniger Rückhalt für Trump

9. Oktober 2019

Die Konservativen in den USA sind Präsident Donald Trump zur Zeit nicht wohlgesonnen. Nicht nur der Wechsel in der Syrienpolitik wird kritisiert - selbst eine Amtsenthebung scheint aktuell nicht mehr undenkbar.

https://p.dw.com/p/3Qufr
USA l US-Präsident Donald Trump - schlechte Laune, wütend
Bild: Getty Images/AFP/B. Smialowski

Von Donald Trumps Twitter Account ist man ja mittlerweile einiges gewöhnt. Aber der Tweet, mit dem der US-Präsident seine Entscheidung verkündete, die Wirtschaft der Türkei dem Erdboden gleich zu machen, wenn das Land festgesetzte IS-Kämpfer nicht genau im Auge behalte, war schon etwas Besonderes. "Wenn die Türkei irgendetwas unternimmt, das ich in meiner großen und unübertroffenen Weisheit als tabu ansehe, werde ich die türkische Wirtschaft total zerstören und auslöschen", schrieb der Präsident.

Die Aussage Trumps bezieht sich auf einen Politikwechsel, den das Weiße Haus zuvor bekannt gegeben hatte. Die USA werden sich aus dem Norden Syriens zurückziehen und die Verantwortung für alle gefangen genommenen Kämpfer des "Islamischen Staats" an die Türkei übergeben. Präsident Trump habe mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan gesprochen; die Türkei werde nun bald mit ihrer "lang-geplanten Operation im nördlichen Syrien" beginnen.

Der Schritt entsetzt nicht nur Trumps politische Gegner. Kritik kommt auch aus Trumps republikanischer Partei, selbst von Vertrauten wie dem einflussreichen Republikaner Lindsey Graham. Auf Twitter schrieb der Senator aus South Carolina, wenn das, was er über Trumps Entscheidung gehört hat, korrekt sei, werde damit "eine Katastrophe" vorbereitet.

Sogar der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, der als beinharter Konservativer und Trump Unterstützter gilt, äußerte sich in einer Erklärung kritisch zur überraschenden Kehrtwende des Präsidenten in der Syrienpolitik. Unter Obama habe man auf die harte Tour lernen müssen, dass die amerikanischen Interessen am besten vertreten würden, wenn die USA eine militärische Führungsrolle inne hätten und nicht, wenn sich das Land aus einem Konflikt zurückziehe. "Ein überstürzter Abzug der US-Truppen aus Syrien würde nur Russland, dem Iran und dem Assad Regime zugute kommen", so McConnell in seiner Erklärung. "Er würde das Risiko erhöhen, dass IS und andere terroristische Gruppen wieder erstarken."

Der Wind dreht sich

Auch in konservativen Denkfabriken, die bisher dafür bekannt waren, die Politik des Präsidenten mit Wohlwollen zu betrachten, scheinen die jüngsten Tweets von Trump und die Politik, die dahinter steht, das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben.

Das American Enterprise Institute (AEI), ein der politischen Rechten zugeneigter Think Tank, zeigt sich entsetzt über die Türkei-Syrien Entscheidung des Präsidenten. "Trumps Entscheidung, US-Truppen abzuziehen und grünes Licht für eine türkische Invasion zu geben, verspricht nicht nur, zu einem Wiederaufleben des 'Islamischen Staats' zu führen. Sie lässt auch Terror und Bürgerkrieg in der Türkei vorausahnen", schreibt AEI-Experte Michael Rubin in einem Kommentar für die konservative Nachrichtenseite Washington Examiner.

Nancy Pelosi, Sprecherin US Repräsentantenhaus
Nancy Pelosi, Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, will ein Impeachment-Verfahren gegen Trump anstrengenBild: Getty Images/C. Somodevilla

Auf internationaler Ebene werde Trumps neue Syrienpolitik zu künftigen Angriffen auf US-Amerikaner und ihre Interessen führen. Aber auch in der US-Innenpolitik sieht der konservative AEI-Experte keine rosige Zukunft für den US-Präsidenten voraus: "Trumps Vermächtnis könnte aus seiner Amtsenthebung bestehen."

Ein Impeachment war bis vor kurzem noch ein ferner Traum der Demokraten. Schließlich müsste das Amtsenthebungsverfahren, um Erfolg zu haben, nicht nur das Repräsentantenhaus durchlaufen, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, sondern auch den Senat. Hier müssten mindestens 19 Republikaner gegen ihren Präsidenten stimmen – bisher undenkbar. Aber auch die republikanischen Senatoren wollen wiedergewählt werden und müssen die öffentliche Meinung im Blick behalten. Und die scheint sich aktuell ein wenig zu drehen.

Keine bedingungslose Unterstützung mehr

Eine Umfrage der Monmouth University zeigt, dass sich die Anzahl der Republikaner, die einem Amtsenthebungsverfahren offen gegenüber stehen, seit August verdoppelt hat, von 8 auf 16 Prozent. Diese Ergebnisse sind von Anfang Oktober, noch bevor Trump seine neue Syrienpolitik vorstellte. Die erhöhten Zahlen gehen vermutlich auf die Ukraine-Affäre zurück, die den Impeachment-Prozess erst ins Rollen gebracht hatte. Laut einer aktuellen Umfrage der Zeitung USA Today sagten 30 Prozent der republikanischen Leser, dass Trump seine Macht missbraucht habe, als er den ukrainischen Präsidenten in einem Telefonat bat, gegen den demokratischen Präsidentschaftsbewerber Joe Biden zu ermitteln. 

Unabhängig davon schloss das Weiße Haus eine Kooperation mit dem US-Kongress bei der Untersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren kategorisch aus. Der Anwalt der Präsidentschaft, Pat Cipollone, schrieb in einem Brief an die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, das Vorgehen der oppositionellen Demokraten entbehre jeglicher "legitimen verfassungsrechtlichen Grundlage" und erwecke nicht einmal den Anschein von "Fairness". Es sei zudem "rein politisch" motiviert. Die Regierung werde nicht an diesem "parteipolitischen Theater" teilnehmen.

Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine & Donald Trump, Präsident USA, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz
In einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte Selenskyj, dass er nicht von Trump unter Druck gesetzt wurde. Nicht alle Zuhörer waren überzeugt. Bild: Reuters/J. Ernst

Bevor das Telefongespräch zwischen Trump und seinem Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj bekannt wurde, schien es, als könnte sich der US-Präsident praktisch alles erlauben, ohne Unterstützer zu verlieren. Auch rassistische Äußerungen gegen weibliche Kongressabgeordnete waren kein Problem. Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2016 prahlte Trump: "Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue [in New York] stehen und jemanden erschießen und würde keine Wähler verlieren."

Diese bedingungslose Treue ist jetzt nicht mehr bei allen Republikanern gegeben, wie die steigenden Zahlen derjenigen zeigen, die ein Amtsenthebungsverfahren zumindest nicht mehr kategorisch ablehnen. "Die Bereitschaft, hier offen zu sein ist ein Zeichen dafür, dass diese Menschen keine 'Fifth Avenue Republikaner' mehr sind", sagte Liam Donovan, Stratege der republikanischen Partei, dem TV-Sender CNBC. Wie es ohne diese beinharten Unterstützer für Präsident Trump weitergeht, werden die nächsten Wochen zeigen.

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker