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Belarus/Russland: Schlagabtausch der Präsidenten

18. Januar 2007

Der belarussische Präsident Aleksandr Lukaschenko hat inzwischen sehr emotional zum Energiestreit zwischen Belarus und Russland Stellung genommen. Eine Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin folgte prompt.

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Wie steht es um die Freundschaft zwischen Wladimir Putin und Aleksandr Lukaschenko?Bild: picture alliance/dpa

Am vergangenen Sonntag (14.1.) hat Präsident Aleksandr Lukaschenko vor Journalisten das Vorgehen der russischen Seite im Energiestreit zwischen beiden Staaten direkt bewertet. Dies erscheint einerseits unlogisch, da ein Abkommen über Erdöl- und Erdgaslieferungen nach Belarus bereits unterzeichnet und der Konflikt vermeintlich gelöst ist. Andererseits geben Lukaschenkos Äußerungen Grund zur Annahme, dass die Spannung im Verhältnis zwischen beiden Ländern zumindest in naher Zukunft bestehen bleibt.

Schuld daran sei Russland, gab der belarussische Präsident zu verstehen. "Wir haben mit der Eskalation der Spannung um die Erdölleitung nichts zu tun", sagte Lukaschenko. Gleichzeitig kritisierte er die russische Energiepolitik: "Die Russen bauen eine Leitung durch die Ostsee – das dümmste Projekt in der Geschichte Russlands. Es wird in das Guiness-Buch der Rekorde kommen. Es ist unklar, was mit einer Leitung passiert, die über große Mengen von Munition auf dem Grund der Ostssee verläuft." Das belarussische Staatsoberhaupt ist der Ansicht, es sei richtiger, eine weitere Gasleitung auf belarussischem Territorium zu bauen.

Androhung von Abgaben und Gebühren

Nach Vorwürfen ging Lukaschenko zu Andeutungen über: "Nicht wir, sondern Russland hat eine Zollgrenze zwischen unseren Ländern errichtet. Und wenn wir eine errichten? Wenn die Abgabe in Höhe von 45 Dollar pro Tonne Erdöl, die wir eingeführt hatten und die uns für das durchgepumpte Öl entschädigen sollte, dem internationalen Recht widerspricht, dann können wir das auch anders abrechnen. Wir können eine Gebühr für den Grund und Boden verlangen, über den die Leitungen verlaufen, und die Summe wird noch größer sein."

Dann ging Lukaschenko auf Abgaben ein, die von Russland auf verschiedene belarussische Waren erhoben werden könnten: "Wie Sie wissen, werden wir damit eingeschüchtert, dass Russland Abgaben auf für Belarus empfindliche Waren erheben könnte. Ich sage direkt: wenn es dazu kommt, dann werden wir sofort Abgaben oder irgendwelche Gebühren auf empfindliche Waren aus der Russischen Föderation erheben.

Schlechte Aussichten für Unionsstaat

Wie sich herausstellte, sind die wirtschaftlichen Probleme eng mit politischen verflochten, so beim Aufbau eines Unionsstaates zwischen Russland und Belarus. Die Aussichten für eine solche Union seien trübe, ist aus Lukaschenkos Äußerungen zu schließen. "Wenn man jedes Jahr nach dem Ventil greift und dem einzigen verbündeten und treuen Staat – Belarus – mal das Gas, mal das Öl abdreht, dann kann von einer Union keine Rede sein."

Gleichzeitig fügt der belarussische Präsident hinzu: "Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass wir in dieser Etappe sogar unterschiedlicher Auffassung über den Aufbau eines Unionsstaates sind." Lukaschenko versicherte aber, er bleibe ein Anhänger einer Integration zweier gleichberechtigter Staaten, aber die Zukunft dieser Entwicklung hänge heute von der russischen Führung ab.

Unterstützung beim Übergang

Eine Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin ließ nicht lange auf sich warten. Während eines Treffens mit Mitgliedern der russischen Regierung sagte er am 15. Januar: "Ich denke, Experten ist klar, dass dies für die belarussischen Partner ein weicher, akzeptabler Übergang ist, der sich über mehrere Jahr hinweg vollziehen wird. Aber ein Übergang zu neuen Prinzipien beim Aufbau der Beziehungen ist in den Dokumenten festgeschrieben, und das ist das Wichtigste."

Putin zufolge wird Russland die belarussische Wirtschaft noch über längere Zeit unterstützen, auch wenn diese im laufenden Jahr deutlich reduziert wird. Beim Gas erreiche die Unterstützung 3,3 Milliarden und beim Öl und bei Erdölprodukten 2,5 Milliarden Dollar. Der russische Präsident unterstrich: "Wenn man sich vor Augen führt, dass nach Angaben unseres Finanzministeriums der gesamte Staatshaushalt von Belarus im Jahr 2007 umgerechnet 14 Milliarden Dollar beträgt, dann macht unsere Unterstützung ungefähr 41 Prozent aus. Das ist der Preis, den Russland für einen ruhigen, weichen und verbündeten Übergang zu marktwirtschaftlichen Beziehungen und für die Unterstützung des belarussischen Brudervolkes zahlt."

Andrej Alechnowitsch
DW-RADIO/Belarus, 15.1.2007, Fokus Ost-Südost